Interview
"Das Lehrplatzangebot ist da"
AMS-Steyr-Chef Franz Sandmair über Lehrlingssituation am Arbeitsmarkt.
Wie schaut es derzeit mit den Lehrlingsstellen am Steyrer Arbeitsmarkt aus?
Ende August waren 85 offene Lehrstellen verfügbar, dem gegenüber standen 82 Lehrstellensuchende vorgemerkt. Daran sieht man, dass Angebot und Nachfrage von beiden Seiten oft nicht zusammenpassen, was Interessen und Voraussetzungen betrifft.
In welchen Branchen fehlt es an Lehrlingen und warum?
Besonders gesucht wird seitens der Wirtschaft im Handel und in der Gastronomie. Entscheidend für die Jugendlichen ist die Erwartung über Verdienst und die Arbeitszeiten, aber auch wie das Ansehen bei den Freunden dadurch ist. Da steht man beispielsweise als junger Mann in seiner sozialen Gruppe schon besser da, wenn man einen technischen Beruf erlernt. Und nicht jeder ist interessiert an der Arbeit mit Menschen.
Wie hat sich die Coronakrise auf das Lehrplatzangebot im Bezirk ausgewirkt?
Natürlich sind durch die wirtschaftlichen Unsicherheiten in der Corona-Krise viel weniger Betriebe bereit gewesen, Lehrlinge auszubilden. Das Lehrplatzangebot an sich war dennoch da, leider ist es durch die Einschränkungen in verschiedenen Branchen nicht durchgehend möglich gewesen, sich den tatsächlichen Berufsalltag durch Schnuppern anzusehen.
Was kann das AMS Steyr tun, um den Lehrstellenmarkt wieder anzukurbeln?
Es sind in Steyr mehr Lehrstellen verfügbar als Lehrstellensuchende Jugendliche. Wir als AMS Steyr können nur versuchen durch finanzielle Anreize in Form der Lehrstellenförderung Betriebe zu unterstützen, auch Jugendlichen eine Chance zu geben, die am Arbeitsmarkt benachteiligt sind
Wieviel Lehrberufe gibt es derzeit? Gibt es „aussterbende“ Lehrberufe und ganz neue?
211 Lehrberufe sind in der Lehrberufsliste WKO erfasst. Die Berufe sterben an sich nicht aus, die Meisten gestalten sich nur um. Da ist zum Beispiel der Schuster, aus dem ein Orthopädiemechaniker wird. Es ändern sich so auf diese Art laufend die Berufsbilder und bezeichnungen. Teilweise werden Lehrberufe spezialisierter und differenzierter - beispielsweise wird der Maurer ab 1. Jänner 23 durch Hochbauer ersetzt und kann durch ein zusätzliches Lehrjahr zum Hochbauspezialist in Bereich Neubau oder Sanierung werden.
Zusätzlich gibt es auch noch die Lehrberufe des Tiefbauer – Tiefbauspezialist und Betonbauer. Ähnliche Entwicklung gibt es auch bei anderen technischen Berufen. Neue Lehrberufe entstehen auch durch neue Trends, beispielsweise Fahrradmechatroniker, Applikationsentwickler, e-commercekaufmann, oder auch der Chocolatier
Was empfehlen Sie jungen Leuten, die sich für eine Lehrstelle interessieren?
Interessenten auf ihre Neigungen und Eignungen testen, gerne auch mit Hilfe des Berufsinfozentrums. Während der Schule bereits schnuppern bei Betrieben. Lehrlingsmessen besuchen, zum Beispiel die Jugend und Beruf in Wels von 6. bis 9. Oktober, wo auch das AMS vertreten ist. Auf der AMS-Homepage im Bereich Aus- und Weiterbildung gibt es im Bereich Karrierekompass nützliche Infos und Tipps, auch zur Bewerbung.
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