Bildung wirkt
Landwirt begegnet neuen Herausforderungen mit altem Wissen
- Mit einem Sensenmäh-Kurs setzt Bio-Landwirt Günter Hoffellner auf Weiterbildung und er wünscht sich eine stärkere Direktvermarktung.
- Foto: Engel
- hochgeladen von Christine Seisenbacher
Im nächsten Gespräch der Woche im Zuge der Kooperation mit den Bildungsnetzwerk Steiermark berichtet Günter Hoffellner, Bio-Landwirt aus Kammern im Liesingtal, über neue, alte Techniken in der Landwirtschaft, aktuelle Herausforderungen und die Bedeutung von Weiterbildung.
Wie kam es dazu, dass Sie als Bio-Landwirt an einem Sensenmäh-Kurs teilgenommen haben?
Günter Hoffellner: Mein Bruder, er ist bei der Berg- und Naturwacht im Ort, hat mir von dem Kurs der Naturschutzakademie erzählt. Ich züchte Rinder und vermarkte Bio-Rindfleisch ab Hof. Da hat man naturgemäß viel mit Wiesen und Wirtschaftsflächen zu tun. Das hat also gepasst.
Und Sie haben in der Landwirtschaft zuvor nie mit der Sense gemäht?
Ich habe den Hof von meinen Eltern übernommen und als Bio-Hof weitergeführt. Mein Vater stammte noch aus der Generation „Ich setze mich lieber auf den Traktor“. Ich habe zwar schon öfter mal mit der Sense gemäht – einfach learning by doing –, aber in diesem Kurs haben wir jetzt gelernt, ergonomisch zu mähen. So kann man über lange Zeit hinweg arbeiten, ohne Beschwerden, ohne Rückenschmerzen. Will man Blüh- und Blumenwiesen pflegen, zahlt sich das auf jeden Fall aus. Und der Kurs hat auch Spaß gemacht.
Und warum nicht die Motorsense?
Ohne Motor ist es zwar ein etwas langsameres, aber intensiveres Arbeiten. Man schaut sich dabei die Wiesen viel genauer an, sieht einzelne Pflanzen, Insekten, den Lebensraum … und man bekommt dadurch persönlichen Bezug dazu. Mit Maschinen ist das anders. Ich werde künftig mehr mit der Sense machen und habe mir auch gerade eine neue gekauft.
Stimmt der Eindruck, dass alte Techniken und altes Wissen in der Landwirtschaft an Bedeutung gewinnen?
Ja, absolut. Wenn auch nur eine Generation mit der Weitergabe aussetzt, geht viel an wertvollem Wissen verloren, das man sich dann erst wieder mühsam aneignen muss. Kommt zum Beispiel irgendwo zu viel von einem bestimmten „Unkraut“ auf, liegt es immer an der Bewirtschaftung, die verändert werden muss. Nicht einfach Pflanzengift drauf und gut ist, wir tragen viel Verantwortung für die Lebensräume, die wir bewirtschaften! Und da sind umfassendes Wissen und Erfahrung gefragt.
Haben Sie davor auch schon an Weiterbildungen teilgenommen?
Sicher, in der letzten Zeit z.B. bei der Naturschutzakademie zu Insekten, zu Blumenwiesen, verschiedenen Naturräumen und beim LFI zu Böden. Auch die Netzwerke, die man sich durch Weiterbildungen und Treffen mit Expert:Innen aufbauen kann, finde ich sehr hilfreich.
Aber ehrlich gesagt halte ich nicht alle Weiterbildungen immer für sinnvoll und da muss ich jetzt mal v.a. für unsere Bäuerinnen, denn es sind zumeist die Frauen, denen immer mehr Arbeit und Aufgaben umgehängt werden, eintreten. Ein zweites Standbein mit Urlaub am Bauernhof hier, ein drittes mit Kräuterpädagogik da … was sollen sie sonst noch alles tun? Sie halten die Landwirtschaften am Laufen, kümmern sich um Kinder, Familie, sind in Gemeinde und Kirche aktiv für die Gesellschaft … jetzt sollen sie viele Zusatzangebote liefern und das nicht anstatt von irgendetwas, sondern ganz selbstverständlich zusätzlich. Die Ansprüche von außen werden immer größer, es wird zu viel! Schön wäre, wenn wir uns beruflich wieder mehr auf die Produktion von gesunden Nahrungsmitteln konzentrieren und davon auch leben könnten.
- Unser Ziel sollte in der Produktion gesunder Nahrungsmittel liegen und gleichzeitig sollten Landwirte davon auch leben können.
- Foto: Engel
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Was sind denn heute die größten Herausforderungen in der Landwirtschaft?
Eine große Herausforderung sehe ich darin, dass Konsument:Innen meist ein völlig falsches Bild von Landwirtschaft haben, da läuft auch in der Werbung vieles falsch. Auch das Bewusstsein, dass es nicht große Lebensmittelkonzerne sind, die unsere Lebensmittel herstellen, sie verarbeiten und vermarkten nur. Es sind immer Bauern, die das Wichtigste produzieren.
Wo sehen Sie da Lösungen?
In viel mehr Direktvermarktung. So kommen Produzent und Konsument direkt zusammen und miteinander ins Gespräch, heute wird viel zu wenig persönlich miteinander geredet, das müssen wir ändern.
Was würden Sie Menschen sagen, die bisher noch nicht daran gedacht haben, dass Erwachsenenbildung etwas für sie sein könnte?
Ich sag das mal andersrum: Weiterbildung ist eine Bezeichnung, die gar nicht wirklich passt. Bei uns ist dieser Begriff etwas verpönt, wird nur mit beruflicher Qualifikation verbunden und hat einen negativen Touch. Vielleicht könnte man ein anderes Wort dafür finden, weil die Angebote z.B. von der Naturschutzakademie sind für die Persönlichkeit, die Nachhaltigkeit und Aufmerksamkeit … jede Person, die teilnimmt, kann persönlichen Nutzen daraus ziehen und es macht auch noch Spaß.
Haben Sie in Zukunft auch Weiterbildungen auf dem Plan?
Ja, wussten Sie, dass wir in der Steiermark nicht nur einen Nationalpark, sondern sogar ein IUCN-Wildnisgebiet haben? Ich war schon angemeldet, die geführte Begehung wurde aber coronabedingt abgesagt, wenn sie dann stattfindet, bin ich dabei.
Bildung wirkt … nachhaltig!
Weitere Infos unter [urlnt= https://www.naturschutzakademie.com/]Naturschutzakademie[/urlnt].
Hier findet sich ein weiteres Interview, das die Woche heuer schon im Bereich der Land und Fortwirtschaftlichen Aus- und Weiterbildung mit Dieter Frei führte.
Aktuelle Ausbildungen zu Natur, Umwelt, Klima und Landwirtschaft unter Weiterbildungsnavi Steiermark.
Tausende weitere Bildungsangebote für Erwachsene ebenfalls unter Weiterbildungsnavi Steiermark.
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