"Entwicklung mit der Natur fördern"
Kinderbetreuung im Wald hat nicht nur gesundheitliche Vorteile, auch die soziale Ader wird gefördert.
KIRCHSCHLAG/WALDING (vom). Natur erleben, Regelmäßigkeit, Rituale, Zeit, innere Ruhe, Ausgeglichenheit. So beschreibt Waldorfpädagogin Rosa Thaller die Reize der Waldorfkindergruppe in Walding. In ihrem Gruppenraum treffen sich die Kinder vier mal pro Woche um 8 Uhr. "Wir haben jeden Tag denselben Ablauf. Jedes Kind wird beim Ankommen begrüßt, dann bereiten wir gemeinsam die Jause zu. Nach dem Morgenkreis und der Jause gehen wir gemeinsam in den Garten. Bevor die Kinder wieder abgeholt werden, gibt es ein Puppenspiel oder eine Geschichte. Dieses tägliche Ritual gibt den Kindern Sicherheit, Selbstvertrauen und Geborgenheit", erklärt Rosa Thaller. Die Kinder sind täglich und bei jedem Wetter draußen. "Dadurch wird nicht nur das Immunsystem der Kinder gestärkt. Sie sind auch viel ausgeglichener", sagt Marie Ruprecht-Wimmer. Sie bringt ihre Tochter vier Mal in der Woche von Aschach in die Waldorfkindergruppe nach Walding. "Die innere Ruhe der Pädagoginnen, die gute Atmosphäre sowie der gegenseitige Respekt in der Gruppe und gegenüber der Natur machen die Kindergruppe so besonders. Das ist aber erst spürbar wenn man es selbst miterlebt hat", so die Mutter.
Die soziale Ader fördern
In der Waldorfpädagogik hat jeder Tag ein Motto. Dienstag ist beispielsweise immer Brottag. Die Kinder lernen nicht nur über die Herstellung, sondern dürfen auch aktiv mithelfen. Am Mittwoch geht es in den Wald. Dort können die Kinder Tiere und Natur beobachten. "Die Achtsamkeit, welche die Kinder im Wald lernen, spiegelt sich auch im Zusammenleben. Die soziale Ader wird somit gefördert", erklärt Rosa Thaller. Durch dieses wöchentliche Ritual werden die Tage so für die "Naturkinder" überschaubar. "Der Tagesablauf in der Kindergruppe gleicht einem ständigen Ein- und Ausatmen, einem Wechsel von Phasen des Freispiels mit Phasen des Einordnens in das Gruppengeschehen", so die Waldorfpädagogin.
Kinder von drei bis sechs Jahren können bis zum Schulanfang ihre Kreativität in der Waldorfgruppe in Walding ausleben. Der Umstieg in die Schule fällt den Kindern, laut Rosa Thaller nicht schwerer als sonst: "Die Kinder sammeln schon vorrätig Bewegung in der Kindergruppe. In der Schule sind sie dann sehr gut organisiert." Die Einrichtung gehört der Pfarre und wird vom Land Oberösterreich nicht als Kindergarten anerkannt. Aus diesem Grund bleiben Förderungen aus und die Kindergruppe muss sich durch Sponsoren wie Spenden von Vereinen oder heimischen Betrieben finanzieren.
Eine gesunde Alternative in Kirchschlag
Eine besondere Kinderbetreuung bietet auch Christine Kainderer aus Kirchschlag an. "Ferien im Wald" nennt die Pädagogin die Einrichtung, in der sie über den Sommer etwa 100 Kinder aus sieben Gemeinden betreut. Dabei sind die Vier- bis Zehnjährigen von Montag bis Freitag draußen in der Natur. "Kaum Kinder wollen drinnen bleiben. Sie wollen täglich neue Abenteuer und Gemeinschaft erleben. Der Wald fängt den Lärm ab, der bei Regelkindergärten in den Gruppenräumen herrscht. Durch die Ruhe werden die Kinder nicht gegenseitig abgelenkt und somit sinkt auch das Konfliktpotenzial", sagt die Kirchschlagerin.
Christine Kaineder ist bereits über 30 Jahre Kindergartenpädagogin. Ihr eigentliches Ziel war es, in Kirchschlag einen Waldkindergarten zu gründen. Da jedoch die Finanzierung sehr schwierig ist und nicht genug Anmeldungen vorlagen, wurde der Antrag abgelehnt. "Leider sind viele Eltern noch sehr unsicher was die Betreuung im Wald betrifft. Viele wissen garnicht, dass die Waldpädagogik eine gesunde Alternative zu regulären Kindergärten ist", sagt Christine Kaineder. An oberster Stelle steht für Waldpädagogen, dass die Kinder lernen, sich als Person wahrzunehmen und rücksichtsvoll agieren, dass sie spüren, ein Teil der Natur zu sein, aufeinander aufpassen und Tiere und Pflanzen kennenlernen. "Dabei ist wichtig, dass auch im Wald alle Bildungsbereiche abgedeckt werden können", so die Kindergartenpädagogin.
Kinderärztin von Waldbetreuung überzeugt
Auch die Kinderärztin Isabelle Hetzmannseder aus Ottensheim ist von der Betreuung in der freien Natur überzeugt: "Kinder, die viel Zeit draußen verbringen, werden sehr robust. Sie erkranken nicht so oft an Infekten, da ihr Immunsystem gut ausgeprägt ist. Außerdem wird die Grobmotorik gefördert, durch beispielsweise das Balancieren auf Baumstämmen."
Waldbetreuung
• Der Waldkindergarten ist eine Form der Kinderbetreuung, welche aus Skandinavien kommt.
• Kernelemente von Waldorfkindergruppen sind feste Rhythmen im Tages- und Wochenablauf und ein starker Bezug zu den Jahreszeiten.
• Der tägliche Aufenthalt in der Natur unterstützt laut Kinderärzten eine positive Entwicklung der kindlichen Motorik und Wahrnehmung in den Bereichen Grob- und Feinmotorik, Koordination und Tiefensensibilität.
• Kinder, die einen Waldkindergarten besucht haben, sind laut Kindergartenpädagogen auf schulische Anforderung nicht weniger gut vorbereitet als Kinder, welche einen Regelkindergarten besucht haben.
• Weitere Infos zu den Einrichtungen in Walding und Kirchschlag unter www.waldorfkindergruppe.com und www.kinderimwald.at
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