Gries reicht Petition gegen Flüchtlingsheim ein

Rastner, Gahr und Mühlsteiger | Foto: Forum Land
  • Rastner, Gahr und Mühlsteiger
  • Foto: Forum Land
  • hochgeladen von Arno Cincelli

GRIES. Bürgermeister Karl Mühlsteiger hat die Nachricht zum geplanten Flüchtlingsheim in Gries am Brenner ebenso kalt erwischt wie viele der GemeindebürgerInnen. Er sieht das Wipptaler Dorf als denkbar schlechtesten Standort und führte zahlreiche Gründe dafür an (die BEZIRKSBLÄTTER berichteten). In der Region sind bereits Flüchtlinge in verschiedenen Gemeinden untergebracht. Darüber könne man auch reden, meint Planungsverbandsobmann Bgm. Alfons Rastner. Gemeinsam mit NR Hermann Gahr wollen sich die Bürgermeister der Region gegen das zusätzliche Heim in Gries stellen. Eine Petition an den Nationalrat wird eingebracht.

„Gries musste bereits mit der Schließung des Polizeipostens schlucken. Wir können hier aber eine regionale Lösung anbieten. Ganz anders sieht die Situation aber bei einem Flüchtlingsheim aus. Uns fehlt jegliche Infrastruktur. Das kann unsere Gemeinde nicht schaffen“, sagt Mühlsteiger. „Jeder weiß, dass am geplanten Standort weder eine geeignete Anbindung an öffentliche Verkehrsmittel noch sonstige Möglichkeiten für die Flüchtlinge vorhanden sind. Wir sind sicher nicht ausländerfeindlich. Aber wir legen die Fakten auf den Tisch“, meint er. Bahnhof und Bus sind nur schwer erreichbar.

Sport kaum möglich

Sportplatz gibt es derzeit überhaupt keinen. „Über den Sport fällt die Integration leicht“, so Mühlsteiger. Kein Skigebiet mehr, kein Spielplatz – das ist die Situation rund um das geplante Flüchtlingsheim. Auch das Gebäude befindet sich in schlechtem Zustand und ist für die Unterbringung von Flüchtlingen derzeit nicht geeignet.

„Mit der Petition wollen wir alle diese Punkte aufzeigen und die Sorgen der Gemeindeführung und der Bevölkerung ernst nehmen“, unterstreicht NR Hermann Gahr und ergänzt: „Die Optik ist nicht glücklich. Die Gemeinde hat erst kurzfristig von den Ideen erfahren. Man konnte mehr oder weniger nicht reagieren. Gleichzeitig sind die natürlichen Nachteile von Gries am Brenner bekannt.“ Gahr will auch das Gespräch mit den zuständigen Politikern auf Landes- und Bundesebene suchen. „Uns ist bewusst, dass wir Möglichkeiten brauchen. Aber ein funktionierendes Heim in Fieberbrunn zu schließen und als Ersatz eine schlechtere Lösung anzubieten, damit ist niemanden geholfen“, unterstreicht Gahr.

„Flüchtlinge auf die Region aufteilen“

Mit einer Idee wartet der Obmann des Planungsverbandes Wipptal, Bgm. Alfons Rastner auf. „Schon jetzt sind in der Region 14 Familien mit 58 Flüchtlingen untergebracht. Wenn in jedem Dorf eine überschaubare Zahl Platz findet, dann hat das viele Vorteile. Die Infrastruktur ist vorhanden und die Integration fällt leichter. Für solche Vorschläge sind wir im Wipptal offen. Denn die bisherigen Beispiele zeigen, dass es unkompliziert funktionieren kann“, sagt Rastner. Er will vor allem vermeiden, dass in einer Gemeinde ein Flüchtlingsghetto entsteht. „Genau das wäre in Gries am Brenner der Fall. In einer kleinen Gemeinde die Flüchtlinge zu konzentrieren, ist der falsche Weg“, meint der Regionsbürgermeister.

Petition im Originaltext:

„Gegen ein Flüchtlingsheim in Gries am Brenner“

Die Ankündigung der in Tirol für das Flüchtlingswesen zuständigen Landesrätin, in einem derzeit leerstehenden Gebäude in Gries am Brenner rund 50 Asylwerber unterbringen zu wollen, sorgt für große Verunsicherung in der Gemeinde und bei großen Teilen der Bevölkerung. Das Vorhaben wird aus mehreren Gründen mehrheitlich abgelehnt:

Die Infrastruktur für ein Flüchtlingsheim ist nicht gegeben. Das geplante Gebäude befindet sich etwa unmittelbar neben der Bundesstraße, es gibt für Kinder keinerlei Bewegungsmöglichkeiten beziehungsweise keinen Spielplatz in der Umgebung.
Die Ausbildungsstätten für die Kinder platzen derzeit schon aus allen Nähten. Es wäre unmöglich, zusätzlich viele Kinder im Kindergarten oder in der Volksschule aufzunehmen.
Die Anbindung des Gebäudes an das öffentliche Verkehrsnetz ist nicht gegeben. Bus und Bahn sind zu Fuß kaum erreichbar. Es würde sich somit ein Ghetto bilden, aus dem sich die Flüchtlinge ohne eigenes Auto kaum wegbewegen könnten.
Gerade in Landgemeinden gelingt eine erfolgreiche Integration von Flüchtlingskindern oft über Sportvereine. In Gries am Brenner gibt es jedoch keinen eigenen Sportplatz und somit fällt der Sport als Integrationsfaktor weg.
Gries am Brenner ist aufgrund des Durchreiseverkehrs und seiner exponierten geografischen Lage in einer sehr benachteiligten Situation. Gasthäuser, Tankstellen, Geschäfte wurden geschlossen. Neue Arbeitsplätze sind trotz großer Bemühungen der Gemeindeführung kaum zu schaffen. Die Aufnahme von rund 50 Personen würde die Situation weiter verschlechtern.
Bereits Anfang der 1990er Jahre waren im selben Gebäude, in dem nun die Unterkunft geplant ist, Flüchtlinge untergebracht. Bereits zu dieser Zeit, als die Infrastruktur noch besser war als heute, gab es große Schwierigkeiten im Zusammenleben der einheimischen Bevölkerung und den Flüchtlingen. Schließlich wurde aufgrund dieses Umstandes das Flüchtlingsheim geschlossen.

Die Gemeindevertreter erachten aus den genannten Gründen Gries am Brenner als äußerst ungünstigen Ort für ein Flüchtlingsheim. Es geht nicht um die grundsätzliche Ablehnung von fremden Mitbürgerinnen und Mitbürgern, sondern um eine für alle Betroffenen akzeptierbare Lösung. In der Region Wipptal sind bereits einige Flüchtlingsfamilien aufgenommen, diese sind zum Großteil sehr gut integriert. Eine Unterbringung an einem Standort wird abgelehnt, vielmehr braucht es Lösungsansätze, wie Flüchtlinge auf mehrere Orte verteilt untergebracht werden können.

Du möchtest regelmäßig Infos über das, was in deiner Region passiert?

Dann melde dich für den MeinBezirk.at-Newsletter an

Gleich anmelden

Kommentare

?

Du möchtest kommentieren?

Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.

Folge uns auf:
Christina Holaus (re.), Geigenbauerin aus der Wildschönau, zu Gast bei Redakteur Thomas Geineder im TirolerStimmen-Podcast. | Foto: BB Tirol
2

TirolerStimmen-Podcast
Wie baut man eigentlich eine Geige?

In der 89. Folge ist Christina Holaus, Geigenbauerin aus der Wildschönau, zu Gast und beantwortet die brennendsten Fragen rund um das Thema Geigenbau. Aus welchem Holz werden Geigen gebaut, wie wird man Geigenbauerin und auf was kommt es bei einer Geige an? All das erfährst Du im musikalischen Gespräch. TIROL. "Back to the roots" heißt es für die Geigenbaumeisterin Christina Holaus, wenn sie ihren Schüler*innen in der Geigenbauschule Mittenwald das Geigenbauen beibringt: "Es ist bei mir selber...

Du möchtest selbst beitragen?

Melde dich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.