REGIONALPORTRAIT
Waltraud Müller und ihr Garten der Vielfalt

Waltraud Müller und ihr Garten der Vielfalt | Foto: (c) Hermine Arnold
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Ich freue mich schon auf einen ganz besonderen Nachmittag bei Waltraud Müller in Wollsdorf, an dem ich endlich das eindrucksvolle Gartenreich kennenlernen darf, von dem ich schon so viel gehört habe. Waltraud Müller öffnet ihren Garten immer wieder für vielbesuchte Kräuterworkshops und lädt dazu Experten als Vortragende ein. Im heutigen Kräuterworkshop geht es vor dem Corona-Hintergrund schwerpunktmäßig um die Stärkung der eigenen Abwehrkräfte. Waltraud Müller bietet einen Streifzug durch die Wildkräutervielfalt ihres Garten- und Wiesenreiches, das sich den Besuchern auf etwas weniger als einem Hektar heute in voller Pracht zeigen wird.

Auf dem Fußweg erreiche ich das Haus von Waltraud, das sich an der alten Rechbauer Bundesstraße befindet. Dort angekommen, wartet Waltraud schon mit der Vortragenden und insgesamt weiteren 10 Teilnehmern auf mich. Nach der offiziellen Begrüßung geht es gleich los. Unter Anleitung sammeln wir Kräuterblüten und auch andere Pflanzenbestandteile, um sie später für Blütenkräuter-Aufstriche, zur Herstellung von Schafgarben-Öl und einer Heilkräutertinktur zur Stärkung der Abwehrkräfte gleich vor Ort zu verarbeiten und zu verkosten. Jeder Teilnehmer kann abschließend eine Kostprobe von dem Öl und der Tinktur mit nach Hause nehmen. Es gibt auch ein Skriptum, in dem alle Kräuter, ihre Wirkung und Anwendungsmöglichkeiten nachzulesen sind.

Ein verborgener Schatz
Während des Seminars bekommen wir einen Einblick in den Vielfaltsgarten von Waltraud. Er erstreckt sich hinter dem Haus sehr weit in einem eher schmalen, aber außerordentlich langen Streifen, der sich fast bis zum angrenzenden Wald ausdehnt. Von der Straße aus bleibt dieser unglaubliche regionale Schatz den Blicken der Vorbeigehenden und Vorbeifahrenden vollkommen verborgen.

Zuerst erleben wir einen großen Hausgarten mit einer Vielzahl von zumeist blühenden Wildkräutern. Es blüht und duftet, wir analysieren die Form der Blüten und Blätter und kosten und tasten uns mit Freude und Staunen durch die Kräutervielfalt. Danach bewegen wir uns etwas bergauf in den Streuobstwiesen-Teil des Gartens und finden dort die eher selten vertretene rosa Scharfgarbe, wunderschönen hohen roten und weißen Klee sowie die kleine Braunelle.

Heilung und Stärkung aus der Natur
Auf dem Weg zum höher gelegenen Gartenteil, wo es die seltene und wunderschöne Zistrose gibt, können wir alle nur staunen: es gibt kleine Versuchsflächen, -beete und einen Versuchstunnel. Hier wird mit der Wirksamkeit von verschiedensten rein biologischen Wild- und Heilkräuterextrakten, Pflanzenjauchen und anderem organischen Dünger zur Pflanzenstärkung experimentiert. Ein weiteres wichtiges Thema von Waltraud ist der Humusaufbau, mit dem sie sich schon längere Zeit beschäftigt und wozu sie auch mit den Experten in Kaindorf in Verbindung steht.

Mein Blick fällt auf einen riesigen Folientunnel, in dem Waltraud Tomaten züchtet. Sie sind wunderschön anzusehen, die Blätter kraftvoll und glänzend, man sieht gleichzeitig verschiedene Entwicklungsstadien an den Pflanzen. Ich frage mich, wie Waltraud das alles alleine schafft und bin schon gespannt auf das persönliche Interview im Anschluss an das Seminar.

Auf dem Weg zur Zistrose gehen wir an einem noch blühenden Holunderstrauch und ihrem Erdäpfel-acker vorbei. Auf dem Rückweg zum Gartenpavillon, wo wir die gesammelten Kräuter und Blüten verarbeiten, kommen wir noch an einem Beerennaschgarten vorbei und vom höchsten Punkt der Streuobstwiese gibt es einen wunderbaren Blick auf das gegenüber liegende Schloss Freiberg.

Das Seminar ist ein voller Erfolg und den Teilnehmern mundet der herrlich bunte und köstliche Kräuteraufstrich. Alle möchten das heute erworbene Wissen zu Hause anwenden und eines ist sicher: für viele gibt es ein Wiedersehen in Waltrauds Garten der Bio-Vielfalt.

Wer steckt hinter dieser eindrucksvollen Frau?
Waltraud ist eine Frau mit Prinzipien. Wenn sie spürt, dass etwas wichtig ist, steht sie mit vollem Engagement dazu.

Sie ist in Wollsdorf aufgewachsen, in St. Ruprecht in die Schule gegangen und hat die Haushaltungsschule besucht. Von dort aus hat sie im Seniorenheim gesungen und bei dem dabei entstanden Kontakt mit den Mitbewohnern verspürte sie das dringende Verlangen, dort einmal arbeiten zu wollen. Leider hätte sie mit der Ausbildung zur Altenfachbetreuerin noch bis zum 18. Lebensjahr warten müssen und so ist die Entscheidung zur Lehre als Einzelhandelskauffrau in einem regionalen Schuhhaus gefallen. Dort war aber sofort klar, dass sie einen speziellen Draht zu älteren Menschen hat, denn diese Kundenschicht wollte nur mehr von Fräulein Waltraud bedient werden.

Nach der Lehre hat sie dann endlich den Weg in die Pflege einschlagen dürfen. Sie hat den Stationsgehilfenkurs und die Ausbildung zur Altenfachbetreuerin absolviert. Gerne hätte sie auch Gerontologie studiert, das war aber aus finanziellen Gründen nicht möglich.

Aus ihren langjährigen Erfahrungen in der Pflege hat Waltraud viel Potenzial für dringend notwendige Verbesserungen erkannt und ein Konzept zur Systemänderung erarbeitet. Der Kernpunkt drehte sich um die Schaffung eines interdisziplinären Koordinationsteams und der damit verbesserten Zusammenarbeit und Kommunikation. Die Sinnhaftigkeit des Konzepts wurde erkannt und später auch durch Expertenstudien bestätigt. Die tatsächliche Umsetzung ließ dann aber noch eine Weile auf sich warten. 

Insgesamt blickt Waltraud mittlerweile auf 37 Jahre Erfahrungen in der Pflege zurück, unter anderem hat sie auch 3 Jahre im Pflegebereich in England gearbeitet. Nach einigen Ausbildungen im Bereich der Energetik und der Geburt ihrer Tochter, ist sie schrittweise in den elterlichen Betrieb eingestiegen. Mittlerweile gibt es 2 Schwerpunkte in ihrem Leben: die hingebungsvolle Pflege ihrer Mutter und die Pflege des Riesen-Gartenanwesens. Beides verlangt Waltraud im Moment alles ab und sie freut sich, wenn Nachbarinnen kommen und ihr im Gemüseanbau helfen, denn hier wird ausschließlich händisch gearbeitet. Ihre hochwertigen Bio-Produkte werden nicht nur von Privatpersonen, sondern auch von namhaften Restaurants, Hotels und Wellnesseinrichtungen sehr geschätzt.

Der Wunsch für die Zukunft
Die Arbeit mit den Pflanzen und das Wirken in der Natur macht Waltraud glücklich. Sie träumt von einer Zukunft, in der ihr Garten als Therapie- und Seminargarten genutzt werden kann und eine generationenübergreifende Bewirtschaftung und Vermarktung der Produkte in einer Form von Gemeinschaftsarbeit möglich wird.

Gerade in Wollsdorf besteht die Gefahr, dass die schönsten Grünflächen verschwinden, weil sie für Industrie- und Gewerbeflächen sowie als Bauflächen umgewidmet werden. Aber es braucht dringend Ausgleichsflächen und die Erhaltung von Grünflächen, damit auch zukünftige Generationen noch Lebensqualität vorfinden. Wir müssen dafür sorgen, dass Waltrauds Garten und weitere Grünflächen im Dorf unbedingt erhalten bleiben.

Hermine Arnold
Freie Redakteurin
NEDI Regionalportrait
www.nedi.at

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