Prozess in Wien
Sieben Jahre Haft nach Chemsex mit Todesfolge
Ein 52-Jähriger wurde am Montag wegen Vergewaltigung mit Todesfolge sowie Missbrauchs einer wehrlosen Person und Raubes zu sieben Jahren Haft verurteilt. In einem weiteren Verfahren wurde er freigesprochen.
WIEN. Am 14. Mai 2021 wird ein Mann tot in der Wohnung eines 52-jährigen Wieners gefunden. Die Polizei ging zuerst von einem Drogentod aus. Oder wie es die Polizei in einer Aussendung geschrieben hat: "Bedenklicher Todesfall". Knapp ein halbes Jahr später wird am 25. Oktober 2021 die Leiche eines 43-Jährigen in der Penzinger Wohnung in der Linzer Straße gefunden, nachdem Nachbarn die Polizei wegen starken Verwesungsgeruch verständigt hatten. Der Wohnungsinhaber wird festgenommen.
Der 52-jährige Christian W. saß seit Herbst 2021 in U-Haft in der Josefstadt. Zuerst ging die Staatsanwaltschaft Wien von Doppelmord aus. Der Tatverdächtige soll die zwei Männer im Zuge von Sex-Dates vorsätzlich getötet und einen weiteren Mann betäubt und ausgeraubt haben. Die Anklage lag seit Oktober vergangenen Jahres vor und W. wurde "nur" Vergewaltigung mit Todesfolge, Missbrauch einer wehrlosen Person sowie schwerer Raub vorgeworfen – mehr dazu unten.
Der Prozess über den zweiten Todesfall gegen W. wurde am Montag, 6. März, fortgesetzt und es kam zum Urteil. Im Fall des Todesfalls Mitte Mai 2021 wurde das Verfahren mangels Beweisen eingestellt. Für den zweiten Fall bekam der Mann wegen Missbrauchs einer wehrlosen Person und Raubes sieben Jahre Haft. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Zudem wurde W. in eine Anstalt für abnorme Rechtsbrecher eingewiesen.
Zum Chemsex verabredet
Zurück zum 25. Oktober 2021: Die Einsatzkräfte klopften beim Einsatz auch an die Tür des 52-Jährigen, jedoch sah der Mann nicht verdächtig aus. Einige Stunden später machte der Einsatz den Verdächtigen jedoch nervös, weshalb er selbst der Polizei die Leiche meldete. Fast vier Wochen lang lag die Leiche des zweiten toten Mannes unter seinem Bett in mehreren Müllsäcken verpackt.
Laut der Anklageschrift soll der Tatverdächtige in der Nacht auf den 1. Oktober 2021 dem 43-Jährigen eine Überdosis Liquid Ecstasy sowie Mephedron (synthetische Substanz aus der Stoffgruppe der Cathinone) intravenös in den linken Arm verabreicht und den bewusstlosen Mann vergewaltigt haben.
"Man hatte vor allem am ersten Verhandlungstag den Eindruck, er möchte eine Show abziehen, mit Ihnen als Publikum. Christian S. war bemüht, in diesem Gerichtssaal die Rolle seines Lebens zu spielen. Aber seine Show endet hier. Das war sein letzter Auftritt", zitiert "Krone.at" die Staatsanwältin.
Die beiden sollen sich zuvor über eine Dating-Plattform verabredet haben. Der mutmaßliche Täter behauptete damals, die beiden hätten "Slamming" betrieben, also zwecks zusätzlichem Lustgewinn intravenös psychoaktive Substanzen konsumiert.
Beim zweiten toten Mann wurde eine Einstichstelle am linken Ellenbogen gefunden. Bei einer toxikologischen Untersuchung war man ebenso auf Spuren von GHB (Gammahydroxybuttersäure) gestoßen, und zwar in einer Menge, dass von einer Vergiftung auszugehen war.
Laut Anklage soll dann der 52-Jährige in die Wohnung des Opfers gefahren und dort unter anderem einen Flachbildschirmfernseher entwendet haben. Er soll dann zurück in seiner Wohnung gekommen sein und sich noch einmal an dem Opfer vergangen haben. Dies soll er auch gefilmt haben.
"Nicht schuldig"
Am Montag sagte W.: "Ich habe nie nach Chemsex gesucht. Ich bin da hineingefallen". Er wollte keinen "Drogensex", sondern "Liebe, Zuneigung und Geborgenheit", zitieren W. mehrere Medien. Das Opfer sei "schon beeinträchtigt" bei ihm erschienen und habe sich dann in seiner Wohnung weiter an bei ihm vorrätigen Drogen bedient und sei dann eingeschlafen. Da er "nicht für eine Festnahme bereit" war, versteckte er die Leiche in einer Bettzeuglade. Und das in zehn Müllsäcken.
Unter Ausschuss der Öffentlichkeit wurden die sichergestellten Videos den Geschworenen gezeigt. Die Videos bestätigten die Version von W. aber nicht. Außerdem heißt es, hätte der Angeklagte zu diesem Zeitpunkt medizinische Hilfe gerufen, hätte das Leben des Mannes wohl gerettet werden können.
"Sie können davon ausgehen, dass der Angeklagte in einer ganz anderen Welt unterwegs ist. Die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass das noch einmal passiert. Es ist mit Tötungsdelikten zu rechnen", sagte Gerichtspsychiater Peter Hofmann, schreibt "Krone.at".
Gerichtspsychiater Peter Hofmann sagte in seinem Gutachten, dass bei dem dem 13-fach vorbestraften Angeklagten eine schwere Persönlichkeitsstörung samt sexueller Devianz bis hin zur Nekrophilie vorhanden ist. Trotzdem liege eine Schuldunzurechnungsfähigkeit vor. Jedoch sprach sich Hofmann dringend dafür aus, W. in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher einzuweisen, berichtet "ORF Wien".
"Ich möchte Sie bitten, mich nicht zu verurteilen. Ich ziehe hier keine Show ab. Ich bin ein guter Mensch. Sollten Sie mich für unschuldig erklären, schwöre ich, dass ich keinen Drogensex mache", sagte W. abschließend. Dennoch bekam er sieben Jahre Haft – nicht rechtskräftig.
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