Personalsuche: St. Pöltens Gastronomen sind am Limit
Noch werden die Schnitzel herausgebacken und die Eisbecher serviert. Doch der Fachkräftemangel macht der Gastronomie des Bezirks schwer zu schaffen.
BEZIRK ST. PÖLTEN (bt). "Heute geschlossen – Kein Personal aber 500.000 Arbeitslose. Sorry, Der Wirt!" Worte mit denen ein oberösterreichischer Wirt schon im Vorjahr auf sich Aufmerksam gemacht hat. Und auch dieser Tage kursiert das Foto der mit Kreide beschriebenen Tafel wieder im Netz. Die Bezirksblätter haben sich auf diversen Jobportalen umgesehen und mit St. Pöltner Gastronomen über den Ernst der Lage gesprochen.
Cityhotel suchte Schuld bei sich
"Wir suchen seit zwei Jahren intensiv und finden seit zwei Jahren kaum jemanden", holt uns Walter Jahn, Direktor des Cityhotel D & C in die harte Realität. Jeweils zwei Personen für Küche, Service sowie Rezeption werden gebraucht. Sogar Lehrlinge würde das Hotel ausbilden. "Ich habe lange Zeit geglaubt das liegt an uns, vielleicht sind wir nicht attraktiv genug. Aber mittlerweile weiß ich, dass meine Kollegen das selbe Problem haben", so Jahn. Noch kann seine loyale Stammmannschaft, die großteils seit der Eröffnung an Bord ist, den Laden schmeißen. "Aber wenn die Verstärkung fehlt sind auch die irgendwann ausgelaugt. Da waren wir schon knapp dran." Dass die Gastronomie nicht nur Vorteile mit sich bringt, streitet der Hoteldirektor nicht ab, aber am Lohn kann der Fachkräftemangel laut ihm nicht liegen. "Ich kann mich gar nicht mehr daran erinnern, wann ich zuletzt einer Fachkraft den Kollektiv angeboten hätte."
"Der Hut brennt" im Mandas
Ein Leidensgenosse ist Saleem Piridaus, Betreiber des Restaurants Mandas. Seit ewig langen sieben Jahren ist er auf der Suche nach Verstärkung für sein achtköpfiges Team. "Der Hut brennt schon", beschreibt Piridaus seine Situation. Er wünscht sich eine Reformierung des Sozialsystems. Denn viele hätten schlichtweg "keinen Bock" auf ehrliche Arbeit und würden lieber vom Staat kassieren.
"Situation nimmt mir die Freude"
Seit drei Monaten sucht Eleonora Brandstetter eine/n Kellner/in für ihre Konditorei Punschkrapferl. "Es bewerben sich sehr wenige. Und die die sich bewerben, sind keine Fachleute", sagt sie. Und das obwohl die Arbeitszeiten in einem Caféhaus naturgemäß um vieles freundlicher sind, als in einem Restaurant. Und auch finanziell schaut's gut aus: Die Mitarbeiter sind nach dem Konditor-Kollektiv beschäftigt. Das heißt, an Sonntagen gibt's doppeltes Geld. "Da habe ich sieben Leute im Haus und 14 zahl ich."
"Hinter mir die Sinnflut", so beschreibt Brandstetter die Einstellung vieler potentieller Arbeitskräfte. Die Sitation nehme ihr die Freude. "Darum bin ich meinen Mitarbeitern, die schon so lange da sind, sehr sehr dankbar. Nur so kann ich meine Standards noch aufrecht erhalten." Ein Beispiel für wahre Treue: Die Backstubeleiterin des Punschkrapferls feiert diese Woche ihr 25-jähriges Dienstjubiläum.
AMS versucht zu lindern
Doch warum finden die Gastronomiebetriebe des Bezirks kein Personal, obwohl sie händeringend suchen? "Viele die eine Ausbildung absolviert haben, wollen den Job wegen den Arbeitszeiten nicht mehr ausüben", ortet Karl Lanzenbacher, stellvertretender Leiter des Arbeitsmarktservice St. Pölten eine Ursache. Viele unserer Fachkräfte ziehen zwecks Saison- und Verdienstmöglichkeiten auch in den Westen. "Wir müssen zusammen alle miteinander etwas tun, angefangen von Dienstgebern und Arbeitssuchenden bis hin zur Öffentlichkeit", ist sich Lanzenbacher sicher. Denn für Menschen ohne Auto oder Führerschein sei oft die Anbindung an öffentliche Verkehrsmittel ein K.o.-Kriterium.
Mit einem speziellen Tourismuscenter, das Fachkräfte ausbildet, und einer Lehrstellenförderung versucht das AMS den Fachkräftemangel zu relativieren.
Zur Sache:
Im Bezirk St. Pölten gibt es 7.784 Arbeitslose. Darunter 263 Personen die in der Gastronomie tätig waren oder tätig werden wollen. 38 von ihnen haben eine entsprechende Ausbildung abgeschlossen. Derzeit sind 131 offene Stellen im Gastrobereich beim AMS St. Pölten gemeldet. 76 dieser Arbeitgeber suchen speziell Fachkräfte mit Ausbildung.
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