Tiroler Frauenpower Teil 1: "Theater ist ein Erlebnis", sagt Julia Gschnitzer

Julia Gschnitzer (86) ist Tirolerin und lebt hauptsächlich in Salzburg. Von der Bühne hat sie sich im Jahr 2016 verabschiedet.
  • Julia Gschnitzer (86) ist Tirolerin und lebt hauptsächlich in Salzburg. Von der Bühne hat sie sich im Jahr 2016 verabschiedet.
  • hochgeladen von Sieghard Krabichler

Geschätzte Frau Gschnitzer, Sie debütierten 1951 am Tiroler Landestheater als 20-jährige Schauspielerin. Was hat sich im Laufe dieses langen Theaterlebens verändert?
Julia Gschnitzer: „Viel. Schauen Sie, heute müssen Schauspieler eine vierjährige Ausbildung mit Abschlussprüfung absolvieren. Erst dann haben sie Chancen, eine Rolle zu ergattern. Zu meiner Zeit zählte das nicht. Es kommt doch nicht auf Ausbildung und Prüfung drauf an. Es zählt einzig das Talent. Aber heute als junge Schauspielerin ist es weit schwerer, eine Ensembleanstellung zu bekommen. Und heute drängen viel mehr in diesen Beruf. Ich war in der glücklichen Lage, immer einen Jahresvertrag zu haben.“

Was ist Ihr Favorit als Schauspielerin, Film oder Bühne?
„Die Bühne. Ich habe seit Beginn meiner Karriere nie an Fernsehen oder Film gedacht. Das ist halt so dazugekommen.“

Und was reizt Sie so am Theaterspiel?
„Theater ist ein Erlebnis, weil man live auf der Bühne steht. Und: Man gibt sich dieser Rolle hin, sie muss intensiv erarbeitet werden, man wird eins mit dieser Figur. Beim Fernsehen kann man sich gar nicht so intensiv mit den Rollen beschäftigen, es bedeutet für den Schauspieler, sich zurückhalten zu müssen. Und deswegen bin ich ja nicht Schauspielerin geworden."

Seit 2016 haben Sie sich von der Bühne verabschiedet, Sie stehen im 86. Lebensjahr. Wie geht es Ihnen ohne die Bretter, die die Welt bedeuten?
„Ich habe erst im vergangenen Jahr als Jedermanns Mutter in Salzburg aufgehört, auf der Bühne zu stehen. Ich mache aber noch Lesungen und gebe ein wenig Unterricht. Aber es fehlt mir nicht, im Gegenteil, ich bin erleichtert, die Angst vor Texthängern hat mir die Freude an der Sache genommen. Jetzt genügt es.“

Gab oder gibt es auf der Bühne eine Traumrolle für Sie?
„Eigentlich nicht. Es waren viele große Rollen die mich faszinierten. Und als Schauspieler und Mensch entwickelt man sich weiter, auch die Rollen werden andere. Dadurch ist jede Rolle irgendwie eine Traumrolle.“

Gibt es noch geplante Arbeiten für das Fernsehen?
„Ein kleines Projekt mit Hermann Weiskopf ist angedacht, aber größere Fernseharbeiten zurzeit nicht.“

Eine der letzten Arbeiten war die Mitwirkung im ORF-Landkrimi „Sommernachtsmord“, der ja im Stubaital und im Wipptal nicht gerade wohlwollend aufgenommen wurde. Wie geht es Ihnen mit solchen klischeehaften Rollen?
(Lacht). „Wie ich das Drehbuch in die Hand bekam, dachte ich mir ‚o mei, o mei’. Aber es hat meine Rolle nicht so stark betroffen wie andere, und so wichtig nehme ich dann diese Fernsehrollen nicht. Es hat aber Spaß gemacht, in dieser tollen Umgebung mit meinen bekannten KollegInnen zu arbeiten. Aber irgendwie war ich schon traurig, dass Mitterer da nichts besseres eingefallen ist.“

Sie haben eine Reihe von Auszeichnungen erhalten. Wie wichtig sind diese persönlich für Sie? Sind Sie auf eine ganz besonders stolz?
„Wenn ich auf eine stolz bin, dann auf den Titel Kammerschauspielerin (1989). Denn damals gab es Kammerschauspielerinnen nur im Burgtheater und in der Josefstadt. Ich war die erste im Volkstheater. Aber ich habe nie wegen der Ehre Theater gespielt, sondern wegen dem inneren Drang. Auch Gagen haben mich nie interessiert, ich bin immer gut mit dem verdienten Geld ausgekommen.“

Sie blicken auf ein arbeits- und ereignisreiches Leben zurück. Und in manchen Rollen ist der Tod Ihr Schauspielbegleiter gewesen. Wie denken Sie über den Tod im realen Leben?
„Bis zum 80. Lebensjahr war der Tod kein Thema. Jetzt bin ich wieder ein Stück älter und nach einem Wirbelbruch im Winter beschäftigt mich der Gedanke, dass wenn man sich nicht umbringt, sein Ende nicht in der Hand hat. Einzuschlafen und nicht mehr aufzuwachen wäre ein Wunsch. Nur sich in eine Abhängigkeit begeben zu müssen, wäre ein schlimmer Gedanke für mich. Denn ich habe mein ganzes Leben allein gelebt und musste bisher alles alleine bewältigen.“

Gibt es noch Wünsche für den letzten Lebensabschnitt?
„Ja, ich habe einen Wunsch. Ich möchte unbedingt nach Krakau reisen, diese Stadt fasziniert mich sehr. Auch Besuche in Südtirol will ich noch machen, und ein Treffen mit lieben Kollegen sollte sich auch noch ausgehen."

Wenn Sie Bilanz über Ihr Schauspielleben ziehen müssten, wie würde die lauten?
„Ich würde es wieder tun.“

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