HERBSTZEITLOSE. Märchen und Geschichten für Kinder, Kindsköpfe und Kind gebliebene - Teil 85

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Gestern war Michaeli - der Michaelstag. Er war sowohl im Bauernjahr, als auch in der katholischen Kirche von großer Bedeutung, stand für so manche Wetterregeln und galt als Herbstbeginn. Für Bauern und Handwerker der Tag, an dem es Zeit wurde, in Stube und Werkstätte wieder Licht zu machen. Damit begann auch Arbeitsmäßig eine ruhigere, geselligere Zeit - Zeit der Erholung, Zeit zum Kraft Tanken für das neue Arbeitsjahr, das zu Lichtmess wieder begann.
Den, auf Michaeli folgenden Liachtbradlmontag, an dem der Bauer oder Handwerksmeister für Familie und Angestellte das "Liachtbradl" (Schweinsbraten) springen ließ, das gemeinsam feierlich verspeist wurde, hab ich auch in die heute Geschichte eingewebt. Viel Spaß mit dem Märchen von der Herbstzeitlose - die zwar giftig ist und deren Blätter leicht mit Bärlauchblättern verwechselt werden können. Als Wetterorakel hat sie aber durchaus ihre Berechtigung. Vor dem Spinnen gab man den Frauen den Tipp, Herbstzeitlose anzugreifen, damit die Finger nicht so schnell wund wurden. Für mich ist sie einfach ein wunderschöner Herbstgruß am Wegesrand.

Herbstzeitlose

In einer kleinen Gemeinde im Almtal, da lebten einmal 5 Freunde, die waren wie Pech und Schwefel. Ihr geheimer Treffpunkt war ein alter Schuppen am Bachlauf. Sie waren zwar von einfacher Herkunft, trotzdem waren sie allesamt sehr gescheit. Gemeinsam forschten und diskutierten sie, probierten Neues aus und spielten den anderen Streiche. Im Sommer aber, kurz bevor die Ferien begannen, um die Ernte einzubringen und die Vorräte für den Winter einzufahren, kamen sie eines Tages auf eine sehr verwegene Idee: "In diesem Sommer, da werden wir uns trennen! Ein jeder von uns geht in eine andere Himmelsrichtung. Der aber, der den kürzeren Strohhalm zieht, muss daheim bleiben und es schaffen, hier etwas Neues zu erforschen. Am Sonntag nach Michaeli kommen wir alle hier am selben Ort wieder zusammen, um von unseren Erlebnissen zu berichten. Dann werden wir sehen, wer von uns die wichtigste Entdeckung gemacht hat.

Danach ist es wohl an der Zeit, zu unseren Eltern zurückzukehren, und einen ordentlichen Beruf zu erlernen.

Lena, Seppl, Heini, Urs und Ferdi schworen sich an jenem Abend beim Lagerfeuer erneut ewige Freundschaft, frischten die Blutsbrüderschaft auf und besiegelten ihren Entschluss mit einem festen Schluck Korn, den sie dem alten Federn-Toni aus dem Mostkeller gefladert hatten. Endlich war es an der Zeit, die schicksalsträchtigen Strohhalme zu ziehen. "Geh Seppl, hol dei kleine Schwester zum Halten. Die versteht's eh nu nit, worums geht" drängte der Urs. Dann schnürte ein jeder sein Binkerl, schrieb einen ausführlichen Abschiedsbrief an die Eltern und fort waren sie - in alle Himmelsrichtungen verstreut.

Die Reisenden erlebten die Abenteuer ihres Lebens. Lena, die nach Westen gegangen war, schaffte es bis nach Amerika. In New York lernte sie Washington Röbling kennen. Der Sohn des Brooklin Bridge-Konstrukteurs, der das Bauwerk nach dem Unfalltod seines Vaters selbst fertig gestellt hatte, fand gefallen an dem kecken jungen Mädchen, für das Mathematik zum Lebenselexier gehörte und unterwies sie in der Kunst statischer Berechnungen.

Heini, der nach Osten wanderte, verschlug es bis nach China. Dort schlug er sich mit Maurerarbeiten durch und erfuhr unter anderem die geheime Zement-Rezeptur mit der die Chinesische Mauer so langlebig gemacht worden war.

Urs reiste nach Süden. Er gelangte bis an den Nil nach Ägypten, und beschloss den längsten Fluss der Welt genau zu erforschen. Durch Zufall lernte er einen Bootsbauer kennen, der ihm eine Arbeit anbot. Er lehrte Urs sogar die Herstellung jenes Harzlacks, mit dem die alten Ägypter ihre Boote und Barken so Wasserdicht gemacht hatten.

Und der Seppl, der wollte als Blinder Passagier an Bord eines Schiffes nach Norden reisen und seine großen Vorbilder, die Wikinger studieren. Auch er bekam Arbeit bei einem Bootsbauer. Doch bald merkte er, dass das bloße Herstellen von Wikinger-Schiffen viel zu langweilig war und er zog noch weiter nach Norden. Als er in Island durch Zufall Polarlichter entdeckte, war seine Leidenschaft entfacht und er verbrachte den Rest der Reise das Phänomen der Polarlichter zu studieren.

Ferdi aber, saß daheim, fadisierte sich und wurde von Tag zu Tag wütender. Manchmal besuchte er seinen Onkel, den Federn Toni. Mit seinen seltsamen Ideen war er eine Randfigur in der Gemeinde. Weil ihn die Leute nicht recht einordnen konnten, geschweige denn verstanden, taten sie ihn gerne als Trottel ab. Dabei soll er eigentlich einmal ein sehr gescheiter Mann gewesen sein, der studiert hatte und sogar ein Patent angemeldet haben soll, von dem er heute noch so recht und schlecht lebte. Aber irgend etwas musste ihm widerfahren sein, draußen in der großen Welt. Denn als er wieder kam, zog er in eine kleine Hütte, betrieb Naturstudien und lebte in seiner eigenen Welt. Nur den Ferdi hieß er gerne willkommen. Die beiden schienen einen besonderen Draht miteinander zu haben.

Eines Tages, als der Sommer sich langsam dem Ende zuneigte, saß Ferdi wieder einmal Gedankenverloren hinter der Hütte vom Federntoni und massakrierte eine rosa Blume. "Mit der tät ich das jetzt nicht tun..." grinste der Toni und stellte ihm einen Eimer mit Wasser vor die Nase. "Wasch dir lieber die Hände. Herbstzeitlosen sind giftig!" "Na dann pass ma ja gut zusammen!" erwiderte der Ferdi patzig. "Sind immerhin zwei die zu nix nutz sind!"

"Aha - bist jetzt a zu die Oberflächlichen gangen? Schad! Früher hättst genauer hingschaut!" Damit ließ er seinen Neffen stehen und stieg den Berg hinan der Hochweide zu. "Komischer alter Kauz!" Frustriert ging Ferdi in Tonis Hütte - da fiel ihm ein dicker Schmöker auf. Sein grüner Stoffumschlag war mit goldenen Pflanzen geprägt. Ab und zu steckten vergilbte Zettel mit Notizen zwischen den abgenutzten Seiten. Er schlug das Buch auf. Herbstzeitlose stand da. "Latein Colchicum autumnale" und "sehr giftig".

Da stand sogar, dass sie ein taugliches Wetterorakel war! "Endlich was zu tun!" seufzte Ferdi und ging umgehend daran, alle Facetten der Blume zu erforschen. Als er wenig später die Wurzel ausgräbt, ist er sehr verwundert. Die Wurzel sitzt zu tief! 20 , 22, 26 cm. "Wenn das stimmt, wird dieser Winter so streng, dass wir hier oben in den Bergen gscheit dazu sehen müssen!" Ferdi machte sich sofort auf, um seine Forschungsergebnisse jedem zu erzählen. Doch Sonderbar! Keiner im Dorf will ihm glauben. Zuerst ist er Fuchsteufelswild. Nach einer Weile zuckt er aber gleichgültig mit den Schultern und macht sich frisch ans Werk: "Sie werden's schon sehen, die alten Sturschädel. Aber zum Glück habt ihr mich, den Ferdi! Ich werd euch schon irgendwie durch den Winter bringen!"

So begann er selber, alles abzuheuen dessen er jetzt noch habhabft werden konnte. Mähte alle Wegränder, glaubte Eicheln, Nüsse, Bucheckern und klaute die Äpfel aus der Hecke des Herren von Meck. Der feine Herr kam sowieso nur zum Jagen. Seine Heckenfrüchte ließ er jedes Jahr verfaulen. Und auch selber fing er an alles zu sammeln und konservieren was Mutter Natur an Schätzen parat hatte. Wie und Was fand er ebenfalls in einem von Federn-Tonis vielen Büchern. Die Leute schüttelten die Köpfe und tuschelten über ihn. "Wird der auch so spinnert wie sein Onkel?" Keiner wollte ihm das Märchen vom härtesten Winter der Geschichte glauben.

Als der Lichtbratl-Montag heranrückte, war der alte Stadl seines Vaters, den er als Speicher nutzte bereits bum-voll. "Aha" sagen die Freunde befremdet, als ihnen Toni seine Schätze zeigt und von der Erforschung der Herbstzeitlose erzählt. "Da hast dir ja an schönen Lenz gmacht! A bisserl im Gras sitzen und die Blümerl beim Wachsen zuaschaun!" Dabei erzählten sie selber von ihren Abenteuern, den Bräuchen und Lebensweisen in aller Herren Länder die sie bereist hatten.

Nachdem sie ihre Mitgebrachten Schätze gezeigt hatten, waren sie jedoch ziemlich ratlos. Statikunterricht von Röbling, der Harz-Lack der Ägypter, das Rezept der geheimen Ziegel der Chinesischen Mauer, Wickingerboote und das Polarlicht! Wer hatte hier wirklich das meiste Erlebt?

Als sie am Montag die Lehre bei ihren vorherbestimmten Lehrherren begannen, hatten sie sich noch immer nicht auf einen Sieger einigen können.

Da wurde es plötzlich bitter kalt. Viel zu früh für die Jahreszeit überraschte der erste Schnee das Vieh, das noch auf den Almen graste. Ließ Seen und Flüsse zu Eis erstarren. Da dachten alle traurig an Ferdis Warnung für die sie ihn alle ausgelacht hatten. Hätten sie nur auf ihn gehört. Wie sollten sie so einen Winter bloß überstehen.

Und nun kam Ferdis Stunde. Als alle Vorräte aufgebraucht waren, kam er mit seinen Schätzen. Teilte aus und ein. Zeigte wie man Reisig und Blätter fein gehackt als Viehfutter verwenden konnte, man das Mehl mit Eicheln strecken und aus welchen Samen man Brot machen konnte. "Die Natur schaut auf ihre Kinder, sie lässt uns nicht verhungern!" lachte Ferdi vergnügt und freute sich mächtig, weil er endlich die Aufmerksamkeit und Achtung bekam, die er sich zu Beginn des Sommers erträumt hatte.

Ferdi ist der Sieger! Waren sich die 5 einig, als sich der Winter endlich daran machte, der Frühlingssonne Platz zu machen. "Ohne ihn und sein Wetterorakel wären wir allesamt verhungert! Gut dass du dich von uns nicht von deinen Forschungen hast abbringen lassen!"

Da klopfte es an der Tür und Ferdis Meister steckte den Kopf herein. "Weißt du Ferdi, deine Freunde haben mir von eurer sommerlichen Abenteuerwette erzählt. Weil du uns alle gerettet hast, möchte ich mich erkenntlich zeigen. Wenn du willst, gebe ich dir 3 Monate frei, denn ich finde auch du hast es dir verdient etwas von der Welt zu sehen. Und damit du auch sicher wieder zu uns zurückkomst, haben die Dorfbewohner gesammelt. Das Geld hier im Beutel, müsste auf jeden Fall für ein Rückfahrticket reichen."

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