Arm, alt und wenig Grünraum
Wer von der Hitze in Wien am meisten betroffen ist
198 Hitzetote gab es 2019 in Österreich. Städtische Hitzehotspots stellen ein besonderes Risiko dar.
WIEN. "Sommerliche Hitzeperioden sind ein Gesundheitsrisiko. In der Hitzewelle sterben Menschen. Besonders gefährdet sind ältere und pflegebedürftige Personen, Kinder und Patienten mit Herz-Kreislauf-Problemen. Haushalte in Vierteln mit geringem Einkommen sind davon stärker betroffen", warnt die Armutskonferenz mit Sitz in Rudolfsheim-Fünfhaus, der selbst einer der einkommensschwächsten Bezirke Wiens ist.
Corona Lockdown und Hitzeperiode
„Besonders zu bekämpfen sind die städtischen Hitzespots“, regt die Armutskonferenz vorbeugende Maßnahmen an und stellt die Frage: "Was wäre, wenn der Corona- Lockdown in die Hitzeperiode gefallen wäre, die Menschen in den heißen Wohnungen säßen, Kinder einkommensschwacher Familien sich in ihren beengten Räumen aufhalten müssten, sich Einsamkeit, Alter und Hitzebelastung verstärken?"
Wichtige Schritte seien strategische Maßnahmen auf der Ebene von Flächenwidmungen, Raumplanung und Wohnbau, so die Armutskonferenz. Als Beispiele nennt die Organisation etwa die Anlage von Straßenbegleitgrün, grüne Wandelemente, Fassaden- und Dachbegrünung, Entsiegelung und Regenwassermanagement oder auch die Freilegung von verrohrten Gewässern.
Weiters sei der Ausbau öffentlicher Verkehrsmittel hilfreich, Hitzespots zu verringern. "Baulich sind Maßnahmen notwendig wie zum Beispiel Außenjalousien montieren, Wärmedämmungen anbringen, Fassaden- und Hofbegrünung. Angesichts von Klimawandel und Hitzetoten gibt es einiges zu tun“, so die Armutskonferenz, deren soziale Initiativen über 500.000 Hilfesuchende im Jahr beraten, unterstützen und begleiten.
Wer arm ist, lebt heißer
Ärmere Bevölkerungsgruppen gehen statistisch gesehen häufiger Berufen nach, die körperlich anstrengend und der Hitze ausgesetzt sind (z.B. Bauarbeiter, Reinigungskräfte). Sozial benachteiligte Gruppen leben meist in Wohnungen mit schlechter Bausubstanz (z.B. keine Wärmedämmung) und schlechter Ausstattung (z.B. keine Außenjalousien, keine Klimaanlagen) sowie weniger Raum pro Kopf.
"Aufgrund fehlender finanzieller Möglichkeiten können sie sich auch seltener energetische Wohnraumsanierungsmaßnahmen leisten, um sich an höhere Temperaturen im Sommer anzupassen. Zudem wohnen Ärmere häufiger in Mietwohnungen, in denen nur wenig Möglichkeit zur Gebäudesanierung besteht", warnt die Armutskonferenz.
Qualitative Untersuchungen würden zudem darauf hinweisen, dass Ärmere weniger oft und weniger weit in kühlere Bereiche ausweichen können (z.B. Zweitwohnsitz etc.). Von Hitze besonders stark betroffen seien ältere Menschen.
Hitzehotspots in Favoriten, Ottakring und Margareten
Die Stadt Wien zeigt die Hitze-Hotspots der Stadt und ihre sozialen Dimensionen in einer Hitzekarte. Einzelne Grätzel mit besonders hoher Hitzebelastung sind hier markiert. Auch das Alter der Bevölkerung wird berücksichtigt. In der Karte wird also auch die Hitzeverträglichkeit sichtbar. Heiße Orte, an denen viele ältere Personen und Kinder leben, werden rot hervorgehoben. Daneben liefert die Hitzekarte Informationen zur Beschaffenheit von Grünraum und Wasser sowie mit welchen Temperaturen zu rechnen ist. Die Hitzekarte weist zehn Hitze-Gebiete aus, also Orte, die besonders stark von der Hitze betroffen sind.
Vorwiegend befinden sich die Gebiete in Favoriten, Ottakring und Margareten. In diesen Gebieten leben 47.000 von der Hitze besonders stark betroffene Menschen. Davon sind 20.000 Kinder (unter 14 Jahre) und 27.000 ältere Menschen (über 65 Jahre).
Das Risiko für die Zunahme von Hitzetagen in Wien ist wegen der Klimakrise heute größer als je zuvor. An Hitzetagen steigt die Temperatur über 30 Grad. Zwischen den Jahren 1961 und 1990 erlebte Wien durchschnittlich 9,6 Hitzetage im Jahr. Von 1981 bis 2010 waren es durchschnittlich schon 15,2 Hitzetage pro Jahr. 2019 waren es bis Juni bereits 12 Hitzetage. Bis 2050 soll es insgesamt um bis zu 8 Grad wärmer werden.
Zur Sache:
Armutskonferenz: www.armutskonferenz.at
Hitzekarte: www.wien.gv.at/stadtentwicklung/energie/hitzekarte.html
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