Kommentar
Zeig mir deinen Status...

Christian Marold
RZ-Chefredakteur | Foto: RZ

...dann sage ich dir, was du darfst. So oder so ähnlich gestaltet sich seit letzter Woche unser neuer Alltag. Antigentestergebnis zeigen, Check – Zugang gewährt. Impfpass vorweisen – 22 Tage nach der ersten Impfung vergangen oder schon vollgeimpft – Check – Zugang gewährt. Bei den Kindern gibt es mittlerweile den Ninja-Pass. Dreimal in der Woche wird getestet, drei Aufkleber im Pass – Check – sicher ist sicher. Warum dieser Ninja-Pass heißt, weiß keiner, und warum Jugendliche nicht ganz so stolz diesen Pass herzeigen, ist mit Verlaub verständlich. Aber gut, ein Benjamin Blümchen-Pass wäre wahrscheinlich peinlicher. Der sollte aber dann schon beim Öffnen einen Ton von sich geben: Törrrööö!

Ach ja, dann gibt es nach wie vor die Maskenpflicht. FFP-2 muss es sein. Erinnern wir uns an die Zeit vor einem Jahr. Fasching fiel flach, aber die bunten Mund-Nasen-Schutz-Masken haben die Straßen dann doch etwas farbiger gemacht. Laut Regierungsverantwortlichen wird ja diese Woche über eine Maskenlockerung nachgedacht. Kurzer Aufschrei für die Lack und Leder-Veranstaltung auf einem Bodenseeschiff: Und was ist mit uns? Gut, noch sind sich Herr Bundeskanzler und Gesundheitsminister nicht ganz einig, aber wird schon, man kann ja so tun, als hätte man Dinge nie gesagt, nie getan und mit den Landeshäuptlingen wird ein Tabula rasa-Maskenball veranstaltet, damit endlich Klarheit kommt.

Zugegeben, etwas mulmig wird mir schon bei dem Gedanken an manche Lockerungen. Wenn ich mir die Wochenendmärkte in den Städten ansehe, dann ist das zwar ein altgewohntes Bild, aber doch irgendwie befremdlich. So viele Menschen auf einem Fleck bin zumindest ich nicht mehr gewöhnt. Und schon wird man etwas komisch angeschaut, wenn man mit der Maske über den Markt schlendert. Blicke, die verraten, dass manche ähnliche gedankliche Schubladen aufmachen: Ist der mit der Maske womöglich nicht geimpft? Das Alter hätte er oder sie ja. Warum trägt dieser Mensch eine Maske? Aus Schutz? Ist er vielleicht in Quarantäne und verbotenerweise unter uns Getesteten und Geimpften?

Ja, wir werden zukünftig häufiger in Gedanken Bürgerpolizei spielen. Das ist kein neues Phänomen. Das wurde uns so eingeimpft. Vor allem in den letzten Monaten der Lockdownphasen. Ausgangssperre: Hoppla – sehe ich etwa im Garten meines Nachbarn eine Feier mit mehr Leuten als in zwei Haushalten sein können? Stopp! Was macht der Typ da nach 23 Uhr in unserer Straße? Ach so ja, ist der Zeitungsausträger. Und dieses Kontrollorgan in uns macht einfach weiter. Ach, was sind wir froh, dass endlich wieder Touristen kommen! Aber Moment mal, sind die denn alle geimpft, getestet oder genesen?

Für einen sicheren Sommer und zukünftige Wege habe ich absolut nichts gegen eine Maskenverordnung für gewisse Bereiche des öffentlichen Lebens. Schon allein, dass die Grippewelle ausgeblieben ist, zeigt die Sinnhaftigkeit von Hygiene und gewissen Schutzmechanismen. Sind wir doch ehrlich, wer braucht eine Grippe? Weder der Arbeitgeber noch das eigene Immunsystem.
Um es für alle noch einmal klar zu sagen: Eine Impfung bedeutet nicht, gegen Viren immun zu sein. Es mildert lediglich den Verlauf der Krankheit nach einer möglichen Infektion. Ob ich als Geimpfter nicht auch Überträger sein kann, ist wissenschaftlich noch nicht ganz bewiesen, aber logisch wäre es. Das bedeutet aber auch, dass eine Impfung zwar vieles erleichtert und es eine gedankliche Sicherheit gibt, aber es ist kein Freifahrtschein für ein Leben wie vor der Pandemie. Tendenzen - Party wie am Ballermann - der letzten Wochen zeigen das zwar, aber dann lieber mit etwas Ehrfurcht, Abstand und dafür langfristig. Oder wie es Spock aus Star Treck sagen würde: Lebe lange und in Frieden!

Kommentare

?

Du möchtest kommentieren?

Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.

Du willst eigene Beiträge veröffentlichen?

Werde Regionaut!

Jetzt registrieren

Du möchtest selbst beitragen?

Melde dich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.