Stadtrat vs. Ärzte
Hacker und Steinhart zum Streit um Wiens Gesundheitswesen
Seit Ende November formuliert die Ärztekammer Wien (ÄKW) immer wieder Kritik rund um das Gesundheitsressort von Stadtrat Peter Hacker (SPÖ). Die Rede ist von Qualitätsverlusten, hoher Arbeitsbelastung, genereller Unzufriedenheit im städtischen Spitalswesen und mehr. Bei einem gemeinsamen Pressetermin fragte die BezirksZeitung sowohl bei ÄKW-Präsident Johannes Steinhart als auch bei Stadtrat Hacker nach, was hinter dem Konflikt steckt - und wie das Verhältnis zueinander ist.
WIEN. Das österreichische System mit Vertretern von Berufs- und Gesellschaftsgruppen ist altbewährt und läuft im Prinzip recht gut. Medial am auffälligsten ist etwa das jährliche Zusammentreffen zwischen Arbeitgebervertretern, etwa der Wirtschaftskammer, und Arbeitnehmervertretern, wie der Gewerkschaft, wenn um höhere Löhne gefeilscht wird.
Dass beide Seiten unterschiedliche Interessen vertreten, liegt in der Natur der Sache, auf manche Kampfparole folgt aber letztendlich immer eine Einigung. Was aber im Gesundheitsbereich seit Ende November diskutiert wird, ist schon auffällig. Hier heißen die Vertretungen Ärztekammer Wien (kurz ÄKW), welche Ärzte und medizinisches Personal vertritt, und das Gesundheitsressort Wiens unter Stadtrat Peter Hacker (SPÖ) – der unter anderem die Interessen der Wiener Bevölkerung in medizinischen Belangen vertritt.
In letzter Zeit gibt es heftige Kritik der ÄKW gegen Hacker und sein Ressort. Man habe Untersuchungen erhoben, welche die Führung im städtischen Gesundheitsbereich in ein besonders schwarzes Licht rücken. Die Rede ist von Qualitätsverlusten bei der Patientenversorgung und Ausbildung junger Ärzte, hoher Arbeitsbelastung der Mediziner, genereller Unzufriedenheit im städtischen Spitalswesen und mehr. In mehreren Teilen - man könnte auch sagen häppchenweise - werden die Ergebnisse einer großen Onlinebefragung der ÄKW den Medien präsentiert. Diese würden die Vorwürfe untermauern, so die ÄKW - MeinBezirk.at berichtete.
Was steckt dahinter?
Angesichts dieser Uneinigkeit beim Thema Gesundheit war es ein zuletzt selten gewordener Anblick, Gesundheitsstadtrat Peter Hacker und ÄKW-Präsident Johannes Steinhart bei einem gemeinsamen Termin in Döbling anzutreffen. Es ging um die Eröffnung eines neuen Primärversorgungszentrums – mehr dazu unten.
Bereits bei den Reden vor den Gästen betonten beide, es gebe naturgemäß durchaus Spannungen, aber grundsätzlich eine konstruktive Zusammenarbeit. Das reichte der BezirksZeitung natürlich nicht, wir haben die Gelegenheit beim Schopf gepackt und die beiden zu einem Interview zur Gesprächslage gebeten.
Hacker: "Einer will Kriegszustand"
Im Exklusivinterview mit der BezirksZeitung berichtete Hacker, dass es wirklich ein selten gewordenes Zusammentreffen gewesen ist: "Dass der Präsident der Ärztekammer heute hier ist, ist schön. Das ist ein tolles Zeichen", erklärte er. Er sieht die Anwesenheit von Steinhart als wichtiges Signal für die zukünftige Zusammenarbeit: "Ich habe ihm oft gesagt, wir sollten wieder mehr miteinander reden. Ich habe ihn immer wieder dazu eingeladen, er hat auch meine Handynummer. Aber er hat die letzten Termine immer wieder abgesagt. Ich habe mich sehr gefreut, dass er heute hier ist und es ist für mich ein Zeichen, dass auch innerhalb der Ärztekammer die Stimmen immer mehr werden, die meinen: ,So kann man mit der Stadt nicht umgehen'."
"Ich finde es ok und es ist völlig in Ordnung, dass die Ärztekammer für die Interessen der Ärzte kämpft. So soll es auch sein", betont Hacker die Wichtigkeit der Institution, "aber es kann nicht sein, dass die Ärztekammer einen Soloanspruch stellt", so der Gesundheitsstadtrat.
Wie er es sieht, gehe der Konflikt eigentlich gar nicht von Steinhart aus: "Wir beide haben ja immer eine gute Beziehung immer schon gehabt. Aber einer der Funktionäre in der Kammer will den Kriegszustand haben, warum auch immer, ist mir egal. Ich bin nicht Psychotherapeut oder Psychoanalytiker, aber ich sage ganz klar: Ich bin Gesundheitspolitiker der Stadt, bin dafür verantwortlich und dafür kämpfe ich auch."
Hacker hat zwar keinen Namen ausgesprochen, aber er dürfte Vizepräsident Stefan Ferenci meinen, einen von zwei Vizepräsidenten neben Steinhart in der ÄKW. Hacker betonte ansonsten ein gutes Verhältnis zu den Funktionären der ÄKW zu haben. Etwa zum zweiten Vizepräsidenten, Erik Randall Huber, mit dem er nach der Veranstaltung sogar noch Essen gehe.
Trotz allem versichert Hacker: "Ich bin der demokratisch gewählte Stadtrat für dieses Amt und vertrete die Bürgerinnen und Bürger. Das Bild ist sicher nicht so schwarz, wie es gemalt wird, aber es ist auch nicht Zuckerlrosa. Aber man kann nicht sagen, das alles schlecht ist und die Mitarbeiter im Spital einen schlechten Job machen - damit kann man sich nicht abfinden. Der Wiener Gesundheitsstadtrat ist nicht schweigsam und er lässt sicher auch nicht von seinen Mitarbeitern beschimpfen."
Steinhart sucht Gesprächsebene
Auch der ÄKW-Präsident Johannes Steinhart spricht von einer grundsätzlich konstruktiven Beziehung: "Das Verhältnis zwischen dem Herrn Stadtrat und mir ist, denke ich, ganz normal. Es gibt halt Themen, bei denen wir eine Dissenz haben und es gibt Themen, wo wir ganz gut zusammen gearbeitet haben."
In diesem Zusammenhang nennt er etwa die Bemühungen der Stadt während der Corona-Pandemie: "Es war wirklich eine tolle Leistung der Zusammenarbeit im Bereich der Covid-Pandemie. Denn für mich waren die Ergebnisse schon sehr toll, denn in einer Zwei-Millionen-Stadt wie Wien ist die Infektiösität schon ein großes Thema", so Steinhart.
Aber: "Es gibt halt jetzt Debatten und Themen, wie zu wenig Pflegekräfte in den Spitälern. Wir müssen schauen, dass wir hier eine gute Gesprächsebene finden." Er bestätigt, dass es bei den Themen aus Sicht der ÄKW Nachholbedarf benötigt, aber, "das ist in der Politik öfter so", so Steinhart.
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