AMS Voitsberg
325 offene Stellen, 1.295 Arbeitslose - wie passt das zusammen?

AMS-Leiter Franz Hansbauer versucht, die Komplexität des Arbeitsmarkt in einfachen Worten zu erklären. | Foto: AMS
  • AMS-Leiter Franz Hansbauer versucht, die Komplexität des Arbeitsmarkt in einfachen Worten zu erklären.
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Der Voitsberger AMS-Leiter Franz Hansbauer erklärt einige Hintergründe zum Arbeitsmarkt.
VOITSBERG. Am Dienstag waren 1.295 Menschen beim AMS Voitsberg arbeitslos gemeldet und 301 Personen befinden sich in einem Aktivierungs- bzw. Ausbildungsangebot. Tägliche Schwankungen in den Vorgemerktenständen von 50 bis 100 Personen sind durchaus möglich, weil es verstärkte Arbeitsaufnahmen zu Monatsbeginn oder umgekehrt eine stärkere Anzahl an Arbeitslosmeldungen bei einem Schlechtwettereinbruch (Bau) oder Saisonende, größere Krankheitswelle, gleichzeitiger Start von mehreren Ausbildungsangeboten usw. "Absolutzahlen sind daher immer mit Vorsicht zu bewerten", sagt der Voitsberger AMS-Leiter Franz Hausbauer.

Viele Beeinträchtigungen

Von den 1.295 Personen haben 888 (68,6%) nur einen Pflichtschulabschluss. 156 (12%) haben eine verbindliche Einstellzusage innerhalb von zwei Monaten - hauptsächlich im Baubereich - und werden vom AMS nicht mehr aktiv vermittelt. 327 (256,3%) besitzen keinen Führerschein und kommen daher für viele Beschäftigungsangebote nicht in Frage. 461 (35,6%) sind über 50 Jahre alt. "Das alter ist häufig ein Grund für schlechtere Arbeitsmarktchancen", erklärt Hansbauer. 391 (30,2%) haben Vermittlungseinschränkungen wie körperliche oder psychische Probleme, hohe Schulden usw.), wobei es hier sehr häufig zu Mehrfacheinschränkungen bei einer Person kommt, genau 100 davon sind anerkannte Behinderte.

Bedarf ist noch viel höher

"Bei den 325 offenen Stellenangeboten kann man davon ausgehen, dass der Bedarf tatsächlich noch viel höher wäre. Eine Stellenmeldung von den Firmen erfolgt nur auf freiwilliger Basis. In den letzten zwei bis drei Jahren konnten wir viele Personalwünsche von den Firmenverantwortlichen nicht erfüllen, daher verzichten diese im Moment teilweise auf die Stellenmeldung beim AMS", so Hansbauer.

Fachkräftemangel

Fachkräftemangel gibt es eigentlich in fast allen Branchen, besonders aber im Gewerbe (Installateure, alle Metallberufe, Mechatroniker, CND-Techniker, Schlosser, Maschinenbautechniker, Tischler, Zimmerer, Dachdecker, Bauspengler, Elektroinstallateur, Friseur, Fliesenleger), in den Pflegeberufen, in der Gastronomie bzw. im Tourismus allgemein und im Handel, wobei man hier eher von einem Arbeitskräftemangel sprechen muss. "Beim Fachkräftemangel denkt man häufig nur an die Lehre, tatsächlich ist dieser Mangel auch im höheren Bildungsbereich wie IT-Branche (Programmierung, technische Planung, Nutzung spezieller Programme), Medizintechnik, Kranken- und Altenpflege, Projektmanagement, Controlling, Physiotherapie usw. gegeben", analysiert der AMS-Leiter. "Wir versuchen mit unseren Mitteln dagegen zu steuern:  Enger Kontakt mit Schulen und Jugendlichen sowie Unterstützungseinrichtungen für Jugendliche, um möglichst viele Lehrverhältnisse zu realisieren. Im letzten Jahr haben wir verstärkt auf Stiftungen gesetzt - 48 schwer oder kaum besetzbare Jobangebote wurden damit abgedeckt."

10 Prozent leicht vermittelbar

Fazit: Wann man alle Parameter berücksichtigt, haben maximal 10 Prozent der Vorgemerkten (ohne Einstellzusage) keine Einschränkungen, eine am Arbeitsmarkt brauchbare Qualifikation und sind daher "leicht" vermittelbar. "Es ist aber auch klar, dass für viele offene Stellen keine geeignete Person zur Verfügung steht. Inzwischen sind viele Unternehmen bereit, bei ihren Wünschen gewisse Abstriche zu machen", so Hansbauer.
Tragisch: Es gibt relativ viele Personen, die im Erwachsenenalter gerne ein Qualifikationsdefizit beheben würden, dies scheitert jedoch häufig daran, dass sie sich die  Ausbildung aufgrund ihrer Lebensumstände nicht leisten können. "Das AMS bezahlt, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind, die Kurs- und Reisekosten und ist während der Ausbildungszeit vollversichert. Man erhält aber während der gesamten Ausbildungszeit "nur" einen Leistungsbezug in der Höhe des Arbeitslosengeldes/der Notstandshilfe, bei einer Stiftung eventuell auch ein "kleines Stipendium" und kann damit fallweise die laufenden Kosten nicht decken.

Falsche These

Die recht häufig aufgestellte These von Menschen, die sich nicht mit dem Arbeitsmarkt beschäftigen, dass 1000 offene Stellen in kurzer Zeit 1000 Arbeitslose weniger bedeuten, ist absolut nicht haltbar. Wesentlich ist nämlich bei jeder personaleinstellung, ob man sich einigermaßen sympathisch ist und "miteinander kann", so Hansbauer abschließend.

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