Waidhofen: Die geheimen X-Akten
Angela Ondracek - Die Hexe von Pyhra (mit Video)
Im Haus der Hexe von Pyhra wurden im Jahr 1959 insgesamt 317 menschliche Knochenteile gefunden.
PYHRA. Das kleine Dorf Pyhra im Norden Waidhofens zählt heute 49 Einwohner. Im Jahr 1960 machte der winzige Ort wegen einer grausamen Tat internationale Schlagzeilen. Die damals 43-jährige Bäuerin Angela Ondracek soll ihre 81-jährige Schwiegermutter ermordet haben.
Die Gründe der Tat liegen wohl in der Familienkonstellation. Angela Ondracek heiratete den im Krieg erblindeten Josef Ondracek. Mit im Haus lebte ihre 81-jährige Schwiegermutter Maria. Eine innige Feindschaft entwickelte sich, von Demütigungen ist da die Rede. Die Alte müsste man vor die Türe setzen, soll Ondracek von ihrem Gatten gefordert haben, weil sie sich zu sehr in die Führung des Hofes einmischte. Angeblich ahnte die Maria bereits, dass Angela nichts gutes im Schilde führte. Weil sie befürchtete vergiftet zu werden, holte sich die alte Frau ihre Milch von einem anderen Bauernhof.
Der "Weibsteufel von Pyhra"
Acht Jahre lang ertrug Angela die verhasste Greisin, bis sie genug hatte: Der Gatte war zur Kur in Bad Schallerbach. Diese nutzte die spätere Angeklagte aus. Sie schlug ihre Schwiegermutter zu Boden und erwürgte sie - so zumindest die Vermtung. Dann zerrte Ondracek die Leiche in den Backofen, schürte ein mächtiges Feuer und verbrannte den Leichnam der Ermordeten. Die Überreste vergrub die Mörderin im Gemüsegarten.
Das war Ondraceks Fehler, wie Historiker Erwin Pöppl gegenüber den Bezirksblättern berichtet. "Das war im März 1959. Da begann Ondracek plötzlich den Garten umzugraben. Das kam den Nachbarn natürlich verdächtig vor, denn da ist bei uns noch Winter". Die alte Frau blieb verschwunden, dafür stieg süßlicher Rauch aus dem Kamin. Die Polizei wurde aufmerksam und durchsuchte das Bauernhaus.
Der Jüngste musste in den Ofen
Dem recht schlanken Waidhofner Gendarm Siegfried Litschauer fiel als jüngstem in der Truppe die grausigste Arbeit zu. Er musste in den Backofen kriechen und nach Spuren suchen. Mit Erfolg: Er fand Überreste menschlicher Knochen sowie zwei angeschmolzene Glasknöpfe einer Weste, die das Opfer Maria getragen hatte, wie eine Schneiderin aus dem Ort bestätigte. Im Garten fanden die Beamten schließlich drei Knochenteile, die eindeutig menschlicher Herkunft waren. Insgesamt trugen die Ermittler 317 angekohlte Knochenreste, davon 51 Schädelteile zusammen.
Historiker und Stadtchronist Erwin Pöppl über den Fall Ondracek:
Ein Jahr und sieben Monate später ging der Prozess über die Bühne. Um einen Lokalaugenschein machen zu können, tagte das Schwurgericht ausnahmsweise im Vereinshaus in Waidhofen. "Der Prozess war überall Thema. Es wurden sogar eigene Logen für die Reporter aus ganz Europa eingerichtet. Als Buben wären wir da natürlich gerne dabei gewesen, aber wir durften natürlich nicht", erinnert sich Stadtchronist Pöppl. Das war wahrscheinlich auch besser so, denn für Elfjährige war der Prozess kaum geeignet: Der Pychiater namens Professor Schulhof bezeichnete die Angeklagte als "kaltherziges, gefühlloses und böses Weib, wie wir es aus dem Märchen kennen". Mit diesen Worten war die Hexe von Pyhra geboren. Zuvor waren in der Presse noch Begriffe wie "Backofenmörderin", "Teufelsweib" und "Weibsteufel" zu lesen.
Tathergang bis heute ein Rätsel
Der genaue Tathergang blieb auch während des Prozesses ein Rätsel, denn die Angeklagte leugnete trotz der erdrückenden Beweise die Tat. Sie hätte lediglich Hühner, die an einer ansteckenden Krankheit verendet waren, verbrannt. Der Staatsanwalt präsentierte einen Zeugen, der Ondracek zwei Monate vor der Tat über den französischen Serienmörder Henri Désiré Landru sprechen hörte. Darüber hinaus soll Ondracek kurz vor der Tat mit einer gefälschten Unterschrift 11.300 Schilling (heute ungefähr 5.700 Euro) vom Sparbuch des Opfers abgehoben haben.
Ondracek blieb stur. Sie leugnete alles. Selbst ihr Verteidiger sah kurz vor dem Urteilsspruch keinen Sinn mehr in der Strategie seiner Mandantin und versuchte sich noch zu einem strafmildernden Geständnis zu bewegen. Doch vergeblich. Angela Ondracek wurde des Mordes schuldig gesprochen und lebenslangem schweren, durch hartes Lager vierteljährlich verschärften Kerker verurteilt.
"I bin unschuldig. I hab ka Schuld net", rief die Verurteilte weinend und wurde aus dem Gerichtssaal geführt. Ondracek verbrachte ihre Kerkerstrafe im Frauengefängnis Schwarzau bei Wiener Neustadt. Nach 15 Jahren wurde sie auf Bewährung entlassen und war sie als Dienstmädchen eines Rechtsanwaltes tätig. Pyhra besuchte sie nie wieder. Angela Ondracek starb 1988.
Zur Sache: Strafrecht von 1852
Gerade in alten Prozessakten ist von Kerker statt Gefängnis und "Verschärfungen die Rede. Diese wurdem im Strafrecht von 1852 geregelt. Dieses galt in Österreich in Teilen bis in die 70er-Jahre. Damals war es üblich Kerkerstrafen mit "Fasttagen" zu verschärfen an denen der "der Sträfling
an einigen Tagen nur bei Wasser und Brot gehalten werde", so der Wortlaut. Ebenfalls möglich war das "Harte Lager". Dieses "besteht in der Beschränkung des Sträflings auf bloße Bretter." Auch Dunkel- und Einzelhaft sowie Schläge mit Ruten oder Stöcken waren als Strafverschärfung möglich.
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