Die Stimme des Wiener Sportklubs
Die bz-Kampagne „Und wie Wien bist du?“ stellt außergewöhnliche Wiener in den Mittelpunkt. Teil 4: Der Platzsprecher des Wiener Traditionsvereins.
„Kommen sie schon?“, fragt Roland Spöttling. „Was tun sie?“ Spöttling, seit 16 Jahren Platzsprecher des Wiener Sportklubs, ist seit seinem vierten Lebensjahr blind.
„In der Mittelwelle sans“, antwortet Gerhard Bauernfeind, der Spöttling in der Sprecherkabine unterstützt.
20 Minuten vor Spielbeginn sagt Bauernfeind Spöttling die Aufstellung an. Spöttling tippt sie dann auf seiner Punktschriftmaschine in Braille-Schrift ab.
Schicksalsspiel um den Klassenerhalt
„Herzlich willkommen, liebe Fußballfreunde! Alles oder nichts“, leitet Roland Spöttling von der Sprecherkabine aus das kleine Wiener Derby der Regionalliga Ost ein. Der Sportklub kickt gegen die Austria Amateure in Dornbach.
„Geh, schleich di“, sagt Gerhard Bauernfeind und zieht an seiner Zigarette. Es ist die neunte Minute. „Ein Tor!“, weiß Spöttling. Er drückt den Knopf der Tonanlage und macht seine Ansage.
Es ist ein Schicksalsspiel für den Sportklub – es geht um den Klassenerhalt.
„Wir sind alle auf 300“, kommentiert Spöttling. Nachsatz: „Wir haben im Herbst zu viel verschissen. Mein Traum ist es, dass der Sportklub wieder dort hinkommt, wo er hingehört. Nach oben!“
„Scheiße! Aus ist es“, sagt Gerhard Bauernfeind. Mittlerweile – in der 34. Minute – steht es 0:3 für die Austria. „Jetzt könn ma hamgehen. Der Kas ist gegessen“, meint Spöttling.
Mit Stevie Wonder on stage
Spöttling, der zehn Instrumente spielt, unter anderem Orgel und Akkordeon, und auch singt – vor allem Schlagermusik –, hat für den Sportklub die Hymne „Sportclub, a Team mit Tradition“ komponiert. Hörproben gibt es übrigens auf Spöttlings Homepage.
Spöttling ist jedoch kein Unbekannter: Er begleitete Sänger Stevie Wonder in der Stadthalle zu „I Just Called To Say I Love You“ am Klavier – damals war der gebürtige Salzburger 16 Jahre alt.
„Stevie hat das Publikum angeheizt, die haben drei Minuten lang Roland geschrien. Das war ein Wahnsinn!“ Zum Auftritt kam es über das Blindeninstitut.
In Michael Glawoggers Fußball-Doku „Frankreich, wir kommen“ (1999) spielte Spöttling die Hauptrolle. Und seit 26 Jahren ist Spöttling am Klavier auf der Tschauner Bühne zu hören und zu sehen. "Das war mein erster Ferialjob."
"Will nicht vor dem Herrgott stehen und sagen, dass ich mich gedrückt habe"
„Ich bin für alles zu haben. Ich bin auch schon Traktor gefahren und habe ein Auto pilotiert. Denn ich will nicht vor dem Herrgott stehen und sagen, dass ich mich vor etwas gedrückt habe.“
Der Fußballplatz ist Spöttlings zweite Heimat. Als Platzsprecher hat er bereits für die Rapid Amateure und für den Sportclub Helfort gearbeitet. "Für mich ist das eine Gaudi. Mich hat immer geärgert, dass die Platzsprecher die Namen falsch angesagt haben."
Zurück zum Spiel. 2:3 in der 74. Minute. Der Ausgleich erfolgt eine Minute später. 3:3. Die Rettung für den Sportklub. „Jetzt dreh ich gleich durch“, schreit Spöttling ins Mikrofon.
Spöttling spielte bereits mit dem Gedanken, als Platzsprecher aufzuhören. Nach diesem Match macht er weiter. „Kommts gut über den Sommer und genießts die WM. Wir sehen uns wieder“, ist Spöttlings letzte Durchsage an diesem Abend.
Roland Spöttling ist in den sozialen Netzwerken sehr aktiv
Facebook: www.facebook.com/roland.spottling
Twitter (Fußball Roland): twitter.com/FussballRoland
Hier das Video von ostliga.tv:
Wiener Sportklub - Austria Amateure (29. Runde 2013/2014)
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