ANALYSE: Der Standesbeamte ist zum Scheidungsrichter geworden
In einer offenen Abstimmung hat der Villacher SPÖ-Klub also Ex-Vizebürgermeister Richard Pfeiler den Sessel vor die Tür gestellt. Bei 23 Stimmberechtigten votierten am Montagabend 22 Mandatare für Pfeilers Abgang, es gab eine Enthaltung (lesen Sie hier).
Damit ist klar: Pfeiler hat sich mit seiner mehrmals offen vorgetragenen Kritik am Parteichef verpokert. Wenn kein einziger Parteifreund auf deiner Seite ist, hast du etwas falsch gemacht. Wer Pfeiler aber kennt, weiß, dass er nun ernsthaft darüber nachdenkt, den Rauswurf zu torpedieren, der Weg zum Partei-Schiedsgericht steht im Raum. Ob das bei einem so vernichtenden Ergebnis eine gute Idee ist? Sein Problem.
Spannender ist die Frage, ob dieses Ergebnis nicht nur ein Signal gegen Pfeiler, sondern auch eines für Albel war. Das werden die nächsten Monate zeigen. Ob nun wirklich Ruhe einkehrt und Sachpolitik in den Vordergrund tritt, wird davon abhängen, ob die Partei endlich ohne Pleiten, Pech und Pannen durch den politischen Alltag kommt. Die bisherige Performance der SPÖ war mehr als bescheiden. Auch die über Albel wie ein Damoklesschwert schwebenden Erhebungen in der Causa "Bundespräsidentenwahl" (lesen Sie hier) darf man nicht vergessen: Im Falle einer Verurteilung wird es für ihn noch schwieriger. Zumal es in der Partei noch ein paar (derzeit ruhige) Albel-Kritiker gibt.
Im Gemeinderat fehlt der SPÖ durch den Pfeiler-Abgang nun eine Stimme für die absolute Mehrheit. Diese Stimme wird man sich von den anderen Parteien holen müssen. Dass das Prinzip Minderheitsregierung funktionieren kann, hat Albel-Vorgänger Helmut Manzenreiter vorgezeigt. Im Idealfall findet man einen handzahmen Dauerpartner, bei Manzenreiter war es die FPÖ. Schwere Kränkungen wie der Referatsentzug für VP-Chef Peter Weidinger (lesen Sie hier) sind zwar keine optimale Basis, um Mehrheiten zu finden – aber bei fünf Mitbewerbern im Gemeinderat ist die Auswahl größer denn je. Albel will ab sofort Sondierungsgespräche führen.
Damit ist er im Prinzip wieder dort angelangt, wo er beruflich vor seiner Zeit als Bürgermeister zu finden war: beim Standesbeamten, der Partner (vertraglich) zusammenbringt. Eine ihm vertrautere und objektiv wesentlich angenehmere Rolle als jene des Scheidungsanwalts – wie in der Causa Pfeiler.
Deftiger Konter: Richard Pfeilers Abrechnung mit Albel und der Villacher SPÖ
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