Kritik an Aussagen
Kanzler persönlich: "Schwierigste Zeit meines politischen Wirkens"
Erstmals seit Ausbruch der Corona-Krise sprach Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) über das Corona-Krisenmanagement der Regierung, und warum er an jenem 30. März im ORF vor einer Unzahl von Toten gewarnt hatte.
ÖSTERREICH. "Wir werden auch in Österreich bald die Situation haben, dass jeder jemanden kennt, der an Corona gestorben ist." Diesen Satz wird den Kanzler wohl noch länger begleiten. Erst am Montag hatte Ö1 ein Sitzungsprotokoll auf den Tisch gelegt, wonach Kurz Ende März bewusst Angst schüren wollte, wohl, um die Bevölkerung wach zu rütteln. Die Opposition reagierte empört auf dieses Protokoll - mehr dazu lesen Sie hier.
Der Kanzler, einmal ein bisschen emotional: In der ZiB 2 stellte Armin Wolf am Mittwoch Abend Sebastian Kurz die Frage, ob er bewusst Angst schüren wollte, als er von der "Ruhe vor dem Sturm" sprach und erwähnte ein Expertenpapier, das Kurz am 30. März im Kanzleramt bekommen hätte, in dem von 120.000 Toten die Rede gewesen sei. Wolf wollte von Kurz wissen, warum er daraufhin so drastische Worte wählte, obwohl zu dieser Zeit absehbar gewesen sei, dass die Gefahr in Schach gehalten sei. Wolf: "Sieht man sich die Neuinfektionen von jenem Tag an, sehe man, dass die Zahl der Infizierten gefallen ist." Warum also, wollte der Moderator wissen, habe Kurz solche Schreckensbilder an die Wand gemalt, obwohl das damals angesichts der Daten nicht nachvollziehbar gewesen sei.
Der Kanzler darauf: "Wir haben uns in der Regierung immer bemüht, verantwortungsvoll zu reagieren, wir haben mit einer Vielzahl von Mathematikern, Virologen und Experten gesprochen, waren mit unterschiedlichen Meinungen konfrontiert, was die Krankheit und Prognosen betrifft." Aufgrund der Disziplin der Bevölkerung habe die Abflachung der Kurve besser funktioniert, als am Anfang der Krise erwartet, so Kurz weiter.
"Glauben Sie, das war leicht?"
Die Daten in Österreich seien nicht anders als in Deutschland gewesen, entgegnete Wolf. Und wollte vom Kanzler wissen, warum er nie Unsicherheit gezeigt habe, ähnlich wie die deutsche Kanzlerin Merkel, die auch bewusst um Kritik und eine offene Diskussion gebeten habe. Kurz darauf: "Ich teile ja die Meinung von Merkel. Aber glauben Sie, dass die Einschätzungen und Entscheidungen für mich leicht waren und glauben Sie nicht, dass das die schwierigste Zeit meines politischen Wirkens bisher war?"
Kurz gestand, dass er teilweise auch "emotionalisiert" gewesen sei. Man habe sehr spät gemerkt, wie viele Menschen in Österreich infiziert waren und das "große Sterben" in Italien beobachtet hatte. Dass es so schlimm wie eine Grippe sei, wie ihm viele Experten einreden wollten, wollte er nicht glauben.
Zuvor hatte Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) im "Report" über Kritik an den Corona-Maßnahmen und der Kommunikation durch die Regierung gesagt: "Ich beglückwünsche alle, die glauben, es besser zu wissen."
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