HAK Lambach | Fragen und Antworten zur Hypo Alpe Adria

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Ein Plädoyer für bessere wirtschaftliche und politische Bildung

Warum erhöhen marode Hotelprojekte an der Adriaküste unser Budgetdefizit? Die Begründung dafür und viele weitere brisante Details zum „Milliardengrab“ Hypo Alpe Adria erläuterte Univ.-Prof. Dr. Josef Aff von der WU Wien bei seinem Vortrag im Sommerrefektorium des Stiftes Lambach. Er nahm die Zuhörer mit auf einen Streifzug vom Höhenflug einer traditionellen Landeshypothekenbank über fatale politische Verflechtungen bis hin zum wohl größten Kriminalfall Europas seit dem Zweiten Weltkrieg.

Die „Zeitreise“ beginnt in den 90er-Jahren - die Schülerinnen und Schüler, die gespannt im Publikum sitzen, waren damals noch gar nicht geboren. Die kleine Hypothekenbank des Bundeslandes Kärnten steht vor der Pleite und entscheidet sich zur Rettung des Institutes für die Umwandlung in eine Aktiengesellschaft und die massive Expansion in die Länder Südosteuropas. Die Bilanzsumme und die Mitarbeiterzahl erhöhen sich daraufhin rasant und steigen innerhalb von wenigen Jahren auf das Zwanzigfache. Ein imposanter Neubau in Klagenfurt wird eingeweiht, in 12 Ländern entstehen Bank- und Leasinggesellschaften mit 384 Geschäftsstellen. Die Politik feiert die goldene Ära der Hypo Alpe Adria AG – wahrlich ein Musterbeispiel für strategische Exzellenz … - oder?

Um die „Causa Hypo“ zu verstehen, müssen wir aber genauer hinschauen. Ein Mitarbeiter einer Konkurrenzbank wird zitiert: „Die Hypo gab jedem Kredit. Sie nahm beinahe jeden Kunden – das war allen bekannt.“ Die Hypo Alpe Adria betreibt also eine extrem aggressive Vertriebspolitik. Insbesondere die Kreditvergabe für Immobilienprojekte ist abenteuerlich und überaus großzügig. Die Bonität von Kreditwerbern wird schöngerechnet, die Werthaltigkeit von Sicherheiten falsch eingeschätzt, dazu kommen diverse Freundschaftsdienste für Politiker, dubiose Eigentümerstrukturen und überraschende Flächenumwidmungen. Ominöse Bargeldkoffer, die per Privatflugzeug von Liechtenstein abgeholt werden, erschweren bis heute die Aufklärung des Debakels.

Es ist eine Tatsache, dass die Finanzierung der Balkangeschäfte - und damit das unglaubliche Wachstum der Bank - nicht primär durch Spareinlagen, sondern durch die Ausgabe von Schuldverschreibungen ermöglicht wird, für die das Land Kärnten eine Haftung übernimmt. 2004 zieht die EU die Notbremse und verbietet weitere Haftungen ab 2007.

Ohne die Absicherung durch die Landeshaftungen ist die Kapitalveranlagung in Hypo-Schuldverschreibungen leider nicht mehr so attraktiv für Anleger. Unglücklicherweise fliegen auch genau jetzt hohe Verluste aus riskanten Swap-Geschäften auf. Genau an diesem Punkt spielt die Politik wieder eine Schlüsselrolle. Der Kärntner Landeshauptmann Dr. Jörg Haider kann 2007 eine frohe Botschaft verkünden: Die Bayrische Landesbank übernimmt den überwiegenden Anteil der Hypo Alpe Adria zum Preis von 1,625 Milliarden Euro und „Kärnten wird reich“. Was nicht gesagt wird - Das Land Kärnten haftet auch nach diesem Verkauf für rund 23 Milliarden Euro.

Im Jahr 2009, nach nur zwei Jahren, zeichnet sich wirtschaftliche Crash der verkauften Hypo bereits deutlich ab, ein großer Teil der vergebenen Kredite ist notleidend oder bereits uneinbringlich. Die Mutter der Hypo, die Bayrische Landesbank, will den Fehlkauf dringend wieder loswerden und setzt als Mehrheitseigentümer die österreichische Regierung unter Druck.
Strategisch unzureichend vorbereitet wird von den politischen Entscheidungsträgern in einer Nacht im Dezember 2009 die Verstaatlichung der Hypo besiegelt, obwohl bei besserer Vorbereitung und mehr Verhandlungsgeschick auch andere Alternativen denkbar gewesen wären.
Dann passiert unglaubliche fünf Jahre lang nichts. Die Assets (Immobilien, Fahrzeuge, Schiffe, …), die sich als Sicherheiten aus faulen Krediten im Vermögen der verstaatlichten Hypo befinden, verlieren über die Jahre kräftig an Wert. Erst im Jahr 2014 wird die Abbaubank Heta gegründet, in die alle „toxischen Werte“ ausgelagert werden. Die „Heta Asset Resolution“ ist im Eigentum des Staates Österreich und verfügt über keine Banklizenz, die Verwaltung übernimmt die Finanzmarktaufsicht (FMA).

Im März 2015 wird dank des amtierenden Finanzministers Dr. Hans Jörg Schelling entschieden, dass auch die Gläubiger der Hypo-Anleihen ihrerseits einen Beitrag zur Abwicklung der Bad Bank Heta leisten müssen. Der Schuldenschnitt (Hair-Cut) wird nach Schätzungen der Experten bei etwa 50 % liegen. Das bedeutet, dass die Gläubiger nur die Hälfte des in Hypo-Schuldverschreibungen veranlagten Kapitals zurückbekommen werden. Mit einer Klageflut ist zu rechnen …

Während die Allgemeinheit trotz verfügter Zahlungssperre über die Hypo-Nachfolgerin Heta noch über Jahre die Aufräumkosten mittragen muss, sind viele Mitverantwortliche des Desasters unbehelligt geblieben. Die politischen Entscheidungsträger von damals sind tragisch verunglückt oder wurden abgelöst und sind nun in anderen gut bezahlten Positionen untergebracht. Man darf gespannt sein, wie viel Licht der parlamentarische Untersuchungsausschuss unter der Leitung von Irmgard Griss in die Affäre bringen kann.

Am Schluss seiner Ausführungen appellierte Prof. Aff noch an alle Zuhörer, sich gut zu informieren und bewusst Verantwortung für gesellschaftspolitische Angelegenheiten zu übernehmen. Die Handelsakademien leisten hier einen wesentlichen Beitrag, indem die Schüler/innen lernen, die Verknüpfungen von Wirtschaft und politischen Rahmenbedingungen zu verstehen. Ein herzliches Dankeschön an Universitätsprofessor Dr. Josef Aff für den interessanten Abend, an Mag. Andrea Hahn MSc für die perfekte Organisation und an den Elternverein der HAK Lambach für die Mitfinanzierung der Veranstaltung. [ek]

Wo: HAK , Klosterplatz 1, 4650 Lambach auf Karte anzeigen
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Foto: amixstudio/stock.adobe.com
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