Gabalier: Die Limonade unter den Musikern

Zwei Begriffe haben in der Diskussion über Erfolg und Vermarktung nicht automatisch was zu suchen: Können und Neid.

Gabalier singt im österreichischen Fernsehen Weihnachtsliedklassiker, er tut dies mit der ihm von Gott gegeben Stimme, und eine Schar an Journalisten tut das, was man eben auch darf als Reaktion auf ein Ereignis: Sie meldet sich kritisch, polemisch und erheitert (und erheiternd) zu Wort.
Und der Gabalier-Verehrer reagiert - wie der Sänger selbst - mit roten Backen und heißen Ohren: "Eine Frechheit, wenn Medien sich derart Kritisches erlauben!"

Was typisch ist für Social-Media-Diskussionen rund um den Schlagerrocker Gabalier, ist das bei Gabalier-Fans oft so schnelle Umdeuten einer Kritik an Gabaliers gesanglichen Fähigkeiten in vermeintlichen Neid.
"Ihr seid doch nur neidisch auf den Erfolg vom Andi!"
Abgesehen davon, dass jedes Argumentum ad hominem (also das "Argument", das sich nicht zur Sache äußert, sondern sich gegen das Gegenüber richtet) ja nur ein Scheinargument ist, ist der Versuch, Kritik mit Neid erklären zu wollen, auch inhaltlich Nonsens. Wäre die Grundlage jeder Kritik an einem erfolgreichen Produkt besagter Neid, müsste jeder von uns unzählige Personen und Konzerne ihres Erfolges beneiden. Der eine wäre neidisch auf den Erfolg von Coca Cola, der andere auf den von McDonald's, Amazon oder Microsoft.
Nein: Neid ist nicht die Legitimation hinter Kritik. Kritik steht für sich selbst. Und Erfolg ist nicht (immer) gleichzusetzen mit Qualität.
Und in diesem Zusammenhang ist unser selbsternannter Mountainman einfach furchtbar wehleidig.

Er nämlich ist nicht der einzige und auch nicht der erste Sänger, der ohne adäquate gesangliche Fähigkeiten erfolgreich ist. Er allerdings kann im Gegensatz zu manchem seiner Kollegen nicht mit Kritik umgehen, schon gar nicht mit Verspottung oder Polemiken.

Joe Cocker - der wohl jedem bekannte Stimmarbeiter - hatte in seiner exzessiven Zeit eine Range von ganzen vier(!) Tönen (Quelle: Rolling Stone Magazine). So hat der Brite sich bei den wenigen Live-Konzerten in dieser Zeit gewissermaßen selbst persifliert, wenn er bei seinen eigenen Songs den Tonumfang des Hauptthemas nicht geschafft hat und zwangsläufig (andererseits: was ist schon zwingend?) auf einen Melodieverlauf ausweichen musste, der seinem mangelnden Stimmumfang gerecht war. Auch wenn Musikjournalisten ihn ob seiner Krächzlaute kritisiert oder mit polemischen Lästerschriften bedacht und ausgelacht haben, ist von Cocker nicht bekannt, dass er je auf die bizarre Idee gekommen wäre, seinen Kritikern mit einem "Ihr seid doch nur neidisch auf meinen Erfolg"-Jammern zu antworten. Er hat besch...eiden gesungen und er war erfolgreich. That's it.

Als die amerikanische Sängerin Joni Madden die Stimme ihres späteren Duettpartners Wolfgang Ambros (gemeinsamer Song: "I bin bei dir") zum ersten Mal hörte, verglich sie diese mit der von Frosch Kermit aus der Muppet Show. (Quelle: Walter Gröbchens "Chronologie des Austropop".) Man wüsste nicht, dass Madden sich von Ambros je Neid vorwerfen lassen hätte müssen.
Wieso auch? Ambros' Timbre ist nicht das einer Nachtigall, ist höchstenfalls ein Original, Ambros aber war und ist erfolgreich in dem, was er tut. Mehr braucht es nicht.
Wozu sich beklagen über Kritiker, die die Wahrheit sagen (oder einen Teil der Wahrheit oder - zumindest - ihre eigene Wahrheit)?

Auch Gabalier kann - Geschmack hin, Vergleich mit klassisch Ausgebildeten her - nicht singen. Dieses (Nicht-)Können ist überprüfbar. Überprüfbar wie jede sportliche oder grafische oder orthographische Fähigkeit.
Aber es geht, wenn es um Erfolg geht, nun einmal nicht nur um Können. Wer das glaubt, entfernt sich von vornherein per Selbstausschluss von der Diskussion über Gabalier, Geschmack und Co.
Wäre Können der einzig entscheidende Faktor im Generieren von Erfolg, wäre dieser in der Künstlerbranche anders verteilt.

Die Figur Gabalier ist wie viele, viele andere auch eine mit Kalkül aufgebaute Marke. (Die Namen Bartelmuss und Münzer sind in diesem Zusammenhang nicht ganz unwichtig.) Und Gabalier und sein Management verkaufen - wie eben üblich in der Branche - nicht das stimmliche Können des Schlagersängers, sondern das Gesamtpaket.

Wer sich also nicht als Nackerpatzerl in Sachen Musik und Kultur zu erkennen geben will, soll Kritikern Gabaliers nicht Neid vorwerfen, sondern einfach (und meinetwegen hämisch grinsend) auf einen Umstand verweisen: "Ja, unser Andi kann nicht singen. Und trotzdem füllt er Stadien, trotzdem verkauft er Millionen an Tonträgern."
Denn wenn nur Qualität sich gut verkaufte, würden wir alle keine Limos konsumieren.

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