Pflege
Personal schlägt seit einem Jahr Alarm, passiert ist wenig

Am heutigen 12. Mai ist der Tag der Pflege | Foto: Alexander Raths/Fotolia
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  • Am heutigen 12. Mai ist der Tag der Pflege
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TIROL. In Zeiten der Pandemie steht der heutige Tag der Pflege in besonderem Anbetracht. Tirols ÖGB-Vorsitzender Philip Wohlgemuth zeigt sich enttäuscht, dass sich seit einem Jahr fast nichts in der Pflege geändert hat. Mit einer Kundgebung am Landhausplatz soll erneut auf die Probleme aufmerksam gemacht werden.

Eine traurige Bilanz

„Es ist bereits fünf Minuten nach 12, ein starkes soziales Netz ist das, was unsere Gesellschaft jetzt mehr denn je braucht", so Wohlgemuth. Die Tiroler Gewerkschaften GPA, GÖD, younion_Die Daseinsgewerkschaft und vida setzten mit einer plakativen Aktion um 5 nach 12 Uhr am Tiroler Landhausplatz ein Zeichen für Beschäftigte im Pflegebereich.
Zusammen mit verschiedenen VertreterInnen der Branche hat die Gewerkschaft ein Forderungspapier erarbeitet. Das erklärte Ziel dieser Aktion ist es, mithilfe besserer Rahmenbedingungen die Belastungen für Beschäftigte zu minimieren und auf lange Sicht das Arbeitsfeld der Pflege attraktiver zu gestalten. 

Personalmangel wird sich verstärken

„Ohne einem nachhaltigen Gesundheitssystem, dem funktionierenden sozialen Netz und dem unermüdlich engagierten Einsatz der Pflegekräfte hätte uns die Corona-Krise zweifellos noch härter getroffen“, so Gerhard Seier, Vorsitzender der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst (GÖD) Tirol.

Er warnt davor, dass sich der Fachkräftemangel im Pflegebereich sowohl in den Spitälern als auch in Alten- und Pflegeheimen laut Prognosen in den nächsten Jahren durch die Pensionswelle der geburtenstarken Jahrgänge verstärken wird. Für ihn sei es deshalb umso wichtiger, in die Ausbildung zukünftiger Pflegekräfte zu investieren.
Er verweist zudem darauf, dass geforderte Weiterbildungsangebote oft kostenintensiv sind und zudem verfügbare Plätze rar. „Eine gute Aus- und Weitebildung ist essentiell für die Beschäftigten und auch die zu Pflegenden, da darf keinesfalls gespart werden", so Seier

Die heutige Kundgebung am Innsbrucker Landhausplatz | Foto: ÖGB Tirol/Sachers
  • Die heutige Kundgebung am Innsbrucker Landhausplatz
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Tiroler Politik wird zum handeln aufgefordert

Harald Schweighofer, Landesgeschäftsführer der Gewerkschaft GPA Tirol, sieht vor allem die Tiroler Politik am Zug, das längst beschossene Pflegepaktum umzusetzen. Er appelliert an die Landesregierung: „Die Devise gleiches Gehalt für gleiche Arbeit am gleichen Ort ist man den Beschäftigten nach wie vor schuldig. Das ist schlichtweg ein untragbarer Zustand und wohl für niemanden nachvollziehbar, warum man hier seit Jahren säumig ist. Ebenfalls ein absolutes Muss sind fair bezahlte Praktika im Gesundheits- und Sozialbereich. Während ihrer Ausbildung müssen die Studierenden rund 2.500 Euro Studiengebühren bezahlen und im selbem Zeitraum 2.000 Praktikumsstunden absolvieren, das entspricht 2.000 Stunden unbezahlter Arbeit. Da muss endlich Fairness kommen.“

Ungleichbehandlung in der Realität

„Mit der Zulage von 205 Euro, die betriebsintern vereinbart werden kann, wurde leider in der Realität mehr Chaos verursacht, obwohl das Signal an die Beschäftigten gut gemeint war. Auch die ungleiche Bezahlung in so gut wie allen Altenheimen muss endlich in den Griff bekommen werden. In der Pflegebranche arbeiten überwiegend Frauen. Sie sind nach wie vor in vielen Lebensbereichen, mittlerweile auch verstärkt durch die Corona-Krise, benachteiligt. Es ist unsere Aufgabe, dem speziell in der Pflegebranche entgegen zu wirken und einen gerechteres Arbeitsumfeld zu schaffen!“, betont Verena Steinlechner-Graziadei, Vorsitzende der younion_Die Daseinsgewerkschaft Tirol.

Verbesserte Ausbildung und Arbeitsbedingungen

Emanuel Straka, Sprecher für den Pflegebereich in der Gewerkschaft vida Tirol, betont, dass die belastende Situation für die Pflegebeschäftigten sowohl psychisch wie auch physisch äußerst herausfordernd ist. Er sieht notwendige Verbesserungen der derzeitigen Arbeitssituation als vorrangiges Ziel: „Mehr Geld, mehr Personal, mehr Freizeit‘ – das wäre die Formel, um den anhaltenden eklatanten Personalmangel im Bereich der Pflege zu meistern. Damit könnte man vielleicht auch jenes Personal, das der Pflege aufgrund der zu hohen Belastungen den Rücken gekehrt hat, zurückholen.“

Krisensicherer Job in der Branche

„Hier müssen wir ansetzen: Entlastung durch Personalaufstockung und familienfreundlichere Arbeitszeiten sind die Meilensteine, die jetzt noch vor uns liegen. In unserem Forderungspapier greifen wir zentrale Punkte auf: die Entlastung der Beschäftigten wir auch der Familienangehörigen, die zu Hause betreuen, die Überarbeitung des Pflegeschlüssels, faire Bezahlung, das Gegensteuern bei psychischen und physischen Belastungen sowie Erholungsphasen und mehr Freizeit, um völlige Erschöpfung unbedingt zu vermeiden. Wir werden das von uns in Zusammenarbeit mit Beschäftigten in der Pflege erarbeitete Maßnahmenbündel in den kommenden Wochen der Öffentlichkeit und den verantwortliche PolitikerInnen vorstellen und erwarten uns dann baldige Umsetzung. Die Uhr tickt, es ist fünf nach zwölf!“, warnt der ÖGB-Vorsitzende Wohlgemuth abschließend.

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