Moser und der Kratzl

Bürgermeister Peter Moser (links) und Aprilfestival-Kurator Winfried Lehmann
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Grobbürsten, Feinbürsten, Pinsel und Besen sind die unscheinbaren Superwerkzeuge unseres Alltags. Gerätschaften ohne Glanz, dem Glanz der Welt gewidmet.


Bestenfalls ein Marderhaar-Pinsel, wenn er einem Kunstwerk von Rang gedient hat, darf sich kurz hervortun, um sofort wieder in einem Topf in den Schatten des Ateliers zu verschwinden.

Ein Besen macht sich wenigstens mit seinen gelegentlich deftigen Betriebsgeräuschen vorstellig. Doch ein Kratzl zum Scheuern von Töpfen und Pfannen bringt es zu gar keinem Renommee. Der Kratzl als kleiner Haushaltskollege von Zahnbürsten kreist rund um unser Essen.

Der Kratzl gehört zu den bedrohten Arten, denn er weicht zunehmend des Utensilien, die aus Makromolekülen gefügt, aus Maschinen gepreßt werden. Aber es gibt noch manche Kaufhäuser, Gemischtwarenhandlungen, auch eine bedrohte Art, wo man den Kratzl aus natürlichen Gräsern noch erhält.

Ich habe mir vor Jahren einen Kratzl gekauft und fand ihn ob seiner schlichten Klarheit so schön, daß ich ihn aufbewahrt hab, um ihn nicht zu ruinieren.

Peter Moser, ein versierter Unternehmer, neuerdings Bürgermeister von Ludersdorf-Wilfersdorf, begann sein Berufsleben als Bürsten- und Pinselmacher.

Das kann man sich heute kaum noch vorstellen, weil es selbst in der folkloristischen Vorführungen von Handwerk ja wenigstens ein Korbflechter sein muß, der für helle Wohnzimmer ansehnliches Flechtwerk bieten soll. Das Banale kommt in so halbseidener Handwerksbetrachtung nicht mehr vor.

Aber ein Kratzl! So ein Reiswurzel-Nichts. Das strapazfähige, etwas gewellte, gelbliche Rohmaterial kam ursprünglich aus Italien und wird heute vor allem in Mexiko aus der Wurzel einer Grasart (Zacaton) gewonnen.

Die Wurzel wird von der braunen Rinde befreit, gebleicht und geschwefelt, dadurch hat sie ihre gelbe Färbung. Dieses Material wird in zirka 500 Gramm großen Büschel gefaßt, die wiederum zu etwa 50 Kilo schweren Ballen zusammengebunden werden.

Das Kratzl-Binden beginnt mit dem Ablängen der Büschel auf zirka 13 Zentimeter. Bündeln und Abbinden mit Draht finden im Zuschneiden der Enden ihren Abschluß.

Wie bemerkenswert, daß für diese Produktionsweise bis heute kein maschineller Ersatz der handwerklichen Arbeit gefunden wurde. Die Eigenschaften des Naturmaterials zum Zweck vor allem schonender Vorgänge, zum Beispiel bei der Vorreinigung von beschichteten Pfannen und Töpfen auf dem Weg in den Geschirrspüler, werden bis heute geschätzt.

Peter Moser kramt seine frühen Fertigkeiten für einen speziellen Anlaß hervor. Er wird im Rahmen des heurigen „Aprilfestival“ der Kulturinitiative Fokus Freiberg (Kurator: Winfried Lehmann) eine kleine Vorführung bieten.

Das steht in Verbindung zum aktuellen Generalthema von Kunst Ost: „Die Ehre des Handwerks, das Gewicht der Kunst, der Geist in der Maschine“. Dabei soll anschaulich werden, wie das Greifbare unserer Kultur über die Welt symbolischen Denkens aus der Aktualität in eine neue Virtualität übergeht. Das Kratzl-Binden markiert exemplarisch eine frühe Position in diesem großen Prozeß.

Moser demonstriert, was in diesem Zusammenhang Reduktion der Mittel und „be-greifen“ auf grundlegende Art bedeuten kann, längst bevor anspruchsvolle Metallurgie, Kunststoffe und neue Abstraktionsweisen das Handwerk in die Industrie überführten, um daraus Systeme erwachsen zu lassen, die derzeit schon größer sind als unser Begriffsvermögen vorstellbar macht.

Das kontrastiert aktuelle Arbeiten in einer Kooperation von Fokus Freiberg und Kunst Ost („Kulturspange“), wo „Der Geist in der Maschine“ thematisiert wird: „Fiat lux. Das geschwätzige Automobil“. Aber das ist schon eine andere Geschichte.

+) Das Aprilfestival [link]

Bürgermeister Peter Moser (links) und Aprilfestival-Kurator Winfried Lehmann
Für den Kratzl werden die Wurzeln einer Grassorte verwendet
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