LEADER-Kulturkonferenz in Gleisdorf
Eine LEADER-Periode der EU hat geendet, eine nächste ist längst in Arbeit. Was bedeutet das für die Regionalentwicklung und die Regionalpolitik? Zuerst einmal viel Arbeit.
Es müssen relevante Projekte entwickelt und dargestellt werden. Man braucht kompetente Leute, mit denen man sie umsetzen könnte, falls ein Zuschlag erfolgt.
Da steirische Landesmittel im zweiten maastrichtkonformen Doppelbudget sehr knapp sind, verlangt das Experiment, das Suchen nach neuen Lösungen, eine Akquise zusätzlicher Mittel von auswärts, denn das Land und die Gemeinden haben reichlich zu tun, laufende Aufgaben zu bewältigen und zu bezahlen. Da sind praktisch kaum Ressourcen für Arbeit an der Innovation.
Sie verstehen das Problem? Wir sind ein wenig wie der Holzknecht, der keine Zeit hat, seine Axt zu schärfen, weil er noch so viele Bäume fällen muß.
Die aktuellen Umbrüche verlangen nicht nur von Politik und Verwaltung, sondern auch von allen Bürgerinnen und Bürgern, an ihren Orientierungen zu arbeiten. In vielen Fragen müssen wir alte Modi hinter uns lassen, neue Wege finden. Das kostet auch Geld. Wer zahlt das?
Vor allem aber: Falls dafür keine Budgets aufgetrieben werden, bleibt dann alles beim Alten, auf daß wir bald in völlig veralteten Strukturen und Denkweisen leben? Sind wir dazu verurteilt, als antiquierte Wesen im Kreis zu rennen?
Das sind eminent politische Frage- und Aufgabenstellungen.
Die LEADER-Kulturkonferenz im Rahmen des Gleisdorfer Kunstsymposions war solchen Überlegungen gewidmet. Und den Fragen nach einer zeitgemäßen Praxis. Das läßt erahnen, nicht alle Kunst- und Kulturschaffenden sind nur an Selbstdarstellung interessiert. Manche bringen ihre Kompetenzen auch in das Gemeinwesen ein, in die Regionalentwicklung.
Das wurde in Gleisdorf von der Politik und von der Verwaltung honoriert. Vor allem einmal dadurch, daß man engagierte Kulturschaffende auf neue Art ernst nimmt.
Derlei geschieht auch in einem speziellen Zusammenhang: „Als zentrales Arbeitsinstrument dient dazu das Regionale Entwicklungsleitbild.“ heißt es seitens des Landes Steiermark. LEADER-Managerin Iris Absenger-Helmli hat diese Zusammenhänge dargelegt.
Gleisdorfs Bürgermeister Christoph Stark berichtete, es sei für ihn völlig neu und geschehe erstmals, seit er sich im Amt befinde, daß Kunst und Kultur integraler Bestandteil so eines „Regionalen Entwicklungsleitbildes“ geworden sind.
Ein Erfolg dieser Region, Kunst und Kultur nicht als quasi touristisch nutzbares Beiwerk zu sehen, als Dekorations-Geschäft, sondern als wichtige Kraft des Gemeinwesens.
Wissenschafter Günther Marchner zeigte, mit welchen Fragen und Kriterien sich solcher Prozesse der Kulturarbeit betrachten und auch bewerten lassen. Ohne Evaluierung ist ja eine längerfristig Nutzung öffentlicher Gelder aussichtslos.
Das sind brisante Themen, wo heuer ausgerechten der TIP Tourismusverband Gleisdorf das derzeit letzte steirische Kulturprojekt im LEADER-Kontext abwickelt („Kulturpakt Gleisdorf 2014“), wo Kunst Ost das überhaupt erste steirische LEADER-Kulturprojekt gewesen ist. Da schließt sich also ein Bogen.
Augenblicklich ist die Arbeit am Kulturpakt Gleisdorf vorrangig, der ausdifferenziert werden muß, um für die sehr unterschiedlichen Aufgabenstellungen passende Modi zu entwickeln. Für die Kunstschaffenden bedeutet das einen Modus mit hoher Selbstverantwortung, der von vielen noch nicht so recht ernst genommen wird.
Um ein Gleichnis zu strapazieren: Es ist ein Unterschied wie zwischen Moped und Pedelec. Das Moped kann gestartet und gefahren werden, es ist sozusagen der umfassende Kraft-Service für einen Menschen. Das Pedelec hat auch einen Motor, der liefert seine Kraft aber nur, solange der Mensch in die Pedale tritt. Motor hin oder her, ohne die menschliche Aktivität bleibt das Pedelec stehen.
Wer selbst kein Engagement für das Gemeinwesen zeigt, wird in Zukunft kaum auf die Nutzung öffentlicher Kulturgelder zählen können.
Es wird interessant, zu erfahren, was denn nun Kunst- und Kulturschaffende der Region von solchen Entwicklungen halten und wie sie ihre Positionen zu gestalten gedenken.
+) „Provinz, nicht provinziell“ (LEADER-Kulturkonferenz): [link]
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