Weihnachten in der Gruft: "An Heiligabend wird für uns serviert"
Seit drei Jahrzehnten feiert Sozialarbeiterin Susanne Peter ihr Weihnachtsfest in der Caritas-Einrichtung "Gruft".
MARIAHILF. Auf der Suche nach den letzten Weihnachtsgeschenken wühlt man sich auf der Mariahilfer Straße dieser Tage mühsam durch die Menge. Während so mancher Passant mit Ellbogeneinsatz voranrudert, um irgendwie von A nach B zu kommen, die Kassen in den Läden der Wiener Einkaufsstraße nur so klingeln, ist die Welt nur ein paar Meter weiter eine gänzlich andere. In der Barnabitengasse 12a, in einer Seitengasse der Mahü, ist vom tobenden Weihnachtsbrausen nur wenig zu spüren. Hier, in der "Gruft", versucht man die Menschen mit dem Nötigsten zu versorgen, einer warmen Mahlzeit und einem Schlafplatz.
Susanne Peter arbeitet seit 30 Jahren, also seit dem ersten Tag, in der Caritas-Einrichtung und verbringt seit 30 Jahren ihren Heiligabend in der Gruft. Ein "klassisches" Weihnachten, könne sie sich eigentlich kaum mehr vorstellen. Ob ihre Familie ihr das nicht übel nimmt, dass sie an Heiligabend nie zu Hause sei? "Die kennen mich", grinst Peter. Außerdem könne man im Kreis der Familie auch immer noch am 25. Dezember feiern.
"Da kommt die ganze Clique zusammen"
Ganz anders sieht es dagegen in Gruft selbst aus: "Es ist mir ein großes Anliegen, wirklich am 24. Dezember Weihnachten zu feiern", erklärt die Mitbegründerin der Gruft. Bei Schnitzel und Kartoffelsalat, selbstgemachten Keksen und Musik zelebriert man so mit rund 200 Personen das Weihnachtsfest. Ein geschmückter Christbaum darf natürlich auch nicht fehlen, nachmittags kommt dann noch Pfarrer Andreas Kunkel vorbei. Das besondere Highlight dieses besonderen Tages: Während an allen anderen Tagen im Jahr ums Essen Schlange gestanden werden muss, wird an Heiligabend serviert.
"An Heiligabend wird für uns serviert", grinst Bewohner Patrick O. Der 44-Jährige arbeitete viele Jahre lang in der Gastronomie und im Catering Service. Auch bei einem Event in der Gruft hat er bereits gecatert - dass er Jahre später selbst hier wohnen würde, ahnte er damals noch nicht. Saisonarbeit, Überstunden, Stress und schlechte Bezahlung sorgten dafür, dass Patrick irgendwann in die Arbeitslosigkeit schlitterte. So wie ihm, geht es vielen, die in seiner Branche tätig sind. Patrick ist es gewohnt an Weihnachten zu arbeiten, denn "in der Gastro gibt es kein Weihnachten". Auf die Weihnachtsfeier in der Gruft freut er sich ganz besonders, schließlich komme da "die ganze Clique zusammen".
110.000 warme Mahlzeiten pro Jahr
Ab Jänner ist Patrick nach einem AMS-Kurs wieder in einer Festanstellung. Seine Familie in den Niederlanden zu besuchen, gehe sich dieses Jahr leider nicht aus, dazu fehlt einfach das Geld. Für nächstes Jahr hat sich das der 44-Jährige aber fest vorgenommen.
Mehr als eine halbe Million Übernachtungen verbuchte die Caritas-Einrichtungen in den letzten 20 Jahren, gaben dabei jährlich über 110.000 warme Mahlzeiten aus. Sozialarbeiterin Peter ist von Anfang an dabei. Im Advent 1986 startete die Gruft noch als Teestube, öffnete nur für ein paar Stunden täglich und bot Platz zum Aufwärmen. Mittlerweile kann die Einrichtung 68 Schlafplätze anbieten, bereitet täglich Mahlzeiten für mehrere Hundert Menschen zu. Und auch die Menschen selbst hätten sich verändert, erklärt Peter. Waren es früher noch der "klassische Rauschebart und die Bierdose" seien es heute auch vermehrt ehemalige Selbstständige oder Personen aus Führungspositionen, welche bei der Gruft anklopfen. War das Durchschnittsalter 2007 noch bei 27 Jahren, liegt es mittlerweile bei 21.
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