Kräutermärchen vom Osterhasen Eddie Hasenmann und seinem Sohn Mischa
FORSYTHIE. Märchen und Geschichten für Kinder, Kindsköpfe und Kindgebliebene - Teil 107

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Nach längerer "Babypause" hat sich endlich wieder eine Pflanze zu Wort gemeldet, die in Märchenform  in die Gedanken der Menschen zurückkehren will - die Forsythie. Als Kind kannte ich sie als Goldregen, der uns um die Osterzeit mit seinen üppigen sonnengelben Blüten auf den Frühling einstimmte. Dieser Volksname gehört aber eigentlich einer anderen, ähnlichen Pflanze. 

Die Forsythie gehört zur Gruppe der Ölbaumgewächs (Oleaceae). Mitte des 19. Jahrhunderts wurde die chinesische Forsythie in Europa eingeführt. Ihren Namen erhielt sie zu Ehren des schottischen Botanikers William Forsyth.  Er lebte zwischen 1737 und 1804 und war der Leiter der Königlichen Gärten von Kensington. Man findet sie noch heute gern in öffentlichen Parkanlagen. Die Form ihrer Blüten spiegelt sich in der englischen Bezeichnung „golden bell“ sowie dem deutschen „Goldglöckchen“ wider.

In der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM), wird aus den Früchten der in Asien heimischen Forsythia suspensa oder Lian Qiao – 连翘 – (nicht der Zierstrauch!) eine wichtige, kühlend wirkende Arznei zur Ableitung von Giftstoffen und Hitze hergestellt. 

FORSYTHIE. Mischa Osterhas und das offensichtliche Geheimnis vom "Goldregen"

Der kleine Mischa Osterhas saß nachdenklich vorm Eingang zu Papa Eddies Malwerkstatt und starrte nachdenklich in den blitzblauen Frühlingshimmel. Er war heute morgen bei der Werkstätte vom armen Schmied Hämmerlin vorbei gekommen. Sein Rücken wirkte diesmal noch krummer als sonst und seine vier Kinder sahen nicht nur schmutzig, sondern  richtiggehend verwahrlost aus. Gott sei Dank regnete es nicht, denn sonst hätte es ordentlich durch die löchrigen Dachschindeln hineingeregnet. Dabei arbeitete der gute Mann mehr als die meisten Menschen die der kleine Osterhase kannte. Trotzdem lief seit dem Tod seiner Frau alles aus dem Ruder. "Armut ist ein Teufelskreis! Wen sie einmal gepackt hat, den lässt sie nicht mehr so schnell los..." sinnierte Mischa. Wenn er dem armen Mann doch nur helfen könnte. Aber Osterhasen durften nun mal nur Kindern Geschenke bringen. Geldgeschenke für Erwachsene sah das Osterhasen-Gesetz nicht vor.

Und noch etwas machte den kleinen Osterhasen wütend: Mischa besaß eine besondere Gabe. Er musste eine Pflanze nur ansehen und wusste instinktiv welche Eigenschaften sie besaß. Nur bei der Forsythie funktionierte das nicht. Er kam ihrem Geheimnis nicht und nicht auf die Spur. Dabei war sie eine der Osterpflanzen schlechthin. "Mischaaaaaaa!" riss ihn sein Vater Eddie Hasenmann schrill aus den Gedanken, während er  den Kopf zur Werkstatttür heraus steckte. "Lauf schnell ins Dorf und gib das für die liebe Hasengroßmama auf!" Dabei fuchtelte er mit einem Lottoschein vor Mischas Nase herum. "Schon wieder???!!!!" Mischa schüttelte ungläubig den Kopf. "Ist es uns Osterhasen nicht verboten Geld zu schenken, zu bringen, zu verstecken, zu verdienen oder zu gewinnen?" wollte Mischa wissen und riss seinem Vater den Lottoschein aus der Hand. "Ja schon" gab Eddie zu. "Aber weißt du, Oma gewinnt ja immer nur kleine Summen und von denen kauft sie sich wieder neue Lottoscheine. Bei ihr ist das nur ein  kleines Hobby - und den Abschnitt vom ersten Schein hat sie zufällig auf der Straße gefunden. "Alte Zockerin" musste nun auch Mischa grinsen, und hoppelte zum Dorf hinunter. Vor dem großen Forsythienstrauch den seine Mutter, die liebe Hasenfrau,  schon mit vielen bunten Ostereiern geschmückt hatte, machte er Rast und legte sich ins Gras. Da kam plötzlich fröhlich pfeifend die kleine Kräuterfee Gwendolyn des Weges. Sie war auf dem Weg zu Mischas Vater Eddie, um ihm Breitwegerich-Einlagen für die Schuhe zu bringen - ihre Geheimwaffe um am Ostersonntag lästige Blasen zu vermeiden. "Hey du Faultier!" rief sie Mischa grinsend zu. "Es ist fast Ostern und  Osterhas junior rüsselt unbekümmert unterm Goldregen. Hat man sowas schon gesehen! Na, erzähl schon, wo drückt der Schuh?" Da schüttete Mischa Osterhas Gwendolyn sein Herz aus - genau wie sein Vater Eddie Hasenmann es schon so oft getan hatte. Gwendolyn war nicht nur überaus kräuterkundig, manchmal hatte man den Eindruck sie könne regelrecht zaubern, oder zumindest Gedanken lesen.

"Hmmm" sagte Gwendolyn, als Mischa seine Erzählung beendet hatte und schien ihm mit ihren Nixen grünen Augen direkt in die Seele zu blicken. "Ich glaube, du siehst vor lauter Wald die Bäume nicht!" Das Geheimnis vom Goldregen ist soooo offensichtlich, dass du es übersehen hast. Nimm dir Zeit und sieh nochmal genauer hin. Spätestens am Ostermorgen wird dir der Strauch sein Geheimnis offenbaren. Wenn du damit alles, was du heute erlebt hast in Verbindung bringst, wirst du auch eine Lösung für den armen Schmied finden!" Und schon war sie weg.

"Jetzt kenn' ich mich gar nicht mehr aus", dachte der kleine Osterhase verzweifelt und beschloss, alles bei einem spontanen Nickerchen gründlich zu überschlafen. Auch im Traum lag er unter der Forsythie. Jetzt erst fiel ihm auf, wie üppig sie war, über und über mit tausenden gelben Blüten behangen, die in der Sonne wie pures Gold glänzten. "Oh welche unglaubliche Fülle!" wollte er rufen, aber die Worte blieben ihm im Halse stecken. "Das ist es!" rief er völlig überwältigt. "Das Geheimnis vom Goldregen ist die Fülle! Wer so einen Strauch vorm Haus stehen hat, bei dem muss doch unweigerlich auch die Fülle Einzug halten!"

Am Ostermorgen hoppelte Mischa Osterhas noch vor seinem Vater Eddie Hasenmann ins Dorf hinunter. In der Hand hielt er eine füllig blühende Forsythie auf die einer von Großmutter-Osterhas' Lottoscheinen samt einem Zehn-Euro-Schein gebunden war. Die Kräuterfee Gwendolyn hatte vorsichtshalber noch einen Zettel mit einer ihrer berühmten Affirmationen auf einen Zweig gehängt auf den sie "Wir alle verdienen das Beste der Welt!" geschrieben hatte. 

Der arme Schmied Hämmerlin war baff, als er den Strauch an seine Haustüre gelehnt fand. Was sollte er davon nur halten? Und seit wann brachte der Osterhase einen Lottoschein???? Egal! Am Ende dürfte er die Botschaft doch verstanden haben. Denn am nächsten Osterfest, fand Familie Osterhas ein schmuckes Häuschen vor mit leuchtend roten Dachziegeln und neuem Anstrich. Schmied und Kinder waren sauber und in ihren Sonntagsanzügen und... jetzt wird's wirklich wie im Märchen... hinterher spazierte ein herzliebes neues Mütterlein, dass so gar nicht aussah wie die Stiefmütter, die man normalerweise in Märchen antrifft...

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Foto: Cityfoto
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