Staatsbürgerschaft
50 St. Pöltnern droht der "Staatsverweis"

Für "höchstgerichtlich nicht haltbar" hält Roland Schöndorfer die laufenden Verfahren zu vermeintlichen Doppelstaatsbürgerschaften. | Foto: Frings
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Die Überprüfung angeblicher Doppelstaatsbürgerschaften kehrt in St. Pölten ein.

ST. PÖLTEN. Jeder kennt sie, kaum einer liebt sie. Behördenwege zählen zu den mühsamsten Dingen des Alltags. Anstatt aber lediglich einige Minuten auf einem knarschend unbequemen Holzsessel verbringen zu müssen, musste eine St. Pöltner Familie gar einen Flug ins Ausland, gefolgt von drei weiteren Inlandsflügen, auf sich nehmen. Das erhoffte Resultat blieb aus. Die drohende Konsequenz? Staatenlosigkeit und der damit verbundene Verlust grundlegender Bürgerrechte. 50 weitere St. Pöltner könnten davon betroffen sein. Aber der Reihe nach.
Noch im Jahr 2017, unmittelbar nach dem türkischen Verfassungsreferendum im März, überreichte die FPÖ dem Innenministerium einen Datenstick aus anonymer Quelle. Darauf befanden sich zwei Excel-Listen mit in Summe mehr als 100.000 Namen von in Österreich lebenden Türken, die nunmehr unter dem Verdacht der möglichen illegalen Doppelstaatsbürgerschaft stehen.

Feststellungsverfahren

Das österreichische Staatsbürgerschaftsrecht lässt grundsätzlich keine Doppel- oder Mehrfachstaatsbürgerschaften zu. Für Staatsbürgerschaftsangelegenheiten sind die jeweiligen Landesregierungen zuständig. Wie der St. Pöltner Rechtsanwalt Roland Schöndorfer den Bezirksblättern nun exklusiv schilderte, sind diese beiden Listen in eine "Wiener Liste" mit 66.382 und in eine "Salzburger Liste" mit 29.602 Namen gegliedert. Die NÖ-Namen sind dabei Teil ersterer. Die jeweiligen Landes-Behörden leiteten bereits im vergangenen Jahr die ersten Feststellungsverfahren ein. In diesen ausgestellten Schreiben wurde aufgefordert, einen Nachweis zu erbringen, die türkische Staatsbürgerschaft nicht mehr zu besitzen bzw. sie nach dem Erlangen der österreichischen nicht noch einmal angenommen zu haben.

Behörden-Pingpong

Daraufhin reagierten viele Betroffene mit Besuchen bei der Botschaft und dem türkischen Generalkonsulat in Wien. Dort wurde den allermeisten Besuchern jedoch mitgeteilt, dass ein solcher Nachweis nicht ausstellbar sei, eben weil sie keine türkischen Staatsbürger mehr sind. Die Ö-Behörden reagierten ihrerseits dann aber mit einer weiteren tiefgreifenderen Forderung. Der Begriff "Nachweis" wurde konkretisiert, ein sogenannter Personenstandregisterauszug eingefordert. Die Krux dabei? Diese Auszüge können nur von Ämtern direkt in der Türkei selbst ausgestellt werden.

"Kein Wort türkisch"

Im Falle der St. Pöltner Familie, aber auch in zigtausend weiteren Fällen landesweit blieb auch der Besuch im vermeintlichen Heimatland ohne Erfolg. "Ihnen wurde gesagt, ihr seid keine Türken, also sind wir nicht für euch zuständig. Nicht einmal eine Bestätigung über den Versuch und die Anwesenheit bei der Behörde wurde ausgestellt", erklärte Schöndorfer, der bereits rund 15 weitere, ähnliche Fälle in seiner Kanzlei in St. Pölten begleitet. Besonders verheerend aus seiner Sicht: "Manche dieser Leute sind in Österreich geboren und aufgewachsen, sprechen nicht einmal ein Wort türkisch." Eine Chance, die Verfahren gerechter gestalten zu können, wittert Schöndorfer in der "Widerlegung" der Richtigkeit der "FPÖ-Liste". "In vielen Fällen im ganzen Land zeigt sich, dass da ja etwas nicht stimmen kann. Keiner weiß, was passieren wird. Ich denke aber nicht, dass diese Fälle höchstgerichtlich haltbar sind." Aktuell befinden sich die St. Pöltner Verfahren alle in der ersten Instanz. Selbst im Falle einer höchstgerichtlichen Verfahrens-einstellung würde für die ersten beiden Instanzen kein Anspruch auf Kostenersatz bestehen.
So steht auch bereits fest, dass die Sankt Pöltner Familie auf ihren bisherigen Verfahrens- und Flugkosten wohl sitzen bleiben wird.

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