"Wir brauchen mehr Europa"

Seit 20 Jahren ist die gebürtige Pucherin in der Politik. | Foto: privat
  • Seit 20 Jahren ist die gebürtige Pucherin in der Politik.
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Frau Mosler-Törnström, was hat Sie in die Politik gezogen?
GUDRUN MOSLER-TÖRNSTRÖM:
Der Zufall, ich bin von Gabi Burgstaller (ehamlige Landeshauptfrau von Salzburg) vor über 20 Jahren gefragt worden, ob ich interessiert bin auf die Liste zu gehen. Natürlich hat es mich gereizt an den Entscheidungsrädern mitdrehen zu können.

Warum ist die Europäische Union wichtig?
In erster Linie ist die EU ein Friedensprojekt, das sich aus den Lehren des Zweiten Weltkrieges entwickelt hat. Seither hat sich die Welt gravierend verändert. Wir stehen heute vor Problemen, die ein Einzelstaat nicht mehr alleine lösen kann, etwa die Finanzkrise, die Verteidigungs- und Sicherheitspolitik oder die Flüchtlingsfrage. Wir brauchen mehr Europa und nicht weniger, um die Probleme unserer Zeit zu bewältigen.

Warum sehen so viele Österreicher die Union so kritisch?
Die Wahrnehmung in der Bevölkerung in den letzten Jahren war, dass sich die EU mit Nebensachen beschäftigt, Gurken oder Glühbirnen etwa. In den großen Fragen, wie der Flüchtlingspolitik, konnte keine gemeinsame europäische Lösung gefunden werden. So entstand der Eindruck, in der EU gehe nichts weiter. Leider setzen viele Regierungen in Europa auf Populismus. Es kommt zu einer Entsolidarisierung.

Österreich übernimmt mit erstem Juli den Ratsvorsitz. Sehen sie die Regierung auch als Populistisch an?
Die Europapolitik der derzeitigen Regierung setzt auf Konfrontation und nicht auf Einigung. Leider hat sie populistische Züge. Die Seilschaft von Österreich, Ungarn, Italien und Bayern gegen einigende Kräfte in der EU lässt nichts Gutes ahnen. Als unser Bundespräsident Alexander van der Bellen vor kurzem den Europarat besucht hat, war an den Fragen der Abgeordneten erkennbar, dass die österreichische Politik mit Besorgnis beobachtet wird.

Sie sind Präsidentin des Kongresses der Gemeinden und Regionen im Europarat. Was ist Ihre Aufgabe?
Der Kongress konzentriert sich auf die Gemeinde- und Landesebene. Wir haben 47 Mitgliedstaaten und vertreten über 200.000 Gebietskörperschaften. Kernthemen sind die Überwachung der Menschenrechte, Rechtsstaatlichkeit und des Demokratieaus- und Aufbaues. Es geht aber auch darum, unseren Mitgliedern mit Antworten und Lösungen zur Seite zu stehen, indem wir gute Projekte und Ideen Anderer weitergeben.

Da arbeiten sie genau im Spannungsfeld zwischen Union und Nationalstaat. Haben Sie Verständnis dafür, wenn Skeptiker sagen, dass zu viel in Brüssel entschieden wird?
Ja, natürlich. Brüssel sollte sich auf die großen Fragen konzentrieren und nicht in Details verlieren. Europas Stärke ist seine Vielfalt. Es sollte uns aber auch bewusst sein, dass die EU ein Zusammenschluss von 28 Staaten ist. Was entschieden wird, hängt immer damit zusammen, was die 28 Mitgliedstaaten zulassen.

Sie waren erste, zweite und dritte Präsidentin des Salzburger Landtags. Was waren die Unterschiede zur Arbeit in Straßburg?
Die örtliche Entfernung. In der Gemeinde- und Landespolitik bist du vor Ort, ständig in direktem Kontakt zu den Menschen, Problemen und Projekten. Alle Delegierten im Kongress müssen zu Hause ein aktives Mandat auf Landes- oder Gemeindeebene haben. Dadurch geht der Kontakt zu den Problemen vor Ort nicht verloren.

Nach beinahe 20 Jahren Politik haben Sie Ihren Abschied verkündet. Was machen Sie als nächstes?
Ich bin im Gespräch für einige Projekte und hoffe, dass ich in Zukunft einiges von dem, was gelernt habe, noch einbringen kann. Darüber hinaus habe ich Familie,für die ich jetzt mehr Zeit habe. Ich freue mich auf das, was die Zukunft bringt.

Interview von Thomas Fuchs

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