Offener Brief an Gemeinderat
91 Prominente gegen die Welser Venus

Das ist die neue Venus, an der sich nun die Geister scheiden ... | Foto: BRS
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Erneut flammen Prosteste gegen die neue bronzene Venus-Figur in der Welser Fußgängerzone auf. Sie soll auch ein Nazi-Kultobjekt gewesen sein.

WELS, WIEN. In Wels hat man weiterhin Probleme mit der römischen Venus: Schon in der Vergangenheit gab es Aufregung um die Darstellung der Göttin – weil sie von den Nazis instrumentalisiert wurde. Nun ist – wie berichtet – ein 1,25 Meter hoher Bronzeabguss einer römischen Venus-Statue unweit des Stadtplatzes aufgestellt worden. Dagegen gibt es erneut Widerstand: 91 prominente Österreicher – vom Politiker über Schriftsteller und Künstler bis hin zu bekannten Bürgern aus der Region – haben sich nun in einem offenen Brief an den Gemeinderat gegen die Statue ausgesprochen.

Zur Vorgeschichte

1917 grub ein Bauer die 15 Zentimeter hohe Venus-Statue aus der Römerzeit in Gunskirchen aus. Sie steht noch heute im Stadtmuseum Minoriten. Die Nazis machten sie zum Kultobjekt. Kleine Nachbildungen wurden an verdiente Größen des Dritten Reiches verliehen, "darunter auch Hermann Göring, damals Pate von Wels“, so Günter Kalliauer, früherer Leiter des Stadtarchivs.
Auch eine große Nachbildung wurde von den Nazis angefertigt, sie stand lange am Messeareal. Die wollte der damalige FPÖ-Vizebürgermeister Bernhard Wieser 2010 vor dem Kulturzentrum Herminenhof wieder aufstellen, nach Protesten wurde das aber abgeblasen.

"Fatale Symbolik"

Jetzt ist wieder eine Venus aufgetaucht, diesmal in der Fußgängerzone. Es handelt sich definitiv nicht um die Nazinachbildung vom Messegelände. Doch die Geister scheiden sich an ihr. "Eine neue Nachbildung des NS-Kultobjekts im Stadtzentrum ignoriert die Geschichte", schreiben die Gegner in dem Brief. "Die braune Venus würdigt keineswegs das römische Erbe von Wels. Sie verhöhnt die Opfer des Nationalsozialismus und schadet dem Ruf der Stadt." Es ergeht der Appell an die Mitglieder des Gemeinderates, "für die rasche Entfernung der braunen Venus aus dem öffentlichen Raum zu sorgen! Sie befreien damit die Stadt, die Sie vertreten, von einer fatalen Symbolik."
„KZ-Überlebende und Opferverbände sind empört, Historiker und Politikwissenschafter kommen zu einem klaren Urteil“, sagt der Vorsitzende des Mauthausen Komitees Österreich, Willi Mernyi. „Die Aufstellung der braunen Venus war eine krasse Fehlentscheidung. Warum gehen von FPÖ-Politikern immer und immer wieder solche ewiggestrigen Aktionen aus?“

"Keine NS-Nachbildung"

Eine Reaktion kam aus dem Büro von Innenstadtreferentin Christa Raggl-Mühlberger (FPÖ): Sie pocht darauf, dass die Venus in der Schmidtgasse "keine Nachbildung eines NS-Kultobjektes" sei. „Durch das oftmalige wiederholen einer Unwahrheit wird diese nicht wahrer. Die Antifa sollte sich besser informieren und endlich aufhören, unanständiges Wels-Bashing zu betreiben. Eine Richtigstellung wäre ein erster Schritt in die richtige Richtung.“ Die Kopie des antiken Ideals unterschiede sich von der großen Statue der Nazis "auf den ersten Blick".
Die neue Statue solle an das römische Erbe in Wels erinnern. Zudem sei ihre Aufstellung im Stadtsenat besprochen worden, dort sei keinerlei Einwand erhoben worden.

Nicht eingebunden

Hier hält Kulturstadtrat Johann Reindl-Schwaighofer (SPÖ) dagegen: "Ich wurde nicht einmal eingebunden in die Aktion." Die Mittel habe er jedoch schon freigegeben, allerdings ohne Details zu wissen – für das Büro von Bürgermeister Andreas Rabl (FPÖ) ein Widerspruch.
Die gesamte SPÖ-Fraktion stellt sich jedenfalls geschlossen hinter die 91 Unterzeichner: Das Original dieser Kopie einer Statuette aus der Römerzeit wurde in der Nazizeit entehrt und zum Kultobjekt für NSDAP-Anhänger erhoben, indem die damalige Stadtregierung kleine Nachbildungen der Venus an Naziverbrecher wie Hermann Göring verschenkte. „Das ist der falsche Anker in die Vergangenheit“, erklärt SPÖ-Bürgermeisterkandidatin Petra Wimmer. „Eine historisch so vorbelastete Figur ohne entsprechende Hinweistafel aufzustellen ist ziemlich provokativ“, sagt SPÖ-Stadtparteivorsitzender Klaus Schinninger. Man apelliere  an den Welser Bürgermeister, "rasch die geforderten Schritte zu setzen und das Image der Stadt Wels nicht weiter zu beschädigen".
Welche Schritte das nun genau sein sollen, das bleibt jedoch ungenau.

Die Unterzeichner

Die KZ-Überlebenden Käthe Sasso, Dušan Stefančič, Shaul Spielmann, die Historiker Margit Reiter, Michael John, Thomas Hellmuth, Wolfgang Quatember, die Politikwissenschafter Anton Pelinka, Andreas Maislinger, die Rechtsextremismus-Experten Hans-Henning Scharsach, Andreas Peham, die Künstler Valie Export, Peter Weibel, die Schauspieler Katharina Stemberger, Cornelius Obonya, Gregor Seberg, Franz Froschauer sowie die Schriftsteller Anna Mitgutsch, Michael Köhlmeier, Doron Rabinovici, Franzobel, Kurt Palm, Ludwig Laher, Thomas Baum, Günter Wels.
Weiters der frühere Bundeskanzler Franz Vranitzky, die Journalistin Elfriede Hammerl, der Sprecher der IG Autorinnen und Autoren, Gerhard Ruiss, der Präsident der Österreichisch-Israelischen Gesellschaft, Peter Florianschütz, der Bundesvorsitzende des KZ-Verbandes, Harald Grünn, und die Bundessprecherinnen der „Omas gegen rechts“, Susanne Scholl, Monika Salzer.

Bekannte Welser: Angeschlossen haben sich dem Appell auch bekannte Namen aus Wels, zum Beispiel die Schriftstellerin Dominika Meindl, der frühere Leiter des Stadtarchivs, Günter Kalliauer, der Leiter des Bildungshauses Schloss Puchberg, Helmut Außerwöger, die Pfarrleiterin Irmgard Lehner, der evangelische Pfarrer Roland Werneck, der Journalist Klaus Buttinger, der Filmregisseur Andreas Gruber sowie dessen Bruder Josef Gruber, ehemaliger Bezirkshauptmann von Wels-Land.

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