"Unprofessionelle Vorgangsweise"
Vizebürgermeister wegen Kanalprojekt unter Druck

- Martin Litschauer war von Sommer 2020 bis Jahresanfang 2021 de facto Stadtchef. Jetzt will er nicht mehr wissen, wer die Firma IUP mit einer Ausschreibung beauftragt hat.
- Foto: Zellinger
- hochgeladen von Peter Zellinger
Schwere Vorwürfe gegen Martin Litschauer (Grüne): Er soll Aufträge eigenhändig vergeben und Grundbesitzer übergangen haben. Der eigene Koalitionspartner kritisiert Vorgangsweise als unprofessionell.
WAIDHOFEN. Schwere Vorwürfe gegen Waidhofens Vizebürgermeister Martin Litschauer: Er soll in seiner Funktion als Stadtrat Aufträge eigenhändig vergeben haben. Darüber hinaus wollte Litschauer Bauarbeiten für den Kanal in Matzles vergeben, obwohl einige Grundstückseigentümer noch nicht zugestimmt haben. Der eigene Koalitionspartner kritisiert den Grünen-Chef ungewöhnlich scharf und nennt die Vorgangsweise unprofessionell.
Die Vorgeschichte: Seit Jahren fordert Litschauer den Bau eines Kanals in Matzles. Bislang scheiterte das Vorhaben an den Kosten von 1,3 Millionen Euro. 2019 machte schließlich die Behörde Druck: Bis Jahresende 2021 muss der Kanal gebaut sein.
Litschauer: "Grundstückseigentümer legen sich quer"
Eigentlich hätten am Mittwoch die dafür nötigen Beschlüsse gefasst werden sollen. Doch dazu kam es nicht. Vizebürgermeister und Stadtrat Martin Litschauer wollte eigentlich bereits die Erd- und Baumeisterarbeiten vergeben. Es gibt nur einen Haken: Wie der Litschauer selbst zugeben musste, fehlt noch die Zustimmung einiger Grundstückseigentümer. "Die Grundstückseigentümer legen sich quer", so der Vize. Und: Die Gespräche würden ohnehin laufen. Jedoch können Bagger schlecht über Grundstücke rollen, wenn die Einverständniserklärung der Grundstücksbesitzer fehlt, kritisierte Gottfried Waldhäusl (FPÖ) und ortete einen klaren Rechtsbruch. Ähnlich dürfte die Sachlage bei einem geplanten Hochbehälter sein. Dieser steht zwar im Projekt, der Grundstückseigentümer hat aber nicht zugestimmt. Diesbezügliche Gespräche sollen nur zwei Tage vor der Sitzung ergebnislos verlaufen sein.
Zudem soll Litschauer die Firma IUP ohne Beschluss des Gemeinderates mit der Ausschreibung betraut haben. Dieser bestreitet das: Er habe den Auftrag nicht erteilt. Wer diesen erteilt habe, konnte der Vizebürgermeister aber während der Sitzung nicht beantworten. "Ich war's nicht", so Litschauer. Brisant: Litschauer war von Sommer 2020 bis Winter 2021 das de facto Stadtoberhaupt, weiß aber nicht, wer Aufträge vergeben hat. Litschauer am Mittwoch: "Das muss man aufklären."
Da konnte selbst der eigene Koalitionspartner nicht mehr mit und die ÖVP verweigerte dem Vizebürgermeister die Zustimmung. Am Donnerstag übte Bürgermeisterin Eunike Grahofer harte Kritik am Koalitionspartner: "Wenn es in der Zeit, wo Herr Vizebürgermeister NR Ing. Litschauer die Vertretung des erkrankten Bürgermeisters inne gehabt hat, zu Aufträgen für die Ausschreibung der Bauarbeiten an die Firma IUP gekommen ist, so muss man die Verantwortung bei dem suchen der derartige Aufträge gegeben hat. Das wird sich sicher klären lassen."
ÖVP: "Unprofessionelle Vorgangsweise"
Die Stadtgemeinde hätte sich möglichen Schadenersatzforderungen der Baufirma ausgesetzt, wenn die Arbeiten wegen fehlender Zustimmung der Liegenschaftseigentümer nicht durchgeführt hätten werden können. "Ich habe als Bürgermeisterin diesbezüglich unverzüglich eine Klärung der offenen Fragen in Auftrag gegeben. Diese nicht professionelle Vorgehensweise darf nicht zum Schaden der Bewohnerinnen und Bewohner von Matzles führen und werde ich Sorge dafür tragen, dass raschest die notwendigen Entscheidungen rechtskonform getroffen werden. Dafür setze ich mich ein", so Grahofer.
Der nächste Schritt sei, so die Bürgermeisterin im Gespräch mit den Bezirksblättern, die Ereignisse zu rekonstruieren und festzustellen, wer, wann, welche Tätigkeiten in Auftrag gegeben hat und welche Rolle Litschauer dabei spielte.
Beschluss angeblich vor 9 Jahren
Dieser wehrt sich: Der Beschluss die Firma IUP mit der Ausschreibung zu betrauen, sei bereits vor fast neun Jahren, am 27. Juni 2012 gefallen, so Litschauer. "Es gilt nun zu klären, ob hier für einen Teil des Projektes ein Beschluss übersehen wurde, bevor die Ausschreibung des Gesamtprojektes gestartet wurde. Ich habe über die Gremienbeschlüsse hinaus keine spezielle Aufträge erteilt und Unterlagen erst nach fachlicher Prüfung unterschrieben. Bekannter Weise ist es mir ja ein besonderes Anliegen, dass die Gemeindeordnung eingehalten wird und ich habe in der Vergangenheit immer darauf gedrängt, auch in meiner Vertretung für den Bürgermeister."
Kommentare
Du möchtest kommentieren?
Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.