"Das Wipptal lässt die Eltern im Stich"

Silvia Tschenett, Andreas Felder und Andrea Haselwanter-Schneider
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WIPPTAL (kr). Seit 2010 ist das Tiroler Kinderbildungs- und Kinderbetreuungsgesetz in Kraft. Darin ist festgelegt, dass "optimale Bildungsmöglichkeiten", "Vereinbarkeit von Beruf und Familie" sowie die "Unterstützung und Ergänzung der Familien in ihren Erziehungs- und Pflegeaufgaben" sichergestellt werden müssen. Die Liste Fritz stellt dazu fest: "Die Umsetzung des Kinderbetreuungsgesetzes im Wipptal ist mangelhaft. Im Wipptal geht es nicht um mangelnden Bedarf an Kinderbetreuung, sondern einzig um den politischen Unwillen der Bürgermeister!"

"Muss kündigen"

Andreas Felder ist direkt betroffen: "Meine Frau und ich sind berufstätig, aber in den Ferien haben wir keine Betreuung für unsere zwei Kinder. Die anstehenden Weihnachtsferien bereiten uns großes Kopfzerbrechen, denn ohne Betreuungsplatz muss meine Frau ihren Halbtagsjob kündigen." Anfang September hat er eine Onlinepetition ins Leben gerufen, in der er die Kinderbetreuungsproblematik thematisierte. Inzwischen hat die Petition 141 Unterstützer, 79 davon kommen aus dem Wipptal – 36 % sind direkt betroffen und 17 % sind es in der Zukunft, so Felder weiter: "Ein alleinerziehender Vater hat mir sogar erzählt, dass er aus dem Wipptal wegzieht, weil es keine zufriedenstellende Kinderbetreuung gibt und er es sich nicht leisten kann, arbeitslos zu sein. Das ist doch schockierend!"

Landtagsanfrage

Die Liste Fritz stellte eine Landtagsanfrage bezüglich der Wipptaler Kinderbetreuung, deren Beantwortung beim Pressegespräch präsentiert wurde. Darin hielt Bildungslandesrätin Beate Palfrader fest: "In Sachen Kinderbetreuung gibt es im Wipptal Nachholbedarf." Fakt ist, dass es aktuell im Wipptal zwölf Kindergärten, vier Kinderkrippen, einen Hort und drei Ganztagsschulen gibt. Andrea Haselwanter-Schneider von der Liste Fritz bekräftigt: "Die Eltern verlangen nichts Ungebührliches, sondern nur ihr Recht auf einen Betreuungsplatz. Im Wipptal geht es nicht um mangelnden Bedarf oder fehlendes Geld, es geht einzig um den politischen Unwillen!" Für den Bürgermeister, der Planungsverband und das Land würden in der Pflicht stehe gäbe es dringenden Handlungsbedarf, so Haselwanter-Schneider weiter. 

Lösung für die Region

Angesprochen auf die Vorwürfe von Andreas Felder und der Liste Fritz heißt es seitens des Planungsverbandsobmannes Alfons Rastner: "Wir haben das Thema Kinderbetreuung ernst angegangen und es ist nicht wahr, dass bei uns nichts gemacht wird. Wir haben eine Bedarfserhebung gemacht und da haben sich nie so viele gemeldet, dass man einen Bedarf gesehen hat." Jeder, der die Kinderbetreuung wirklich notwendig gebraucht und sich früh genug angemeldet hat, habe auch immer einen  Betreuungsplatz bekommen, betont Rastner. 
Paul Hauser, Kindergartenverbandsobmann von Matrei-Mühlbachl-Pfons bekräftigt: "Wir denken natürlich über Lösungen nach aber das ist auch eine Geldfrage für die Gemeinden." Den Vorwurf, dass die Gemeinden die Eltern im Stich lassen würden, weist Hauser klar zurück: "Das ist ein Schmarrn – Wir unterstützen die Eltern sehr wohl, wir können dieses Problem aber nicht von heute auf morgen lösen." 
Seitens des Pfoner Bürgermeisters Alexander Woertz heißt es: "Wir sind dabei, diverse Lösungen zu finden, können aber nicht garantieren, dass wir für 365 Tage rund um die Uhr für jedes Kind die passende Lösung finden."
Nun soll eine Lösung für die gesamte Region erarbeitet werden, so PV-Obmann Rastner: "Da sich gezeigt hat, dass auch Kinder von Navis und Steinach diesbezüglich Betreuung brauchen, sind wir dabei, eine Sommerbetreuung für das ganze Wipptal zu generieren, wo Kinder aus dem ganzen Wipptal untergebracht werden können." Somit könne man in den Ferien ein Angebot für die Kinderbetreuung gebietsübergreifend anbieten, sodass es auch leichter ist, eine Gruppe zu bilden und die dazugehörige pädagogische Fachkraft anzustellen, so Rastner.

Private Betreuung

„Wenn die Kinder und Eltern weiter im Stich gelassen werden, dann bin ich bereit eine private Ferienbetreuung aufzustellen. Ich bin gerade dabei eine Bedarfserhebung zu machen und eine Räumlichkeit zu suchen. Ich betreibe seit 19 Jahren eine Nachhilfeschule und kenne die soziale Lage vieler Eltern im Wipptal. Es ist enttäuschend, im Jahr 2017 noch über die dringende Notwendigkeit von Kinder- und Ferienbetreuung debattieren zu müssen“, meint Sylvia Tschenett aus Steinach.

Silvia Tschenett, Andreas Felder und Andrea Haselwanter-Schneider
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