Neustift
Agrardiskussionen neuerer Art

- Dem "Beschluss mit historischer Tragweite" stimmten nach einigen Debatten doch 15 der 17 Neustifter Gemeinderäte zu.
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NEUSTIFT.Agrargründe ins Gemeindegut rückgeführt – andere Tiroler Gemeinden haben das schon praktiziert, im Stubai übernimmt Neustift die Vorreiterrolle.
In einer der jüngsten Sitzungen des Gemeinderats wurden Beschlüsse gefasst, denen zufolge rund 3.000 qm Grund und Boden aus der Gemeindegutsagrargemeinschaft entnommen und ins Gemeindevermögen rückgeführt werden. Bgm. Peter Schönherr (Liste Junges Neustift) spricht von Beschlüssen mit "historischer Tragweite", die einen reinen "Akt der Symbolwirkung" darstellen sollen: "Im Flurverfassungsgesetz gibt es einen rechtlichen Rahmen dafür, dass die Gemeinde Grundstücke für infrastrukturelle Zwecke wieder zurück ins Gemeindeeigentum führen kann. Das haben wir gemacht. Wir haben ausschließlich Flächen herangezogen, die wir schon als Infrastruktur – sprich Parkplatz oder Buswartehäuschen etc. – nutzen."
Große Mehrheit stimmte zu
Ganz früher freilich wurden diese Grundstücke über Pachtentgeld an die Agrargemeinschaft entschädigt. Heute sagt der Gemeinderat, dass es keinen Sinn mehr macht, wenn solche Grundstücke noch im Eigentum der Gemeindegutsagrargemeinschaft verbleiben – und zwar mit großer Mehrheit! Denn bis auf zwei Enthaltungen (Vizebgm. Andreas Gleirscher und Agrarobmann Karl Pfurtscheller – beide Gemeinschaftsliste) stimmten alle Mandatare zu.
"Signal für Öffentlichkeit"
Der Ortschef begrüßt es sehr, dass besagte Flächen "nun wieder für die Allgemeinheit reserviert" sind. Dagegen hat auch Vizebgm. Andreas Gleirscher grundsätzlich nichts einzuwenden. Unruhe gab es trotzdem: "Wir sehen die Sache ein bisschen kritischer als der Bürgermeister", erklärt der Oppositionsführer und begründet seine Haltung unter anderem damit, dass man zuletzt "15 Monate lang ungeregelte Verhältnisse im Hinblick auf den Posten des Substanzverwalters hatte (mehr dazu weiter unten). "Immerhin ist es ja auch der Substanzverwalter, der das Ganze umsetzen muss. Interimsmäßig war ich mit der Aufgabe betraut. Das hat aber erst kürzlich ein Bescheid bestätigt. Bis dieser einlagte, schieden sich in dieser Frage die Geister. Deshalb habe ich mich schwer getan", erklärt Gleirscher und führt als weiteres Argument das der Nachhaltigkeit ins Rennen: "Man muss auch an die Zukunft denken. Die Agrar ist ein Wirtschaftsbetrieb und einen Teil der Einnahmen braucht man zum Beispiel für die Erhaltung des Schutzwaldes. Da gilt es aufzupassen, wenn man Flächen wieder an die Gemeinde rückführt."
Politisches Hin und Her
"Die Aufregung könnte kleiner sein", meint Schönherr dazu, weil: "Damals ist es passiert, dass 4.500 ha – Betonung auf Hektar – an Gemeindevermögen grundbücherlich in das Agrargemeinschaftsvermögen übergegangen sind, jetzt gehen halt 3.000 qm zurück." Zugleich erwägt der Ortschef allerdings schon, diesem ersten Schritt weitere folgen zu lassen – nachdrückliche Betonung darauf, "sicher kein Interesse an mit Holz- oder Weidenutzungsrechten behafteten Flächen" zu haben, inklusive.
Zur Sache
In Neustift musste in diesem Sommer ein neuer Substanzverwalter bestellt werden. Der seit den Gemeinderatswahlen 2016 von der Gemeinde als Substanzverwalter beauftragte GR Hermann Stern (Junges Neustift) wurde nämlich 2019 als Ersatzer in den Agrarausschuss gewählt. Laut aktuell gültigem Tiroler Flurverfassungsgesetz kann ein Agrarmitglied die Bekleidung einer Funktion nicht ablehnen – Unvereinbarkeit der beiden Tätigkeiten war die Folge. Die Gemeindeführung fechtete diesen "sinnlosen Passus im Gesetzestext", wie Schönherr ihn bezeichnet, an, denn dieser "heble die Gemeindeautonomie aus". Es wurde Beschwerde bei der Agrarbehörde und beim Landesverwaltungsgericht eingelegt, man bekam aber nicht recht! Nun soll der Verfassungs- bzw. Verwaltungsgerichtshof angerufen werden. Beim Land Tirol wird indes bereits seit Längerem eine Gesetzes-Novellierung angekündigt. Bis alles geklärt ist, hat jetzt jedenfalls Martin Pfurtscheller (Für Neustift) das Amt des Substanzverwalters inne, sein 1. Stellvertreter ist Bgm. Peter Schönherr (vorher GR Norbert Gleirscher, gemeinsame Wirtschafts- und Zukunftsliste), 2. Stellvertreter bleibt wie bisher Vizebgm. Andreas Gleirscher.
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