Interview
20 Jahre Ybbsitz: Ortschef zieht Bilanz
Warum legen Sie das Amt als Ybbsitzer Bürgermeister nach 20 Jahren zurück?
JOSEF HOFMARCHER: Mann sollte bedenken, dass 2020 Gemeinderatswahl ist, da bin ich dann 65 Jahre alt. Und an so ein Amt muss man täglich mit Freude und Begeisterung herangehen, der erforderliche Elan lässt nach 20 Jahren nach, deswegen habe ich mein Amt mit 24. September zurückgelegt.
Wie schafft man es, so lange im Amt zu bleiben?
Weil es meine Art ist, nicht nur rationell, sondern auch emotionell zu denken. Das heißt, mit innerster Überzeugung zu handeln, Lösungen durch Toleranz zu ermöglichen und Eigeninitiativen zu wecken. Es geht darum, Herzen anzusprechen, Lösungen zu ermöglichen und Eigeninitiativen zu wecken. Nur rationell und materialistisch zu denken, ist in guter Politik zu wenig. Aber es haben mich in diesen 20 Jahren auch viele Bürger unterstützt und begleitet.
Was waren Ihre persönlichen Höhepunkte in dieser Zeit?
Besondere Höhepunkte waren, dass Ybbsitz als Sieger des Stadt- und Dorferneuerungspreises 2005 hervorging und wir NÖ beim Europäischen Stadt- und Dorferneuerungspreis 2006 vertreten durften. Und dass „Schmieden in Ybbsitz“ 2010 in die nationale Liste des „Immateriellen Weltkulturerbes der UNESCO“ aufgenommen wurde und wir durch vorbildliches Bauen mit dem Österreichischen Gemeindebaukulturpreis 2016 ausgezeichnet wurden, und dass Ybbsitz durch die gelebte Schmiedekultur europaweite Bekanntheit erlangte.
Würden Sie rückblickend etwas anders machen?
Es ist wichtig, sich Zeit für die Menschen zu nehmen, insbesondere für die Jugend. Das hätte ich wohl intensiver machen sollen. Ich merk es, wenn ich ins Gasthaus gehe, dass sich zurzeit viel ändert und sich andere Meinungen durch immer neue Herausforderungen auftun. Den Bogen zwischen den Generationen hätte ich stärker spannen sollen. Und ich denke, ich hätte dazu ein besseres Zeitmanagement gebraucht.
Was ist Ihr persönliches Fazit nach 20 Jahren?
Die Zeit war spannend, herausfordernd und hat mir Freude gemacht. Ich habe unterschiedlichste Menschen kennengelernt, Erfahrungen und Wissen gesammelt sowie Projekte entwickelt und begleitet. Es war spannend, dabei auch auf Gegenpole zu stoßen und sich der Kritik zu stellen.
Welche Tipps haben Sie für Ihren Nachfolger?
Auf dem Weg würde ich ihm geben, möglichst viele Menschen, insbesondere die Jugend mitzunehmen und am Weg in die Zukunft unsere Geschichte nicht zu vergessen. Sich nicht drängen lassen, um auf Einzelfragen schnelle Antworten zu finden, die morgen nichts mehr gelten, sondern sich gesamtheitlich mit Zukunftsfragen für unsere Gemeinde auseinanderzusetzen.
Was braucht Ybbsitz in Zukunft?
Ybbsitz braucht, dass die Ortsgemeinschaft gepflegt wird und das Zusammenleben erhalten bleibt. Die Förderung von Talenten und Stärken ist wichtig, aber auch Gemeinschaftssinn muss gelernt, gefördert und Toleranz gelebt werden. Wichtig ist auch, dass die vielen kleinen, oft kaum gemerkten Eigeninitiativen geschätzt werden und nicht verloren gehen.
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