Käpt’n Malibu
Sonnberger verschmolz zwei Autos zu einem

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Robert Leibetseder ist Schöpfer des vermutlich ersten Autenrieth-Opel Coupes mit V8-Maschine.

SONNBERG. Kapitän Malibu – Das wirft Fragen auf. Genauso ist es gedacht. Der Opel Kapitän ist vielen Schraubern vielleicht noch ein Begriff. Jedoch ein Zweitürer, als Coupe und dann auch noch Malibu? "Ja genau, Malibu. Einer aus der Zeit, als Chevrolets noch nicht komplett zum Kleinwagen geschrumpft wurden. Also noch so richtig satt mit V8-Motor und vollen fünf Litern Hubraum. Und das alles unter die Motorhaube gepackt in ein Auto, das es so bisher gar nicht gab", so Auto-Createur Robert Leibetseder aus Sonnberg.

Kreation langer Winternächte im Mühlviertel

Und so wurde die Idee für das Malibu-Autenrieth-Projekt geboren: Leibetseder entdeckte einen prächtigen Bildband über die deutsche Karosserie-Firma „Autenrieth“, samt Foto von einem noch nie gesehenen Kapitän Coupe auf Basis der Baureihe 1955 bis 1958. Daraufhin folgten schlaflose Nächte. Dann das Stöbern nach Teilespendern. Und schon bald ließ sich der Verlauf der Geschichte nicht mehr beeinflussen.

Ex-DDR-Auto

Eine Nachschau in den Garagen-Katakomben des Opel-Freundes und Sammlers ergab folgendes Bild: Ein Kapitän aus dem Baujahr 1954 war aus dem deutschen Jena angeliefert worden. Für alle, die jetzt sagen „Welch ein Frevel!“, hier die Entwarnung: Das Auto aus der DDR war untenherum unrettbar an den Rostfraß verloren. Und in einem Holzschuppen auf dem Leibetseder-Anwesen fand sich alsbald ein genialer Teileträger der Marke Chevrolet Malibu im Sheriff-Look ein. Er sollte das Fahrgestell und die wesentlichen technischen Bauteile spendieren.
Der Malibu war natürlich bereits „mit voller Absicht“ von Robert Leibetseder und seinem Sohn Alex heimgeholt worden. 

Sound und Leistung

Bis zur Vollendung des Autenrieth-Opel-Kapitän-Coupes sollten allerdings noch drei volle Winter und zwei ganze Sommer vergehen. Was hier als leichtfüßige Verschmelzung zweier Autowelten geschildert wird, war in Wirklichkeit ein Projekt, das genau geplant und vorbereitet sein wollte. „Den Chevrolet Malibu habe ich mir gezielt ausgesucht, da er nahezu den gleichen Radstand, wie der Kapitän hat. Auch der Achtzylinder war perfekt für meine Zwecke,“ sagt Leibetseder, der Fan von Leistung und sattem Sound ist. Während er die Motorhaube öffnet, gesteht er auch seine Beweggründe: „Ich wollte das Autenrieth-Projekt mit dem V8-Motor einfach auf die Spitze treiben.“

Risikoreich und schweißtreibend

Und nun zum „Making Of“, im wahrsten Sinn des Wortes: Karosserie des Malibu wurde vorsichtig vom Rahmen gehoben, der „selbsttragende“ Kapitän wurde ebenfalls entsprechend mit der Flex bearbeitet und schließlich mittels Deckenkran auf das „neue“ Fahrgestell gehoben. Was sich hier leichtfüßig liest, das war selbstverständlich schweißtreibende stundenlange, ja tagelange Arbeit, bei der auch manches Malheur passierte. „Einmal stürzte uns die ganze Karosserie herunter. Da muss man schon sehr vorsichtig sein und viel Glück haben“, sagt der Sonnberger, selbst aus dem Baujahr 1958, der eine solide Ausbildung an einer Maschinenbau-Schule in Linz genossen hat.

Unkonventionelle Mixtur

„Den Malibu-Rahmen habe ich anschließend mit der Kapitäns-Karosserie verschraubt. Im Grunde habe ich das System der Malibu-Konstruktion beibehalten“, schildert der leidenschaftliche Opel-Sammler, der auch Fahrzeuge im Originalzustand sein eigen nennt. Aber beim Thema „Crossover“ reizt er gern die Möglichkeiten aus und lässt dabei Konventionen hinter sich.

Mehr Zylinder, mehr Durst

Nun zu den unzähligen Adaptierungs-Details, von denen wir uns nur ein paar Gustostückchen herauspicken wollen: Der Tank wurde zurück versetzt, dabei auseinander geschnitten und mittels Blechstreifen größer zusammengeschweißt. „Diese zehn Liter mehr Volumen, die braucht er“, sagt Leibetseder mit verschmitztem Lächeln. Zum Vergleich: Das Original hatte 68 PS aus 2,5 Litern Hubraum. Doch nicht immer war alles von Leichtigkeit begleitet, bei der Tüftelei und Schwerarbeit in der heimatlichen Garage. „Im zweiten Winter gab es dann ein Tief, ich wollte nicht mehr, es war überhaupt nicht mehr lustig für mich.“ Auch eine sommerliche Schaffenspause zum Kräftesammeln war angesagt. Selbst der „Worst Case“ wurde angedacht: „Ich verschrotte alles, dann habe ich halt ein paar tausend Euro versenkt.“

Aber es kam anders

Das Projekt reifte weiter. Es galt, für die Coupe-Silhouette die gekappte B-Säule und die C-Säule zu versetzen sowie die verbliebenen Front-Türen, aber auch den Kofferraumdeckel zu verlängern. „Ich wollte einen schönen Zweitürer nach dem Coupe-Vorbild schaffen und nicht einfach die hinteren Türen zuschweißen.“ Und weil Leibetseder die Flex schon „bei der Hand hatte“, wurde ein großes Faltschiebedach eingebaut. Für die Sonnenstunden bei den Ausfahrten.

Unkonventionelle Lösungen

Dennoch: An dieser Stelle, auch angesichts der Vollendung, eine Warnung an alle, die ein derartig abartiges Projekt realisieren wollen: „So etwas sollte man sich schon sehr gut überlegen, denn es gibt jede Menge Detail-Probleme zu lösen. Probleme, die man nur unkonventionell lösen kann.“
Sohn Alex half bei einigen wesentlichen Phasen mit, hätte jedoch am liebsten eine andere Kapitäns-Variante umgesetzt: Die Karosserie „Choppen“ und deutlich tiefer legen. Ein „minimalistischer“ Generationenkonflikt – im Ansatz – sozusagen. Respekt zollt der Junior seinem Vater bei der Herangehensweise: „Es wurde nicht alles im Detail vorbereitet oder ein Plan gezeichnet. Die Teile wurden meist mit viel Gefühl in der momentanen Situation passend gemacht“.

Schrauben statt fahren

„Mit Flex, Schweißgerät und vielen Experimenten“, ergänzt der Schöpfer des vermutlich ersten Autenrieth-Opel Coupes mit kraftvoller V8-Maschine. Und offenbart nebenbei seine Philosophie: „Eigentlich geht es mir mehr ums Schrauben, weniger ums Fahren.“ Ausnahmen sind selbstverständlich die Ausfahrten zu einschlägigen Opel-Treffen, um hier für Überraschungseffekte zu sorgen. Nicht nur mit dem kernigen V-8-Sound.

Technik Chevrolet Malibu Baujahr 1980, Teilespender
• 5 Liter V8 Motor
• Leistung 165 PS
• Dreigang-Automatik von General Motors
• Eigengewicht 1.500 Kilo
• 12 Volt
• Servolenkung und Servobremse (Malibu)
• Spitzengeschwindigkeit 165 Stundenkilometer
• Extra: Faltschiebedach
• Farbe: Royal Blau, original Opel-Farbe aus den Sechzigern

Karosserie Opel Kapitän, Baujahr 1954
• Baujahr 1954
• Restaurations-Abbruch in Jena, früher DDR, gefunden

Robert Leibetseder, die treibende Kraft hinter dem Projekt
• Geboren 1958
• Absolvent der Paul-Hahn-Schule in Linz (Maschinenbau)
• Besondere Merkmale: Spielerischer Umgang mit Flex und Schweißgerät
• Vater eines Sohnes: Alex
• Tierliebend: Inzwischen vier Katzen, wobei sich Alisa besonders in der Werkstatt wohlfühlt – „Werkstattkatze“
• Weitere Fahrzeuge: Opel Rekord, VW T3 Doka, Opel Kapitän (Serienzustand, 1958), Cadillac Coupe DeVille, 1959, V8, 6,4 Liter (Originalzustand) sowie ein Schlüsselloch Kapitän aus dem Baujahr 1958 mit viel Patina und „Punch“. „Eigenartigerweise“ findet sich in diesem Fahrzeug ein Achtzylinder Motor aus einem Chevrolet samt Getriebe und Hinterachse, Baujahr 1983. Dieses Fahrzeug wurde in den Jahren 2010 bis 2012 umgebaut, es war gleichsam Probelauf für das Autenrieth-Projekt.

Karosserieschmiede Autenrieth aus Darmstadt
Das Unternehmen existierte von 1921 bis 1964. Auf Kundenwunsch wurden verschiedene Limousinen, Coupes, Cabrios hergestellt, auf Fahrgestellen der Marken Adler, Audi, BMW, Horch, Maybach, Opel, NSU und auch VW.

Fotos: Leibetseder, Hofbauer

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Foto: Cityfoto
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