Roboterträume
Kürzlich wies eine Headline in der Kleinen Zeitung auf das Projekt „Dying Robots“ von Fokus Freiberg hin: „Warum in Freiberg Roboter sterben“. Journalist Raimund Heigl notierte dazu: „Man darf gespannt sein.“ Worauf?
Dieser Beitrag steht auf Seite 25. Kurz davor, auf Seite 18, liest man: „Roboterarm verletzte Arbeiterin schwer“. Die kleine Meldung betont die Gefährlichkeit von laufenden Maschinen. Das ist mit heutigen Industrierobotern so, wie mit den Anlagen vor rund hundert Jahren, als die Zweite Industrielle Revolution zu Formen der Automatisierung führte, die natürlich auch Menschenleben kostete.
Laufende Wellen und Zahnräder, singende Treibriemen, rasenden Komponenten konnten jemanden mit loser Kleidung oder langen Haaren schwer verletzen. Wo Maschinenteile sich bewegen, darf ihnen ein Mensch nicht im Weg stehen. Laut Bericht habe die Arbeiterin mit einem Kollegen „den Sicherheitsbereich eines Verpackungsroboters“ betreten, um eine verkeilte Palette zu lösen.
Das wäre demnach der Gefahrenbereich für Menschen, den man bei laufendem Betrieb eben nicht betreten darf. Das alles ist noch ganz „Dampfmaschinen-Moderne“, in der einen auch Eisenbahnzüge oder Automobile umfahren konnten, woran sich die Menschen erst gewöhnen mußten, also die Gefahren kennenlernen.
Was sich nun der Techniker Ewald Ulrich für „Dying Robots“ ausgedacht hat, ist essentiellerer Art. Da geht es um die Konsequenzen der Digitalen Revolution und die Frage, ob wir von Menschen geschaffenen Maschinen Lebendigkeit zugestehen können, wollen, dürfen. Nur was lebt, kann auch sterben. Leben also Roboter?
Diese Frage unterlegte der Gleisdorfer Tierarzt Karl Bauer mit einem kleinen Essay: „Gedanken zu Leben und Tod in Dying Robots“: [link] Darin verweist er unter anderem auf das Kunstprojekt „Fiat Lux“, das von Ulrich mitentwickelt wurde. Das zentrale Artefakt dieses Projektes, eine autonome Maschine, soll bei der genannten Veranstaltung im November „getötet“ werden.
Damit sind wir nicht nur bei Überlegungen bezüglich des Verhältnisses der Menschen zu Maschinen. Dieses Thema kennen wir im Abendland natürlich seit der Antike. Dazu kamen Mythen wie etwa jener vom Künstler Pygmalion, der eine Elfenbeinstatue schuf, welche eine schöne Frau zeigte, in die er sich so sehr verliebt, daß Göttin Aphrodite die Statue zum Leben erweckte.
Wenn also Dinge, die wir erschaffen haben, eine Wahrnehmung von sich selbst erringen, damit auch Emotionen entwickeln, kommen wir als Spezies in eine völlig neuen Situation. Das ist heute nicht mehr bloß Science Fiction, sondern wird derzeit eine greifbare Option.
Ein „Töten von Robotern“, wie es Ulrich mit seinem Projekt thematisiert, entspräche vorerst den Erfahrungen Europas, die im 18. und 19. Jahrhundert bei den Weberaufständen gemacht wurden, da Spinnmaschinen und maschinelle Webstühle vielen Menschen die Einkommensmöglichkeiten nahmen, was stellenweise zur Maschinenstürmerei führte, also zum Zerschlagen von Anlagen.
Damit ließen sich freilich damals die technischen Entwicklungen nicht aufhalten. Auch heute wäre Maschinenstürmerei wohl wirkungslos. Wir haben daher gute Gründe, uns mit den aktuellen Entwicklungen menschlicher Technologie zu befassen und unsere Koexistenz mit Robotern sowie mit selbstlernenden Systemen zu überdenken.
+) Fiat Lux III [link]
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