Graf-Starhemberg-Gasse 28: Baukrimi auf der Wieden
Ein wohlhabender Hausbesitzer hält seit Jahren die Behörden, den Bezirk und die Nachbarn zum Narren.
WIEDEN. Viele Menschen kennen so genannte "Rosenkriege" aus ihrer eigenen Wohnstraße. Nachbarn geraten sich in die Haare, weil der Gartenzaun zu hoch ist, oder der Baum des Nebengrundstücks seine Blätter bei den Nachbarn fallen lässt. Auf diese Weise entstehen manchmal legendäre Konflikte, die sich über Jahrzehnte hinziehen können.
Ein legendäres Ausmaß auf noch höherem Niveau hat ein Konflikt rund um das Haus in der Graf-Starhemberg-Gasse 28 angenommen. Der Konflikt um dieses Haus findet längst nicht mehr nur auf Bezirksebene statt. Involviert ist nicht nur die Baupolizei, sondern auch der Verwaltungsgerichtshof. Generationen von Bezirksräten und Bezirksvorstehern stehen dem hilflos gegenüber.
Sieben Mal nichts passiert
Stein des Anstoßes ist die zu hohe Höhe des Gebäudes. Unter den Anrainern und in der Bezirkspolitik spricht man nur mehr vom so genannten "Turm". Stolz ragt er über die angrenzenden Gebäude hinaus. "Zu hoch", finden Anrainer und Bezirkspolitiker. Bereits im Jahr 2006 gab es einen Bescheid der Wiener Baupolizei gegen den Turm. 2007 wurde diese Untersagung durch einen Bescheid der Bauoberbehörde Wien bestätigt. Im Jahr 2010 kam der Verwaltungsgerichtshof zur selben Erkenntnis.
Das sind nicht die einzigen Behördenentscheidungen in der Sache. Im Jahr 2009 trug die Baupolizei dem Bauträger die Beseitigung des Turmes auf. Die Bauoberbehörde der Stadt Wien bestätigte das im Jahr 2010. Der Verwaltungsgerichtshof kam zum selben Schluss im Jahr 2012. Vorerst letzter Stand ist eine Vollstreckungsverfügung der MA 25 vom August 2012. Doch der Turm steht immer noch.
Bezirksratserinnerungen
Einer, der von Anfang an mit der Sache befasst war, ist Roland Dippelreiter. Für die ÖVP saß er insgesamt 27 Jahre im Wiedner Bezirksrat. Als Vorsitzender des Bauausschusses hat ihn der "Turm" seit 2006 regelmäßig begleitet. "Ich bin ein sehr direkter Mensch", sagt er im Gespräch. "Ich kann es nicht aushalten, wenn Menschen ungerecht behandelt werden." Der "Turm" ist eine solche Ungerechtigkeit: "Ich kann nicht verstehen, wieso der Turm immer noch steht." Der Besitzer habe noch weitere Projekte auf der Wieden: "Und oft ignoriert er sämtliche Bestimmungen. Er kommt damit durch, weil er alles bis auf die höchste Ebene durchklagt."
Auch von den Behörden sei nicht immer alles gut gelaufen: "Ich erinnere mich an Treffen zwischen Baupolizei und Anrainern. Da wurden die Anrainer niedergebügelt, während der Besitzer des Turmes mit Samthandschuhen angefasst wurde." Abschließend hält Dippelreiter fest: "Zu meiner Amtszeit waren alle Fraktionen im Bezirk für eine Umsetzung der zahlreichen Bescheide, die es inzwischen gegen den Besitzer des Turmes gibt. Ich denke, das ist noch heute so."
"Besitzer ist rotes Tuch"
Das bestätigt der aktuelle Bezirksvorsteher Leo Plasch (SPÖ). "Der Besitzer des Turms ist für mich ein rotes Tuch", sagt er der bz. "Seit Jahren wollen wir gegen ihn vorgehen. Aber er kennt sich rechtlich so gut aus, er beherrscht alle Kniffe und Tricks. Deshalb kommt er damit durch."
So undurchsichtig wie die ganze Geschichte ist auch der derzeitige Stand der Dinge. "Scheinbar hat der Besitzer jetzt mit einigen Rückbaumaßnahmen begonnen. Und der Magistrat will Abbrucharbeiten einleiten", so Dippelreiter.
Angstatmosphäre
Es sind solche Unstimmigkeiten, die unter Anrainern eine Atmosphäre der Angst entstehen lassen. "Weil der Eigentümer bei jeder Gelegenheit klagt, möchte ich meinen Namen lieber nicht in der Zeitung lesen", sagte ein Anrainer. Er hatte sich zuvor Hilfe suchend an die bz – Wiener Bezirkszeitung gewandt.
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