Holocaust-Überlebende und Literaturwissenschaftlerin
Autorin Ruth Klüger ist gestorben
Die Schriftstellerin Ruth Klüger, die in ihren Werken unter anderem ihre Verfolgung durch die Nazis thematisierte, ist 88-jährig in Kalifornien gestorben.
WIEN. "weiter leben. Eine Jugend" heißt das Buch, in dem Ruth Klüger von ihrem Aufwachsen in Wien und der Verfolgung, Internierung und Ermordung ihrer Familie durch die Nazis berichtet. Klüger wurde 1931 in eine jüdische Familie in Wien geboren. Schon in ihrer Kindheit ist sie massivem Antisemitismus ausgesetzt und die Machtübernahme der Nazis bedrohte das Leben ihrer Familie.
Im Alter von elf Jahren wird Klüger zusammen mit ihrer Mutter zunächst nach Theresienstadt deportiert. Von dort aus kommt sie in das Theresienstädter Familienlager des Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau und wird dann nach Christianstadt, einem Außenlager des KZ Groß-Rosen, verschleppt. Klüger und ihre Mutter fliehen Anfang 1945 auf einem Evakuierungsmarsch. Sie gelangen nach Bayern und 1947 emigrieren die beiden Frauen in die USA.
"weiter leben.": Erinnerungen an das Konzentrationslager
Das Buch "weiter leben." beschäftigt sich mit Klügers Erinnerungen an die Gefangenschaft in den Nazi-Lagern, den Menschen, denen sie dort begegnet und dem Weiterleben. Es ist 1992 erschienen, 2008 folgt mit "unterwegs verloren. Erinnerungen" ein weiteres autobiographisches Werk. "weiter leben." war 2008 jenes Buch, das im Rahmen der Gratisbuchaktion der Stadt Wien 100.000 Mal gedruckt und kostenlos verteilt wurde.
Ruth Klüger studierte in New York Bibliothekswissenschaften und Germanistik an der University of California. Sie war Professorin an der Princeton University und danach Professorin für Germanistik an der University of California sowie an der Georg-August-Universität Göttingen. Klüger publizierte zur deutschen Literatur, aber auch eigene Lyrik.
Der Zsolnay Verlag gab am Mittwoch, 7. Oktober bekannt, dass Ruth Klüger im Kreis ihrer Familie in Kalifornien gestorben ist.
Internationale und österreichische Auszeichnungen
Zu Österreich und Wien hatte die Holocaust-Überlebende ein zwiegespaltenes und schwieriges Verhältnis. Von offizieller österreichischer Seite erhielt sie zahlreiche Auszeichnungen wie etwa 2015 das Ehrendoktorat der Universität Wien. Viele Politikerinnen und Politiker würdigten angesichts ihres Todes ihre herausragende Rolle in der Auseinandersetzung mit der NS-Geschichte.
Die Israelitische Kultusgemeinde erinnert an ihre unsentimentale und unnachgiebige Haltung gegenüber zeitgenössischem Antisemitismus. "Es ist unsere Pflicht, ihr Andenken zu ehren und ihre Erfahrungen der Nachwelt weiterzugeben“, so der Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde, Oskar Deutsch.
Reaktionen aus der Politik
„Und wieder ist eine Stimme verstummt. Ruth Klüger, diese beeindruckende Schriftstellerin, Intellektuelle und Zeitzeugin ist von uns gegangen. Als Überlebende des Holocaust war sie eine überzeugende und prägende Frau, die unbeirrt gegen Antisemitismus, Rassismus und Fremdenfeindlichkeit auftrat“, so Bundespräsident Alexander Van der Bellen, "sie wird uns fehlen."
„Ruth Klüger verstand es mit ihrem Werk und der literarischen Bewältigung der Folter und der Nazi-Gräuel Betroffenheit zu erzeugen“, so SPÖ-Vorsitzende Pamela Rendi-Wagner (SPÖ).
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