Wiener Neustadt und der Fall des Eisernen Vorhanges
BÉCSÙJHELY/WIENER NEUSTADT. Wiener Neustadt war immer ein Tor zum Osten. Gespräch mit zwei Männern, die dieses Tor mit aufsperrten.
Wo 1989 noch ein Trümmerfeld lag, wächst heute die "Nova City" mit MedAustron und Technologie- und Forschungszentren rasant an, wo man früher in der Neunkirchner Straße ewig auf die vorbeituckernde Ödenburger-Linie vor geschlossenen Schranken warten musste, gleitet man heute durch eine der modernsten Bahnunterführungen. Wie das ganze Bundesland haben sich auch Stadt und Bezirk seit dem Fall des Eisernen Vorhangs entwickelt. Die BEZIRKSBLÄTTER auf den Spuren der Veränderung.
NÖ-Kommandant i.R., GenLt Prof. Hans Culik, leitete zur Zeit des Falls des Eisernen Vorhangs das Institut für Offiziersfortbildung an der MilAk. "Ich erinnere mich an den Besuch einer hochrangigen Delegation der UdSSR zu Beginn 1989, der durch erhebliche Nervosität der Gäste über die aktuellen politischen Entwicklungen in der DDR gekennzeichnet war." Seine Bilanz der Wende: "Als Staatsbürger, der als Kind zehn Jahre Besatzung durch sowjetische Soldaten erlebt hat, den Eisernen Vorhang als Symbol der Trennung zwischen Ost- und Westeuropa zur Kenntnis nehmen musste und beruflich in Hinblick auf mögliche Konflikte zwischen Ost und West und der daraus resultierenden Auswirkungen auf das neutrale Österreich tiefe Einblicke bekommen hat, bin ich heute sehr froh in einem Österreich im Zentrum der Europäischen Union leben zu dürfen. Der Fall des Eisernen Vorhangs war ein wesentlicher Meilenstein zur Entwicklung dieses Europas."
Ost-West-Pionier
1988 gründete Stefan Franye (heute 73) den Österreichisch-Ungarischen-Corvinus-Kreis. Die erste Ost-West-Organisation mit dem Soproner Corvinus-Kör entstand und umfasste gegenseitige Besuche, grenzübergreifende Veranstaltungen, an denen sich bereits erste heimische Firmen beteiligten. Bei der 1. Carousel Messe in der Soproner Sporthalle kamen 60 Prozent der Aussteller aus Neustadt.
Gegen Ende des Vorhangs war vor allem die Flucht der Ostdeutschen über die ungarische Grenze nach Österreich ein unvergessliches Ereignis. Franye: "Tausende DDR-Bürger haben ihre Trabanten in Ungarn zurückgelassen. Wir haben gemeinsam mit dem ÖAMTC eine Rückholaktion gestartet und über 500 Autos aufs Gelände der Spedition Kunft gebracht und den Besitzern zurückgegeben."
Was bleibt von den Bemühungen? Der Ungarisch-Unterricht in vielen Schulen Neustadts (u.a. HAK und HTL) oder auch die überregionalen Flugrettungseinsätze zwischen Neustadt und Sopron. "Die Hochblüte, als unsere Elektrohändler sich mit dem Verkauf von Waschmaschinen an die neuen Nachbarn eine goldene Nase verdienten, ist natürlich vorbei, aber: viele Unternehmen konnten in Ungarn Fuß fassen."
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