Enthüllung zwei Gedenktafeln in Voitsberg

An der Außenfassade der evangelischen Kirche in Voitsberg werden am 7. September zwei Tafeln enthüllt. | Foto: Böhmer
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Der 7. September ist für die evanglische Pfarrgemeinde Voitsberg ein besonderer Tag. Nicht nur, dass im Abendmahls-Gottesdienst um 9.30 Uhr Gottes Segen für den ersten Schultag der Tafelklassler erbeten wird, an diesem Tag enthüllt der Bischof der Evangelisch-lutherischen Kirche, Michael Bünker, im Rahmen des Gemeindefests zwei Gedenktafeln, die nicht unterschiedlicher sein könnten. Eine Tafel zum umstrittenen Altarbild der Kirche und eine weitere Tafel zu Ehren von Pfarrer Erwin Kock.
Das unter Denkmalschutz stehende Albarbild der Voitsberger Kirche, das Kreuzikgung und Auferstehung Jesu zeigt, ist immer wieder Gegenstand von Diskusssionen. Das beim Eintreten der Kirche sofort auffallende Wandgemälde ist ein Werk des Grazer Malers Erich Hönig aus dem Jahr 1936.
Das Altarbild ist nach Ansicht von Experten in seinem Inhalt antisemitisch, eine Sicht, die von vielen Gemeindemitgliedern lange Zeit nicht geteilt wurde. Es stellt eine brennende Synagoge zur Linken des gekreuzigten Christus dar. Mit dieser Darstellung steht das Altarbild in der evangelischen Kirche in Voitsberg in der antijüdischen Tradition der christlichen Kirchen. Durch die öffentliche Anbringung der Gedenktafel distanziert sich die Pfarrgemeinde Voitsberg "mit Scham und Trauer von der jahrhunderte lang wirksamen judenfeindlichen Haltung der christlichen Kirchen" und bekannt sich eindeutig "zum Weg der Umkehr und Erneuerung im Verhältnis zu unseren jüdischen Schwestern und Brüdern." Diese Formulierung stammt aus der Erklärung der Generalsynode der Evanglischen Kirche aus dem Jahr 1998, an der Bischof Bünker federführend beteiligt war.
Nicht zu klären ist, wie der damalige evangelische Pfarrer der Voitsberger von 1934 bis 1940, Erwin Kock, zu diesem Bild stand, dem die zweite Gedenktafel gewidmet ist. Kock kam ins Visier der nazis, weil er bei einer Begräbnisrede für den sozialistischen Stadtamtsvorsitzenden der Stadt Voitsberg, Rudolf Rossmann, gegen die herrschenden Verhältnisse ehrenvoll anredete. Kock, der in Voitsberg unermüdlich versuchte, Bedürftigen zu helfen, wurde am 23. Februar 1940 verhaftet und am 19. Juni 1940 zu 15 Monaten Zuchthaus verurteilt und sofort aus dem Kirchendienst suspendiert.
Nach 1945 wurde Kock rehabilitiert, wirkte als Vorsitzender des Österreichischen Friedensrates und war Mitglied des Ungarischen Friedensrates. Von 1947 bis 1978 war Kock als Krankenhaus- und Gefängnisseelsorger in WIen tätig. Mit der Enthüllung der zweiten Gedenktafel will die Voitsberger Kirchengemeinde dem Mut ihres ehemaligen Pfarrers ein kleines Denkmal setzen. Und sie bekräftigt es auch auf dieser Tafel ausdrücklich: "Die Evangelische Pfarrgemeinde Voitsberg distanziert sich von jeder Form von Diskriminierung und Gewalt."

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