„Kuhfreies“ Wandern: Gar nicht so einfach

Damit der Bergwandergenuss für Mensch und Tier erhalten bleibt, sollten einiges beachtet werden.
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  • Damit der Bergwandergenuss für Mensch und Tier erhalten bleibt, sollten einiges beachtet werden.
  • hochgeladen von Tamara Kainz

Eine steigende Zahl an Kuhattacken hält Tirol und seine Gäste in Atem. Vor allem die Kombination Wanderer mit Hund und Weidevieh liefert der Problematik leider laufend neuen Zündstoff. Nun ist es aber so, dass Almen nun mal für gewöhnlich nicht „kuhfrei“ sind. Zumindest nicht völlig.

„Die Leute haben Angst“

Das bestätigt auch einer, der es wissen muss. Günter Haller ist seit 13 Jahren als Wanderwegbetreuer für den TVB Innsbruck und seine Feriendörfer fast täglich im Gebirge unterwegs. Er kennt die Gegend wie seine Westentasche: „Viele Leute haben Angst. Ich werde immer öfter gefragt, wo man weitestgehend 'kuhfrei' wandern könnte. De facto gibt es aber in meinem Zuständigkeitsbereich keine Tour, für die man garantieren könnte, dass es zu keinem Zusammentreffen mit einer Kuh kommt. Man wird immer irgendwo - wenigstens auf einem kurzen Teilstück - Weidevieh begegnen.“ Nebenbei bemerkt ist auch die Gefahr, die von Pferden ausgeht, nicht zu unterschätzen. Insbesondere, wenn Fohlen dabei sind.

Je enger, desto brenzliger

Das Einsatzgebiet des Götzners ist weitläufig: Er betreut alle Wege in den Gemeindegebieten von Natters, Mutters, Götzens, Birgitz, Axams und Grinzens. Freilich sei die Frequenz an Kühen da und dort verschieden, räumt Haller ein. Seiner Meinung macht es zudem ein gravierenden Unterschied, ob man dem Vieh auf einem breiten (Forst-)Weg oder auf einem schmalen Steig begegnet. „Ist es eng, ist es gefährlicher, weil sich die Tiere bedrängt fühlen können.“

Vielfältige Störfaktoren

Der 60-Jährige kam sogar selbst schon in eine solche Situation. Ohne Hund wohlgemerkt. „Eine Kuh attackierte mich und ich konnte mich nur noch mit einem Hechtsprung über einen Zaun retten. Seither gehe nie mehr gerade durch ein Rudel durch.“ Was Haller außerdem noch beobachtet hat ist, dass dort, wo die Hirten regelmäßig nach dem Vieh schauen und auch dort, wo keine Mountainbiker unterwegs sind, selbiges deutlich ruhiger ist.

Wie passiere ich richtig?

Gerade in Verbindung mit Hunden ein „Rezept“ für das sichere Passieren einer Herde zu formulieren, ist schwierig bis unmöglich. Die einen bestehen auf die Einhaltung der Leinenpflicht, die anderen sprechen von Lebensgefahr und Fahrlässigkeit, „bindet man den Hund an sich“. Einleuchtender erscheint wohl wirklich, den vierbeinigen Freund kurz abzuhängen, wenn freilaufende Kühe in der Nähe sind. So zieht man nicht die Aufmerksamkeit der ganzen Herde auf sich und der Hund selbst wird ohnedies immer schneller sein, als jede Kuh. Auf keinen Fall jedoch, sollte man sein Haustier auf den Arm nehmen! Die jüngsten Ereignisse bestätigen das.

Kuhweide
Auch im Westlichen Mittelgebirge gibt es nicht viele Almen, die völlig frei von Weidevieh sind. (Foto: Kainz)

Sicherheitsabstand einhalten!

Mag. Ing. Bruno Berloffa, stellvertretender Landesleiter der Tiroler Bergrettung, hat dazu folgenden Ratschlag parat: „Am wichtigsten und einfachsten ist es - vor allem mit Hund - weit weg von den Kühen zu bleiben und die Tiere so gut es geht in Ruhe zu lassen.“
Hundebesitzer, die ganz auf Nummer sicher gehen wollen, sollten mit ihren Gefährten vielleicht erst gar nicht ganz so weit den Berg hinauf! Auf dem Panoramaweg von der Götzner Bahn über Neu Götzens und Natters bis zum Freizeitzentrum in Mutters beispielsweise trifft man wirklich kein freilaufendes Vieh - in diesem Bereich ist es eingezäunt. Ähnlich verhält es sich mit anderen Spaziergängen in Tallagen wie etwa vom Natterer Boden zum Sonnenburgerhof, weiter zum Mentlberg und wieder retour zum Natterer See etc.

Wandertipps in Ihrer Umgebung

Natürlich gibt es aber auch Wanderungen und Bergtouren, auf denen mit wenig bis keiner Kuhberührung zu rechnen ist
Rund um Natters, Mutters, Axams, Birgitz, Götzens und Grinzens:
* Brigitzköpflhaus über Hochtennbodensteig zum Hoadl (Gehzeit ca. 2,5 h)
* Mutterer Alm über Skiweg zur Birgitzer Alm, vielleicht noch weiter über das Birgitzköpflhaus und den Steig zum Pfriemesköpfl oder zur Pfriemeswand und wieder retour zur Mutterer Alm (Gehzeit für die Rundtour rund 3,5 h)
* (Mit dem Auto) Zur Kemater Alm, danach rechts ins hintere Senderstal und weiter zur Adolf-Pichler-Hütte - beschildert, schwarzer Bergweg, aber trotzdem auch für Hunde gut machbar - und wieder zurück zur Kemater Alm (Gesamtgehzeit ca. 3 h)
* Kreither Alm: Vom Parkplatz Richtung Stockerhof und kurz vorher rechts Richtung Kreither Alm (beschildert). Achtung: Hier sollte man unbedingt auf dem Bundesforstweg bleiben und die Abkürzung meiden. Zurück nach Kreith zum Beispiel über die offizielle Mountainbikestrecke (Gehzeit Rundtour ca. 3h)
* Von Götzens auf die Götzner Alm über den „äußeren Weg“, will heißen, eine Viertel Stunde nach den Bergbauernhof rechts abzweigen. Gehzeit ca. 2,5 h

Wanderungen im Sellrain und darüber hinaus:

* Haggen – Sonnbergalm
* Praxmar – Kogelhütte und weiter Richtung Lampsen. Hier sind aber Pferde.
* Besinnungsweg von Gries im Sellrain nach Sellrain

Wanderungen in Oberperfuss, Ranggen und Umgebung:
* Oberperfuss – Rosskogelhütte: Ausgehend vom Parkplatz bei den Bergbahnen über den Bichlweg nach Kammerland, von dort bis zum Plörl (Wanderweg 6), weiter zum Weiler Egghöfe und nach Stiglreith. Gehzeit ca. 1 h. Von dort auf dem Geisterwanderweg bis zum Speichersee und den Fahrweg folgend bis zur Rosskogelhütte. Gehzeit nochmals ca. 1,5 h.
* Rundwanderweg Rangger Köpfl – Alpenrosensteig: Von der Rosskogelhütte rund um das Rangger Köpfl. Gehzeit 1,5 h
* Oberperfussberg – Stiglreith: Über den Weiler Aigling (Parkplatz Kirche St. Josef) kommt man auf den Wanderweg 9. dieser führt über den Weg 9b weiter zu den Egghöfen Richtung Stiglreith. Gehzeit 1 h.
* Gfas – Rosskogelhütte: Von Stiglreith über den Sonnenweg nach Gfas, von dort zum Speichersee und weiter auf die Rosskogelhütte. Gehzeit 2,5 h.
* Karl-Trautner-Weg: Diese Wanderung führt vom Ortszentrum von Oberperfuss zum Tennisplatz, von dort bis zum Ortsteil Kammerland und weiter über Bichl zum Ortsteil Aigen und zurück. Gehzeit 1 h
* Wanderung Rangger Alm – Rosskogelhütte: Vom Parkplatz Stiglreith (gebührenpflichtig) zuerst über die Lifttrasse, dann rechts durch den Wald zur Rangger Alm (nicht bewirtschaftet). Von dort zur Rosskogelhütte. Gehzeit 1,5 h
* Besinnungsweg Ranggen: Der Besinnungsweg beginnt und endet bei der Pfarrkirche Ranggen. Hin & retour ca. 4,5 km
* Wanderung Ranggen – Rosskogelhütte: Vom Dorf führt ein Bergweg zur Rangger Alm und weiter bis zur Rosskogelhütte. Gehzeit 3,5 h
* Peter-Anich-Wanderweg: Von Oberperfuss nach Ranggen über die Weiler von Inzing, Eben und Hof und weiter über Hatting Berg, Polling-Berg und Flaurlingerberg nach Oberhofen oder Pfaffenhofen. Gesamtlänge 6 h – es besteht jedoch immer die Möglichkeit, vorzeitig in das Inntal abzusteigen und mit den öffentlichen Verkehrsmitteln an den Ausgangspunkt zurück zu kehren.

Kuah, Kolbele und Kalbele

Der Vollständigkeit halber gibt es noch einige Begriffe in Dialekt und Hochdeutsch, die nicht selten für Missverständnisse zwischen Wanderern und (alten) Bauern sorgen:
Kuah = Melkkuh
Kolbele = Kalbin, also ein weibliches Jungtier das mindestens ein Jahr alt ist
Kalbele = Kalb, männlich oder weiblich
Galtling, Galtviech = Galtvieh, alle Rinder, die keine Milch geben – egal ob jung oder alt
Bei der Differenzierung ist sich die “Zivilgesellschaft”, die keinen Bezug mehr zur Landwirtschaft hat, meist nicht mehr bewusst, dass “Kolbelen” nicht Kälber sind sondern Jungrinder, die meist schon fast die Größe einer ausgewachsenen Kuh haben.

Wo: Bergwege, Kirchgasse 7, 6095 Grinzens auf Karte anzeigen
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