"Es fehlen gesetzliche Standards"
Für die Betreuung beim "Betreuten Wohnen" gibt es keine gesetzlichen Richtlinien im Bundesland Salzburg.
TENNENGAU. Die Bevölkerung in Österreich wird immer älter und damit wird die Frage, wie man als alternder Mensch möglichst selbständig leben kann, für immer mehr Menschen relevant. "Betreutes Wohnen" ist eine Form des altersgerechten Wohnens, die auf individuelle Bedürfnisse angepasst ein selbstbestimmtes Leben ermöglichen soll. Doch was ist das eigentlich genau und welche Leistungen umfasst dieses Angebot?
Das Konzept
Die Bezirksblätter haben sich im Tennengau dazu umgeschaut und festgestellt: In fast allen 13 Gemeinden von Annaberg bis Rif gibt es inzwischen „betreutes Wohnen“, in Rußbach wird gerade noch zwischen dem Bauträger und dem Stift St. Peter verhandelt und in Puch wird derzeit das ehemalige Seniorenheim für betreutes Wohnen adaptiert. Der erste Weg der Recherche führt zur Tennengauer Seniorenberatung: Hier berät Petra Brunauer gemeinsam mit ihrer Kollegin Anita Halun Ratsuchende zum Thema "Älterwerden" und allen Fragen, die damit zusammenhängen. "Das Angebot von barrierefreien Wohnungen speziell für ältere Menschen gibt es in fast allen Gemeinden, diese Wohnungen befinden sich meist in der Nähe von Seniorenwohnheimen, um Infrastruktur gemeinsam nutzen zu können. Alle Hilfeleistungen, wie Pflege oder Essen auf Rädern müssen aber extra zugekauft werden und daher spreche ich lieber von "betreubarem Wohnen"," erklärt die diplomierte Krankenschwester, die zehn Jahre lang die Tennengauer Hauskrankenpflege geleitet hat. Sie sieht einen Trend zu dieser Art des altersgerechten Wohnens, der besonders für Paare eine Alternative ist. "Vor allem seit mit der Abschaffung des Pflegeregress jeder Sozialhilfe beantragen kann, sind die Plätze im Tennengau fast alle belegt", stellt sie fest und geht davon aus, dass der Bedarf bald steigen wird.
Ö-Norm ist unverbindlich
Monika Aistleitner ist die zuständige Fachbereichsleiterin für "Betreutes Wohnen" beim Caritasverband der Erzdiözese und kritisiert fehlende gesetzliche Standards für das Bundesland Salzburg. Sie erklärt das Konzept so: „Die Wohnungen werden von den Wohnbaugenossenschaften in den Gemeinden errichtet, betreut werden diese Häuser von Trägerorganisationen wie dem Hilfswerk oder der Caritas. Die Bewohner zahlen einen geringen Anfangsmietsatz, dazu kommen die Betreuungskosten, die individuell unterschiedlich sind.“ Die Caritas betreibt ein Haus mit betreuten Wohnungen in Oberalm neben der Seniorenresidenz. Aistleitner erklärt den Unterschied von betreubarem und betreutem Wohnen so: Betreubar ist im Prinzip jede Privatwohnung, die barrierefrei adaptiert wird. Beim betreuten Wohnen ist der Mietvertrag immer mit dem Betreuungsvertrag gekoppelt. Wie diese Betreuung dann aussehe, sei allerdings von Gemeinde zu Gemeinde ganz unterschiedlich. Die Caritas geht in ihrer Arbeit von den Empfehlungen der Ö-Norm aus, der Richtwert sind hier 20 Minuten Betreuungszeit pro Wohnung und Woche.
Die Politik ist nun gefragt
Auch beim Salzburger Hilfswerk, das sechs Einrichtungen dieser Art im Tennengau betreibt, bedauert man fehlende verbindliche Standards. Manfred Feichtenschlager ist der Leiter der Fachabteilung für Soziale Arbeit und er ortet mehrere Problemfelder: Ob und wie die öffentliche Hand die Einrichtungen finanziell unterstütze sei überhaupt offen, die Ö-Norm nur eine Empfehlung. Zudem seien die in der Ö-Norm festgehaltenen Sätze viel zu gering veranschlagt, um eine hochwertige Betreuung zu gewährleisten. „Für qualifizierte Betreuungskräfte gibt es ja verbindliche Gehaltsstufen und die Beträge, die die Ö-Norm vorsieht sind ein mehrfaches zu gering.“ Derzeit ruhen die Gespräche mit den Vertretern der Landespolitik, bedauern sowohl Caritas und Hilfswerk und hoffen auf eine baldige Wiederaufnahme der Verhandlungen. Auch in den anderen Bundesländern fehlen verbindliche Richtlinien.
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