Umweltgruppe verteilt Schwalbennester
Königstetter Umweltgruppe will Ansiedlung der Vögel forcieren.
KÖNIGSTETTEN / BEZIRK TULLN. "Es ist einfach wahnsinnig nett zuzuschauen, die sind gesellig und zwitschern. Und das gehört für mich zum Sommer", sagt Gertraud Grabherr von der Umweltgruppe FUER.
Die Rauchschwalbe gilt als Bote des Glücks und ist so stark wie kaum ein anderes Tier im Volksglauben verwurzelt. Demnach bewahrt eine nistende Schwalbe das Haus vor Feuer und die Stalltiere vor Krankheiten. Der Populationsrückgang bereitet Ornithologen und Umweltbewussten Kopfzerbrechen, so auch Grabherr. Grund dafür sei, dass ein Missverständnis vorliege, dass Schwalben nicht in Ställen nisten dürfen. "Nach wie vor hält sich das Gerücht hartnäckig, dass die Tiere in Viehställen nicht nisten dürfen, denn das wäre mit der EU-Hygienevorschrift nicht vereinbar", so Susanne Schreiner von BirdLife Österreich. Damit wolle man aufräumen, den Menschen – vor allem auch den Zuzüglern – im ländlichen Lebensraum den Benefit von Schwalben näherbringen.
Die besten Gelsenkiller ever
"Die Vögel fressen pro Brut etwa 1,5 Kilogramm Insekten", weiß Grabherr, was pro Saison drei Kilo ergibt. Um sie Schwalben ansiedeln zu können, werden nun entsprechende Nester gratis zur Verfügung gestellt (siehe "Zur Sache"). Und dort lassen sie sich nieder? "Wo Vögel sind, fliegen Vögel zu", sagt Grabherr, dass "die Wohnungsnot der Schwalben dermaßen groß ist, dass man hofft, dass sie die Nester annehmen". Gatte Professor Georg, berühmter Botaniker, lacht: "Auf die Tiere ist eben kein Verlass. Das hab ich schon immer zu meinen Studenten gesagt. Und dann ist es doch eine große Überraschung, wenn sie tun, was man von ihnen erwartet". Warum Schwalben keine eigenen Nistplätze bauen liege daran, dass ihnen an den glatten Häuserfassaden keine Möglichkeit mehr geboten werden. Natürlich ist man sich des Schmutzes, die die Schwalben anrichten, bei der Umweltgruppe bewusst, und weiß aber, dass "man nur unter dem Nest ein Brett anbringen muss. Dann verrichten die Schwalben ihr 'Geschäft', keine Hausmauer wird beschmutzt". Eines steht fest: Auch wenn man ein Schwalbennest montiert, ist dies noch kein Garant dafür, dass es auch bewohnt wird: "Das ist keine lineare Geschichte, es ist nur ein Angebot", so Grabherr abschließend, die jedoch dieses Projekt nicht ohne "meine Mitglieder in der Umweltgruppe verwirklichen könnte", wie sie betont.
Schwalbenhilfe Königstetten
Die Marktgemeinde Königstetten macht derzeit eine rasante Entwicklung vom Bauerndorf zu einer typischen „Speckgürtel-Gemeinde“ im Wiener Umland durch – mit allen damit verbundenen Konsequenzen. Die Einwohnerzahl ist in den letzten Jahren stark gestiegen, damit einher ging eine äußerst rege Bautätigkeit, die mittlerweile ins ursprüngliche Ackerland ausgreift. Es werden und wurden nicht nur Wohnungen und Häuser gebaut, sondern das Dorf wird immer „sauberer“, Straßen und Wege werden asphaltiert, ungenutzte Winkel verschwinden zusehends. Gleichzeitig hat die allgemeine Entwicklung der Landwirtschaft auch vor Königstetten nicht halt gemacht. Ackerbeikräuter sind zu Seltenheiten geworden, manche sogar ausgestorben (wie z.B. der Venusspiegel). Und bedrohliche Entwicklungen wie Insektensterben und Rückgang der Feldvögel drohen.
Die Umweltgruppe FUER Königstetten befasst sich seit vielen Jahren mit den verschiedensten Aspekten der Natur rund ums Dorf. Dabei sind uns ganz besonders in den beiden letzten Jahren die Schwalben aufgefallen. Zwei Reitställe sind sozusagen „hot spots“ der Königstetter Rauchschwalbenpopulation. Vor allem im trockenen Frühjahr 2016 bemerkten wir erstmals, dass die Schwalben zusehends Schwierigkeiten bekommen, geeignetes Nistmaterial zu beschaffen. Versuchsweise hielten wir eine „Gatschlacke“ auf einer Pferdekoppel feucht, was bei den Rauchschwalben enormen Anklang fand und in der Umgebung zu einer deutlichen Zunahme der Nester führte. Dadurch aufmerksam geworden, mußten wir aber feststellen, dass andererseits die Mehlschwalben immer weniger wurden. Diese Beobachtungen führten zu unserem Projekt „Schwalbenhilfe Königstetten“.
Projektziel:
Wir streben eine dauerhafte Sicherung der Populationen von Rauch- und Mehlschwalben an. Dabei soll nicht nur die Nesterzahl gehalten (Rauchschwalben) bzw. erhöht werden (Mehlschwalben), sondern es soll auch die Futtergrundlage erhalten bleiben.
Wege zum Ziel:
Sensibilisierung der Bevölkerung für das Thema Schwalben, Infokampagne
Suche nach Schwalbenfreunden und Vernetzung
Anlage von zwei „Schwalbenlacken“ zur Versorgung mit natürlichem Nistmaterial
Zusätzlich Abgabe von Kunstnestern an Schwalbenfreunde
Anlage von Blühstreifen um das Insektenangebot zu verbessern
Nest-Monitoring
Anlage von „Schwalbenlacken“ und Blühstreifen
Die Gemeinde hat nach entsprechenden Gesprächen bereits eingewilligt, der FUER dafür einen ca. 3.000 qm großen Grundstücksstreifen zu überlassen, der langfristig für die Erweiterung des Friedhofes gewidmet ist, in den nächsten Jahren aber nicht gebraucht wird. Ebenfalls hat die Gemeinde bereits zugestimmt, auf dem Gelände des Gemeindesammelzentrums versuchsweise eine „Gatschlacke“ für die Schwalben zu unterhalten.
Nest-Monitoring
Um die Auswirkungen unserer Bemühungen beurteilen zu können, planen wir für drei Jahre ein Nest-Monitoring. Dabei zählen wir jeweils in der Brutzeit die Zahl der beflogenen Nester im Gemeindegebiet, natürlich getrennt für die beiden Arten. Die Ergebnisse werden wir in der Gemeindezeitung veröffentlichen und hoffen dadurch auf eine weitere Motivation der GemeindebürgerInnen zugunsten der Schwalben.
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