TU Graz
Physikerin entwickelt elektronische Haut für intelligente Prothesen

Anna Maria Coclite von der TU Graz ist es mit ihrem Team gelungen, ein 3in1-Hybridmaterial für die nächste Generation smarter, künstlicher Haut herzustellen. | Foto: Lunghammer - TU Graz
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  • Anna Maria Coclite von der TU Graz ist es mit ihrem Team gelungen, ein 3in1-Hybridmaterial für die nächste Generation smarter, künstlicher Haut herzustellen.
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Sensiblere Roboter, intelligentere Prothesen: Die von Anna Maria Coclite entwickelte „Smartskin“ nimmt Druck, Feuchtigkeit und Temperatur simultan wahr und produziert elektronische Signale. 

STEIERMARK/GRAZ. Die Haut ist das größte Sinnesorgan und zugleich der Schutzmantel des Menschen. Sie „erfühlt“ mehrere Sinneseindrücke gleichzeitig und meldet Informationen zu Feuchtigkeit, Temperatur und Druck an das Gehirn. Für Anna Maria Coclite ist ein Material mit solchen multisensorischen Eigenschaften „eine Art ‚heiliger Gral‘ in der Technologie intelligenter künstlicher Materialien. Insbesondere die Robotik und intelligente Prothetik würden von einer besser integrierten, präzisieren Sensorik ähnlich der menschlichen Haut profitieren.“

Das Forschungsteam, das Smartskin entwickelt hat: (v.l.n.r.) Philipp Schäffner, Materials-Institut von Joanneum Research, Anna Maria Coclite, Institut für Festkörperphysik der TU Graz, Barbara Stadlober, Materials-Institut von Joanneum Research, und Taher Abu Ali, ebenfalls Institut für Festkörperphysik der TU Graz.  | Foto: Lunghammer - TU Graz
  • Das Forschungsteam, das Smartskin entwickelt hat: (v.l.n.r.) Philipp Schäffner, Materials-Institut von Joanneum Research, Anna Maria Coclite, Institut für Festkörperphysik der TU Graz, Barbara Stadlober, Materials-Institut von Joanneum Research, und Taher Abu Ali, ebenfalls Institut für Festkörperphysik der TU Graz.
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Der ERC-Grant-Trägerin und Forscherin am Institut für Festkörperphysik der TU Graz ist es mittels neuartigem Verfahren gelungen, das Drei-in-Eins-Hybridmaterial „Smartskin“ für die nächste Generation von künstlicher, elektronischer Haut zu entwickeln. Das Ergebnis dieser Pionierforschung wurde nun im Fachjournal "Advanced Materials Technologies" veröffentlicht.

2.000 Sensoren pro Quadratmillimeter

Knapp sechs Jahre lang arbeitete das Team im Rahmen von Coclites ERC-Projekt „SmartCore“ an der Entwicklung von Smartskin. Mit 2.000 einzelnen Sensoren pro Quadratmillimeter ist das Hybridmaterial feinfühliger als menschliche Fingerspitzen. Jeder dieser Sensoren besteht aus einer einmaligen Materialkombination: einem intelligenten Polymer in Form eines Hydrogels im Inneren und aus einer Schale aus piezoelektrischem Zinkoxid.

„Das Hydrogel kann Wasser absorbieren und dehnt sich dadurch bei Feuchtigkeits- und Temperaturänderungen aus. Dabei übt es einen Druck auf das piezoelektrische Zinkoxid aus, das auf diese und auf alle anderen mechanischen Belastungen mit einem elektrischen Signal reagiert.“
Anna Maria Coclite

Materialbearbeitung im Nanobereich

Die einzelnen Sensorschichten sind also sehr dünn und gleichzeitig flächendeckend mit Sensorelementen ausgestattet. Möglich war dies in einem weltweit einmaligen Verfahren, für das die Forschenden erstmals drei bekannte Methoden aus der physikalischen Chemie kombinierten: eine chemische Gasphasenabscheidung für das Hydrogelmaterial, eine Atomlagenabscheidung für das Zinkoxid und die Nanoprint-Lithographie für die Polymer-Schablone.
Für die lithographische Aufbereitung der Polymer-Schablone zeichnete die Forschungsgruppe „Hybridelektronik und Strukturierung“ unter der Leitung von Barbara Stadlober verantwortlich. Die Gruppe ist Teil des in Weiz ansässigen „Materials Institute“ von Joanneum Research.

Die Smartskin ist ein hauchdünnes Material, das mit extrem hoher räumlicher Auflösung simultan auf Krafteinwirkung, Feuchtigkeit und Temperatur reagiert und entsprechende elektronische Signale abgibt. | Foto: Lunghammer - TU Graz
  • Die Smartskin ist ein hauchdünnes Material, das mit extrem hoher räumlicher Auflösung simultan auf Krafteinwirkung, Feuchtigkeit und Temperatur reagiert und entsprechende elektronische Signale abgibt.
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Dem hautähnlichen Hybridmaterial eröffnen sich nun mehrere Anwendungsfelder:

  • Im Gesundheitswesen beispielsweise könnte das Sensormaterial selbstständig Mikroorganismen erkennen und entsprechend melden.
  • Denkbar sind auch Prothesen, die der Trägerin bzw. dem Träger Auskunft über Temperatur oder Feuchtigkeit geben,
  • oder Roboter, die ihre Umwelt sensibler wahrnehmen können.

Auf dem Weg in die Anwendung punktet Smartskin mit einem entscheidenden Vorteil: Die sensorischen Nanostäbchen – der „smarte Kern“ des Materials – werden mit einem dampfbasierten Herstellungsverfahren produziert. Dieses Verfahren ist in Produktionsanlagen etwa für integrierte Schaltkreise bereits gut etabliert. Die Herstellung der Smartskin kann damit leicht skaliert und in bestehende Produktionslinien implementiert werden.

Die Eigenschaften der Smartskin werden nun noch weiter optimiert: Anna Maria Coclite und ihr Team – hier insbesondere der Dissertant Taher Abu Ali – wollen den Temperaturbereich, auf den das Material reagiert, erweitern und die Flexibilität der künstlichen Haut verbessern.

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