Chorherr-Prozess
Freispruch für alle Angeklagten vor Wiener Gericht
Im Prozess gegen den früheren Planungssprecher Christoph Chorherr (Grüne) sind alle Angeklagten am Montagnachmittag freigesprochen worden. Der Prozess hatte zehn Verhandlungstage in Anspruch genommen.
WIEN. Nachdem Anfang November der Prozess gegen Ex-Grünen-Politiker Christoph Chorherr vor dem Wiener Landesgericht für Strafsachen gestartet war, kam es am Montag, 23. Jänner, zu den Freisprrüchen - obwohl am 30. Jänner noch ein Verhandlungstag angesetzt gewesen wäre. Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) hat Nichtigkeitsbeschwerde angemeldet. Das Urteil ist damit nicht rechtskräftig.
Urteilsbegründung des Richters
Chorherr war im Gemeinderat und Planungssprecher der Grünen, er war eine Zeit lang auch Obmann des Vereind "S2Arch2". Er habe sich für seine Sache eingesetzt, der ehemalige Politiker habe das aber in seinen Funktionen getan und auch kundgetan, wenn er etwas für schlecht gehalten hatte. Insofern habe das Gericht keinen Missbrauch seiner Befugnisse festgestellt und der Vorwurf der Befangenheit sei auch nicht gegeben. Man könne ihn daher nicht der Bestechlichkeit überführen. Bei der Frage der Vorteilsannahme seien zwar sehr wohl Gelder in Form von absetzbaren Spenden an Chorherrs gemeinnützigen Verein geflossen. Die Spenden für Schulprojekte in Südafrika seien aber nach Statut eingesetzt worden. Insofern habe Chorherr hier keinen bestimmenden Einfluss gehabt, so Richter Tolstiuk.
Freispruch auch für Unternehmer
Unter den Unternehmern, die auf Chorherr mutmaßlich Einfluss genommen haben sollen, waren auch prominente Namen zu finden: Unternehmer Michael Tojner und René Benko, Immobilienentwickler Erwin Soravia und Günter Kerbler, Ex-Investmentbanker Wilhelm Hemetsberger. Sie alle, Chorherr selbst, sowie fünf weitere Angeklagte, wurden im Prozess um Amtsmissbrauch und Bestechlichkeit freigesprochen. Sie hatten sich im Verfahren nicht schuldig bekannt. Chorherr hatte im Ermittlungsverfahren zwar Diversion beantragt, ein Schuldeingeständnis ist dies aber nicht.
Die Vorwürfe: Die WKStA bezichtigte Chorherr des Amtsmissbrauchs und der Bestechlichkeit. Weiteren 30 Angeklagten – 21 davon sind Verbände – war Bestimmung zum Amtsmissbrauch und Bestechung in unterschiedlichen Beteiligungsformen angekreidet worden. Die Unternehmer sollen versucht haben, Chorherr mit Spenden an dessen Verein für Bauvorhaben in Wien zu überzeugen.
Alle Angeklagten hatten sich vor dem Urteil nicht schuldig bekannt. Der Ex-Planungssprecher der Wiener Grünen beantragte im Ermittlungsverfahren eine Diversion, ein Schuldeingeständnis sei dies jedoch nicht.
Am letzten Verhandlungstag war am Vormittag Peter Schaider, Besitzer des Aufhof Center in Penzing, als letzter Zeuge geladen. Als das Einkaufszentrum erweitert werden sollte, wurde ihm von der Stadt ein umfangreicherer Ausbau genehmigt, wenn er Wohnungen auf dem Gebäude errichte. „Das war ganz einfach der Deal, er war fair und nachvollziehbar“, versichert der Zeuge. Man habe das Projekt „wunderbar hingebracht“.
Staatsanwalt: "Stimme der Opfer"
"Ich bin der Vertreter der Republik Österreich", sagte der Staatsanwalt in seinem rund einstündigen Plädoyer am Montag. Er nannte sich auch als "Stimme der Opfer", der Stadt Wien, der Nachbarn sowie der Anrainerinnen und Anrainer. Der Staatsanwalt gestand Fehler ein, sprach jedoch weiterhin korruptives Verhalten an und verwies sogar auf die Schilderungen von Ex-FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache im "Ibiza Video", berichtet "ORF Wien".
Er meinte, dass der angeklagte Unternehmer Tojner an ihn herangetreten sei und gefragt habe, "ob sich die WKStA das gut überlegt habe". So etwas habe er noch nie erlebt, sagte der Staatsanwalt, und bezeichnete die Vorgänge als "urösterreichisch". Chorherr habe "viel bewegt" und sei ein "wichtiger Mann" gewesen.
Vorteile für Spenden
Zurück zu den Vorwürfen: Chorherr wurde vorgeworfen, von Mitangeklagten namhaften Immobilienunternehmen Zahlungen für einen von ihm initiierten gemeinnützigen Verein gefordert bzw. angenommen zu haben. Der Verein "S2Arch" unterstützt Kinder- und Schulprojekte in Afrika. Die Spender dürften sich im Gegenzug Vorteile bei Widmungsverfahren versprochen haben. Die Arbeit des Vereins war laut WKStA nie Thema des Verfahrens gewesen und die Bildung sowie Entwicklungshilfe seien "hervorragend".
Im Laufe des Prozesses wurden prominente Zeuginnen und Zeugen befragt, etwa Neos-Chefin Beate Meinl-Riesinger sowie die frühere Vizebürgermeisterin Wiens Maria Vasillakou (Grüne).
Update 12. Jänner 2024, 14:15 Uhr:
Auf die nachträgliche Mitteilung betreffend Mag. Wilhelm Hemetsberger infolge des erfolgten ihn betreffenden Freispruchs wird verwiesen. Diese ist hier abrufbar.
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