Im Frauenhaus Villach
"Nicht jeder Bewohnerin ist nach Weihnachten zumute"
Das Frauenhaus gewährt in Krisensituationen Zuflucht. Auch über Weihnachten ist es voll belegt.
VILLACH (aw). Es riecht nach Mittagessen, in der Küche klappert Geschirr, Frauenstimmen sind zu hören, dazwischen immer wieder Kinderlachen. Das Frauenhaus in Villach ist gut belegt, "die Kapazität ist erschöpft. Auch zu Weihnachten", sagt Christina Kraker-Kölbl.
Kapazität ist erschöpft
Seit April leitet die Steirerin die Einrichtung in Villach. Eine Unterbesetzung habe sie seither noch nicht erlebt. 18 Plätze – für Frauen und Kinder – gibt es hier in Villach, in Kärnten gibt es vier Frauenhäuser. Die Räume sind familiengerecht ausgestattet, teils mit Stockbetten. Viele Frauen kommen mit Kindern her. Die soziale Herkunft sei "völlig unterschiedlich", von Studenten bis zur Geschäftsfrau sei alles dabei, sagt Kraker-Kölbl. Eines hätten aber alle gemeinsam, sie wurden Opfer von "Gewalt" – physischer, psychischer, sexueller oder finanzieller Natur. Insbesondere auch letztere, die finanzielle Gewalt, würde stark zunehmen, berichtet die Frauenhaus-Leiterin.
Was darunter zu verstehen sei? "Das sind Frauen, deren Männer sie nicht arbeiten lassen, ihnen das Geld wegnehmen, ... die sie in eine finanzielle Abhängigkeit zwingen."
Viele kommen mit nichts
Im Frauenhaus untergebracht – die Frau muss dazu selbst anrufen – wird den Bewohnerinnen neben dem Obdach auch weiterführende Hilfe geboten. Beratungen, Kontakte und Hilfestellungen bei Amtswegen seien selbstverständlich. Auch eine Kinderbetreuung im Sinne von Krisengesprächen für Kinder gibt es. "Die Kinder werden ohne Vorwarnung aus ihrem gewohnten Umfeld gerissen. Einige haben Erfahrung mit Gewalt gemacht", erzählt eine Sozialbetreuerin vor Ort.
"Manchmal kommen die Frauen aus einer solchen Notsituation heraus, dass sie nichts bei sich haben außer den Kleidern an ihrem Leib", erzählt Kraker-Kölbl. Gegebenenfalls, sollte die Frau über kein Einkommen verfügen, gebe es auch Taschengeld. Das Einzige, was die Bewohnerin zwingend brauchen würden, wären Papiere, "ein Ausweis, Meldezettel, E-Card", solche Dinge. Notfalls würden diese mithilfe der Polizei nachgeholt werden.
Rund um die Uhr besetzt
Für die Frauen in der Kriseneinrichtung gilt das absolute Schutzgebot, die Adresse des Frauenhauses wird ebenso geheim gehalten wie die Identität der Bewohnerinnen oder die der Betreuerinnen. Rund 20 Mitarbeiter misst das Team, wobei rund die Hälfte geringfügig gemeldet ist. "Wir sind 24 Stunden besetzt. Auch zu Weihnachten."
Weihnachten im Frauenhaus
Am Heiligen Abend selbst werde dann gemeinsam gekocht, gesungen und "Bescherung gefeiert". Da einige der Frauen mittellos sind, werden von den Spenden Geschenke für die Kinder besorgt. "Das ist wichtig, quasi ein Hauch von Normalität", sagt die Frauenhaus-Leiterin.
Natürlich, weiß Kraker-Kölbl, sei nicht jedem nach "feiern" zumute. "Manche erleben diese Tage sehr schmerzhaft und bleiben in ihren Zimmern. Das respektieren wir." Umso schöner, sagt sie, sei es, wenn dann Gelächter durch die Zimmer des Frauenhauses hallt, und ein klein wenig "Normalität" für alle spürbar wird. Und für einige, weiß Kraker-Kölbl, ist die Zeit um Weihnachten und Neujahr auch ein ganz wichtiger Schritt in Richtung "Neuanfang".
Zur SACHE:
Die betroffenen Frauen sind großteils verheiratet, EU-Bürgerinnen oder Österreicherinnen.
Die Frauen sind hauptsächlich in der Altersgruppe zwischen 30-40 Jahre und haben eine mittleren Schulabschluss oder ein (abgebrochenes) Studium und waren zum Zeitpunkt der Gewalteskalation überwiegend berufstätig.
Die Gefährder waren in den meisten Fällen die Ehemänner, sie stammen großteils aus Österreich.
Nach dem Frauenhausaufenthalt zieht der Großteil der Betroffenen in eine eigene Wohnung, ca. 15 Prozent geben ihrem Partner eine weitere Chance und kehren zurück.
Seit dem Bestehen (03/1997) haben 644 Frauen temporär den Frauenhaus-Aufenthalt gebraucht, um ihre Lebenssituation zu verändern.
Bilanz 2017: 34 Frauen und 22 Kinder, im Schnitt zirka 30 Frauen pro Jahr.
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