Psychologie und Sexualität
Keine Lust auf Sex
Sexuelle Unlust hat viele Ursachen, ist aber meist ein komplexes paardynamisches Geschehen.
Sexuelle Unlust ist ein weit verbreitetes Phänomen, das nur dann in einer Therapie behandelt werden sollte, wenn die betroffenen Menschen einen Leidensdruck verspüren. Asexuelle Menschen etwa bedürfen keiner Therapie, da sie mit ihrer sexuellen Unlust zufrieden und glücklich sind.
Auch ist es völlig verständlich, dass bei Stress im Beruf, in der Partnerschaft oder in der Familie sexuelle Unlust vorübergehend auftreten kann.
Wenn sich allerdings beide Partner*innen selbst oder gegenseitig Stress machen, stellt sich die Libido rasch ein. Es entsteht dann ein Teufelskreis aus wenig Lust bei Partner A, Druck von Seiten Partner Bs, noch weniger Lust bei Partner A, noch mehr Druck von Partner B. Sexuelle Unlust ist somit ein komplexes paardynamisches Geschehen und lässt sich am leichtesten im Rahmen einer Sexualtherapie bzw. Paartherapie angehen.
Ein Beispiel aus der Praxis: Partner A leidet darunter, weil er weniger Lust auf Sex hat und von Partner B in die Rolle des Symptomträgers ("Du hast ja nie Lust!") gedrängt wird. Vermutlich hätte Partner A auch immer wieder Lust auf Sex, aber durch den Druck von Partner B verringert sich seine Lust zunehmend. Eventuell hat er auch Schuldgefühle, weil er Partner Bs sexuelle Bedürfnisse nicht erfüllen kann, was zusätzlichen Druck und Stress bei Partner A verursacht. Auch Verlustängste, dass Partner B sich einen anderen Sexualpartner sucht, wenn Partner A weniger Lust auf Sex hat, könnten sich einstellen.
Partner B hingegen leidet unter Partner As sexueller Unlust, die Partner B als sexuelle Zurückweisung interpretiert und ist zutiefst gekränkt: Warum hat Partner A keine Lust mehr, am Anfang der Partnerschaft hatten die beiden doch jeden Tag guten Sex? Ist er, Partner B, etwa nicht mehr erotisch genug für Partner A oder hat Partner A sogar eine geheime sexuelle Affäre? Partner B versucht sich nun attraktiver zu machen, Partner A immer wieder zu verführen und spürt unheimlichen Druck und Angst vor sexueller Zurückweisung. Diesen Druck und Stress spürt auch Partner A, der sich dann noch mehr zurückzieht. Es kommt, wie oft in der Sexualität, zu einem Teufelskreislauf, aus dem keiner der Partner mehr auszusteigen vermag.
Als Sexualtherapeut würde ich Partner A fragen, warum er bei so viel Druck überhaupt Lust haben sollte. In der Sexualtherapie würden beide Partner lernen, den bitteren Ernst aus der Sexualität herauszunehmen und wieder einen spielerischen Umgang mit Distanz und Nähe, mit ihren Bedürfnissen, mit Lust und Unlust, mit Zärtlichkeit, Hingabe, sexuellen Wünschen und Phantasien zu finden.
Autor: Florian Friedrich
Psychotherapeut in Ausbildung unter Supervision
(Logotherapie und Existenzanalyse)
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