Heimatfront: Leben & Leiden in den Landgemeinden
Adlwang: Not macht erfinderisch
„Scherbalg-Hüte gegen die Not“
In Adlwang, damals knapp 1000 Einwohner, beklagen viele die Ersatzstoffe in den Lebensmitteln. „Dem Brot wird viel Hafermehl beigemischt, was sich immerhin noch als besser erweist, als die Beimengung von Mais- oder Kastanienmehl oder gar Baumrinde“, heißt es in der Ortschronik. Wöchentlich mussten von der Gemeinde vier Stück Schlachtvieh abgeliefert und täglich 180 Liter Milch in das Militärspital nach Bad Hall gebracht werden. Geringe Einkommen konnten junge und ältere Männer durch Maulwurffangen aufbringen. „Die Felle der Maulwürfe waren sehr teuer, deshalb fingen die Leute sie, sodass sie fast ausgerottet wurden“, schreibt der spätere Bürgermeister Leopold Höllhuber in seinen Memoiren. Begehrt war das schöne schwarze Fell für die damals modischen „Scherbalgi-Hüte“. („Scher“ ist der mundartliche Name des Maulwurfes und „balg“ ist das Fell. ) Mit der Verbesserung der wirtschaftlichen Lage hörte dieser makabre Erwerb auf.
Die Wallfahrt nach Adlwang florierte - vor und nach dem Krieg - , weil viele ihre Ängste um die Angehörigen an der Front und in langer Kriegsgefangenschaft in Italien oder Russland in der Kirche ablegen wollen. Dabei tat sich aber ein Versorgungsproblem auf. Wie sollten die vielen Leute ernährt werden. Mitteilungen in in den Tageszeitungen informierten die Menschen über die Handhabung der Lebensmittelkarten. „Nur für Wallfahrer, die in Adlwang übernachten, durften Brot-Tageskarten ausgefolgt werden; Tageswallfahrer müssen ihr eigenes Brot mitbringen“, schreibt das Linzer Volksblatt.
Großes Durcheinander herrschte zu Kriegsende, weil die 40 russischen Kriegsgefangenen in ihre Heimat wollten. „Nach dem Kriegsschluss am 31. Oktober 1918 wird die Gegend um Adlwang von freigelassenen Kriegsgefangenen überflutet und die eingerückten Soldaten kommen nach und nach ausgehungert zurück“, schreibt der Chronist. Hoffnung schöpfen die Bewohner in den kleinen Gemeinden in der Politik. Neue Parteien und christliche Volksvereine werden gebildet. Nach Adlwang kamen auch hochrangige Politiker wie der Waldneukirchner Bürgermeister und Abgeordnete Peter Mandorfer und der geborene Adlwanger Universitätsprofessor und späterer Bundeskanzler Dr. Michael Mayr. Als sie sprachen waren die Gasthäuser überfüllt, auch Frauen mischten sich darunter, weil sie vom neuen allgemeinen Wahlrecht hörten. Sie organisierten sich unter der Schirmherrin Fanny Starhemberg in Ortsgruppen. Schon am 1. November 1918 entstand in Grünburg-Steinbach die erste überregionale Frauenorganisation.
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