Kultur kurios: Volksmusik II

5.3.1984: Jim Cogan (Vormals Turning Point) beim "Countryfest" im Grauer "Kleeblatt". Das war die Veranstaltung, anläßlich der Michael Krusche bei den Folkfriends (später Aniada a Noar) an Bord ging.
4Bilder
  • 5.3.1984: Jim Cogan (Vormals Turning Point) beim "Countryfest" im Grauer "Kleeblatt". Das war die Veranstaltung, anläßlich der Michael Krusche bei den Folkfriends (später Aniada a Noar) an Bord ging.
  • hochgeladen von martin krusche

Ich hab im Auftakt meiner Betrachtungen zur Volksmusik schon angedeutet, daß uns während der 1970er Jahre sowohl in den Städten wie vielfach auch auf dem Lande die Zugänge zur überlieferten Volksmusik Österreichs verstellt waren.


Da stand allerhand im Wege. Zu allererst eine Radiowelt, in der uns Sender mit den Musiken verschiedener Jugendkulturen natürlich mehr zusagten, als etwa das „Wunschkonzert“, in dem Schlager, Schnulzen und verflachte Volksmusik-Versionen aus der Unterhaltungsindustrie dominierten.

Slavko Avsenik und seine Oberkrainer ergaben für uns keine Identifikationsfiguren. Sollten wir zufällig einmal auf Klänge traditioneller Musik Österreichs stoßen, die von der Unterhaltungsindustrie noch unberührt waren, fehlten uns die Hörerfahrungen und Kriterien zur Unterscheidung.

Wir schrieben das alles als „Bauern-Jazz“ und „Steilhang-Blues“ ab, eine Wortwahl, die unser Referenzsystem offenlegte. Ich hab schon notiert, daß wir dann in musikalischer Praxis solche Zugänge wieder fanden, auf Umwegen, „die teilweise von der Pop-Musik zu deren Wurzeln führten, von da dann über Countrymusik, Blues…“ und so fort.

Das kam auch daher, daß einige Leute unter uns Reiseerfahrungen zurückbrachten, die wir faszinierend fanden. Von Frankreich bis Irland gab es Erlebnisse, die uns auf die Spuren traditioneller Musiken brachten, welche selbst dem Zugriff der Unterhaltungsindustrie widerstanden hatten. Auch auf dem Balkan konnte man solche Erfahrungen machen.

Raffinierte Melodien, deftige Sauf-, Kampf- und Liebeslieder, all das in emotionalen Situationen; etwa nach einem deftigen Abendessen in Jugoslawien oder bei einem „Lock-in“ in Irland, wenn der Laden zur Sperrstunde verriegelt und mit den Wirtsleuten weiter gesoffen wie gesungen wurde.

Nun waren durchaus einige unter uns, die wuchsen mit traditionellen Zugängen auf, wie das etwa Andreas Safer, der Geiger von Aniada a Noar, erzählt hat. Da war beispielsweise zuhause das Singen immer gegenwärtig. Andere hatten Haus- und Zanzlmusik schin als Kinder live erlebt.

All diese Einflüsse mischten sich ab Ende der 1970er Jahre im steirischen Kulturbetrieb. In der ersten Hälfte der 1980er Jahre kristallisierten sich dann jene Formationen heraus, die inzwischen auch der traditionellen Musik Österreichs nachgingen.

Vor allem auf Folkfestivals kam es zu Begegnungen, die weitreichende Folgen hatten. Aber da waren auch prägende Persönlichkeiten wie etwa Hermann Härtel, selbst aktiver Musikant, erst im Landesjugendreferat tätig, später für das Steirische Volksliedarchiv zuständig.

Härtels Offenheit für die neuen Erscheinungsformen war ganz wesentlich, um Brückenschläge herbeizuführen, durch die verschiedene Felder „selbstgemachter Musik“ in Berührung und Wechselwirkung kamen.

In solchen Zusammenhängen wurde eine Haltung greifbar, der sich immer mehr Leute anschlossen. Es galt der Respekt für das musikalische Handwerk und die Intentionen, es galt die Wertschätzung für Musik und das virtuose Musizieren. Eine Abschätzigkeit gegenüber jeweils anderen Musikgenres war verpönt und wurde als Unfug gewertet.

Wenn Aniada a Noar heute für jene Entwicklungen als exemplarisch gelten und das Trio mit „authentischer Volksmusik“ assoziiert wird, dann illustriert deren vorangegangener Gruppenname den hier angedeuteten Prozeß.

Bis Mitte der 1980er Jahre waren das nämlich die Folkfriends, also Freunde der Folkmusic. Unsere Handzettel und Plakate aus jenen Jahren unterstreichen das. Country, Folk und Blues zeigten sich sehr präsent, hatten ihre Verzweigungen in verschiedene Versionen des Rock & Roll.

Jazz war in der Steiermark übrigens auch sehr wichtig und präsent. Durch die Jazz-Abteilung an der Grazer Kunst-Uni kamen stets auch sehr gute Leute aus Jugoslawien in die Steiermark.

Auf dem Balkan läßt sich bis heute nachvollziehen, wie die traditionellen Musiken der südslawischen Leute erstens in Familien und Freundeskreisen gepflegt werden, zweitens in die Popularmusik eingegangen sind; bis hin zu so wüsten Versionen wie „Turbofolk“.

In dieser Gemengelage, einem kontrastreichen Kräftespiel, das sich natürlich auch als Ausdruck einer gegenwärtigen Volkskultur niederschlug, tauchten also während der 1980er Jahre immer deutlicher die traditionellen Musiken Östererichs auf, nachdem im Radio der 1970er Jahre schon eine sehr erfolgreiche „Dialektwelle“ populär geworden war.

Dabei ist nicht zu vergessen, die meisten von uns hatten eher proletarische Fundamente. Unter uns waren mehr gewesene Lehrbuben als „Studierte“. Das drückte sich auch im Brotwerwerb aus.

So hatte etwa Michael Krusche, der später einige Jahrzehnte zu Aniada a Noar gehörte, in Graz eine kleine Autoverwertung aufgebaut, die später Jim Cogan von ihm übernahm: „Volvo Ersatzteillager: gebrauchte (gereinigte) Ersatzteile für die Typen 144 & 164“. Dort konnte sich auch ein „armer Dichter“ gelegentlich etwas dazuverdienen…

(Fortsetzung folgt!)

+) Kultur kurios [link]
+) Volkskultur [link]

Push-Nachrichten auf dein Handy
MeinBezirk.at auf Facebook verfolgen
Die Woche als ePaper durchblättern
Newsletter deines Bezirks abonnieren

Kommentare

?

Du möchtest kommentieren?

Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.

Anzeige
Im Schillerhaus Gleisdorf bildet ein "schillerndes" Team mit Engagement und einem großen Herz das Kernstück des Hauses. | Foto: Schillerhaus Gleisdorf
4

Arbeitgeber in der Region
Schillerhaus Gleisdorf als Ort mit Teamgeist

Das Schillerhaus ist ein modernes Pflegeheim in Gleisdorf, das auch über eine Betriebstagesmutter verfügt. Derzeit werden neue und motivierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gesucht. GLEISDORF. Das Schillerhaus Gleisdorf blickt bereits auf eine lange und bewegte Geschichte zurück und erfüllt seit seiner Gründung um 1500 als „Bürgerspital“ einen wertvollen sozialen Auftrag. Im Laufe der Zeit unterlag die Pflegeeinrichtung einem natürlichen Strukturwandel und vereint nach der Zusammenführung...

  • Stmk
  • Weiz
  • PR-Redaktion
Anzeige
Der Apfel, das Wahrzeichen von Puch, ist überall zu finden. | Foto: Regionalmedien Steiermark/Vorraber
1 10

Leben in Puch
Puch bei Weiz: Eine Gemeinde mit Elan und Gemütlichkeit

Die Gemeinde Puch zeigt sich als Vorreiter in Sachen nachhaltiger Entwicklung und innovativer Maßnahmen "mit Biss", die nicht nur den Apfel als Wahrzeichen der Gemeinde feiern, sondern auch das Leben ihrer Bewohner nachhaltig verbessern. PUCH BEI WEIZ. Ein Meilenstein für die Gemeinde Puch: Der lang ersehnte Glasfaserausbau ist erfolgreich abgeschlossen. Dies bedeutet nicht nur eine technologische Revolution für die gesamte Gemeinde, sondern eröffnet auch neue Möglichkeiten für die Bewohner,...

  • Stmk
  • Weiz
  • Barbara Vorraber
Anzeige
Das Team und die Mitglieder des ASKÖ Tennisverein Weiz dürfen sich freuen. Rechtzeitig zu Saisonbeginn sind die neuen Plätze bespielbar. | Foto: RMSt/Monika Wilfurth
16

ASKÖ TV Weiz
Generalsanierung der Sandplätze im Jubiläumsjahr des ASKÖ TV Weiz

Der ASKÖ Tennisverein Weiz eröffnet rechtzeitig zu Saisonbeginn die generalsanierten Sandplätze und feiert heuer sein 65-jähriges Bestandsjubiläum und 30 Jahre Tennishalle. WEIZ. Im Jahr 1959 wurde die "Sportanlage Fuchsgraben"mit drei Tennisplätzen in der Dr. Eduard Richtergasse in Weiz gegründet. Die eigentlichen Hausherren waren damals noch die Sektionen Eishockey, Eislaufen, Eisschützenverein Olympia Weiz und Basketball. Später ging die Sportanlage an den ASKÖ Tennisverein Weiz über....

  • Stmk
  • Weiz
  • Monika Wilfurth

Du möchtest selbst beitragen?

Melde dich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.