Das Weihnachtsgeschäft
Kaufen, kaufen, kaufen
Am Dienstag, dem 24. Dezember, hatte ich kurz vor Ladenschluß noch eine anregende Plauderei mit Gregor Mörath. Was einst, in kleinerer Dimension, als Gemischtwarenhandlung gegolten hätte, ist heute den Bedürfnissen der Zeit angepaßt, kombiniert einen Lebensmittel- mit einem Textilbereich, bietet allerhand Haushaltswaren etc.
Ich halte den Boss gerne von der Arbeit ab. Das geht sich fast immer ein kleines Gespräch zwischen Regalreihen aus. Ich war erstaunt, wie ruhig es an diesem Vormittag in der Stadt herging. Gregor teilte dieses Staunen. Dafür sei es tags davor sehr dicht gewesen, meinte er. Ich erinnere mich an eine Menschenschlange vor der Feinkostabteilung. Ganz naheliegend.
Gregor ist ein Mann, den ich noch nie klagen gehört hab, obwohl mir schien, an diesem Weihnachtstag konnte man ihm die Erschöpfung ansehen. Ich erfuhr so nebenbei, daß es nun schon zwei schlechte Kartoffelernten gegeben habe. Die Kunden würden das noch nicht spüren, aber Bauern seien deshalb bereits in Schwierigkeiten.
Solche Probleme nehmen zu. Obstbauern bekommen übrigens nun seit Jahren kaum noch angemessenes Geld für ihre Äpfel. Es ist in vielen Bereichen nicht mehr möglich, einen hinreichenden Ertrag zu erwirtschaften. Bei immer mehr Landwirtschaften, so höre ich, seien die Kinder nicht mehr bereit, sich solchen Marktbedingungen auszusetzen und den Betrieb zu übernehmen.
Ich hab dann, dazu passend, von den zwei Installateuren erzählt, die mir kürzlich den durchgerosteten Boiler, der mein Bad geflutet hatte, gegen einen neuen austauschten. Die mnarkante Dialogsequenz: „Ich bin froh, daß ihr so kleine Arbeiten noch annehmt.“ „Wir sind eh die Letzten, die das noch machen.“ „Wo liegt denn heute der Profit?“ „Bei den größeren Baustellen.“ „Aber nicht mehr bei Privathaushalten?“ „Nein, da nicht.“
Nun möchte man fragen: sind es die Personalkosten, die Lohnnebenkosten? Zu hohe Steuern? Zu zickige Haftungsbedingungen? Die Überverwaltung und zu weitreichende Dokumentationspflichten? Warum lohnen sich immer mehr Bereiche der Dienstleistung nicht mehr?
Was nicht geordert, also nicht gekauft wird, verliert seine Marktfähigkeit, verschwindet. Klar? Klar! Rede ich mit lokalen Geschäftsleuten, kehrt ein Thema seit Jahren wieder. Das Weihnachtsgeschäft ist unverzichtbar, damit der Jahresumsatz einen wichtigen Schub bekommt.
Ohne diesen Schub ist es definitiv sehr viel schwieriger, dafür zu sorgen, daß die ganze Belegschaft auch weiter einen Job hat. Klartext: Klein- und Mittelbetriebe brauchen das Weihnachtsgeschäft dringend, um den Jahresumsatz abzurunden. Wer demnach zum Advent von „Kaufrausch“ redet und Kritik loswerden möchte, sollte unterscheiden können, was kritikwürdig ist und was die Fundamente betrifft.
Ich hab mehrfach gefragt, was es bräuchte, damit jemand ein Geschäft sorgloser führen könne. Märkte mit großen Flächen und wenig Personal, Ketten, welche Preise dumpen und alles verkaufen, was ein wenig Spanne verspricht, sind ein enormes Problem für Klein- und Mittelbetriebe.
Es war nun lange Zeit die Politik, von der Flächen verfügbar gemacht wurden, um Märkte herzubekommen, die Kunden aus den alten Zentren abzuziehen und Kommunalsteuern in die Gemeindekassen zu spülen.
Freilich entscheiden Kunden an den Türschwellen und an den Regalen, bei wem sie kaufen, was sie zu welchen Preisen kaufen. Doch sie tun das ja nicht unbeeinflußt, sondern von einer Werbebranche begleitet und bespielt, die Milliardenbudgets einsetzt. Gelder aus Kriegskassen, die nicht von Klein- und Mittelbetrieben gespeist werden, sondern aus ganz anderen wirtschaftlichen Kräftsspielen kommen. Welche soziokulturellen Themenstellungen und Aufgaben ließen sich daraus ableiten?
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