Fulminanter Film-Erfolg für junge Vöslauerin Katharina Mückstein
Katharina Mückstein, Tochter der bekannten Psychologin und Grünen-Gemeinderätin aus Bad Vöslau, Eva Mückstein, startet mit "Talea" ihre Karriere als Filme-Macherin. Die 31-Jährige spricht im Interview mit Gabi Stockmann über ihren ersten großen Erfolg und darüber, wie sie Top-Star Nina Proll als Hauptdarstellerin gewinnen konnte.
BEZIRKSBLÄTTER: Nina Proll und Philipp Hochmair sind zwei Superstars. Wie ist es Ihnen gelungen, sie für die Hauptrollen in einem Erstlingsfilm zu gewinnen?
KATHARINA MÜCKSTEIN: In der Vorbereitung des Filmes hat mich die renommierte Casterin Rita Waszilovics (sie spielt auch als Bewährungshelferin im Film mit) unterstützt. Sie hat die erwachsenen SchauspielerInnen kontaktiert und ihnen das Drehbuch geschickt. Nina Proll hat die Rolle gut gefunden und relativ schnell zugesagt.
Der Film überzeugt durch eine sehr reduzierte und gleichzeitig sehr konzentrierte Fokussierung auf das Mutter-Tochter-Thema im "Hier und Jetzt", ohne große Vorgeschichte. Kann man die Einsamkeit und Weite des Waldviertels als eine Art seelisches Symbol verstehen?
Mich interessiert es, wie ökonomisch sich Geschichten erzählen lassen. Das Waldviertel haben wir u.a. aus praktischen Gründen für den Dreh gewählt. Es war mir wichtig, die Vergangenheit der Mutter an einem Ort anzusiedeln, der in starkem Kontrast zur Stadt steht, wo es wenige Störfaktoren gibt. Die Isoliertheit der beiden wirkt wie ein Katalysator auf die Entwicklung ihres Verhältnisses.
Die 14-jährige Jasmin und ihre leibliche Mutter Eva müssen erst ihre Positionen zueinander finden. Das pendelt zwischen Freundschaft und der Übernahme von Verantwortlichkeiten, wobei auch schon mal die Tochter wie die "Mutter" wirkt. Ich sehe solche Unklarheiten heute sehr häufig auch in "ganz normalen" Mutter-Tochter oder Eltern-Kind-Beziehungen...
Das emotionale Thema von TALEA ist ja die Identitätssuche. Ich denke, es entspricht dem Zeitgeist, zu behaupten, wir seien freier als jemals zuvor in der Wahl unserer Identität - also der Individualismus als Mode. Es ist zwar gut, dass die Kategorien, die uns einschränken - also das Geschlecht oder die soziale Herkunft - weniger wichtig zu werden scheinen, aber ein innerer Mangel an Zugehörigkeit verursacht immer eine Sehnsucht. Das ist der Antrieb beider Figuren - der Mutter und der Tochter - dass sie sich in ihren Rollen erproben müssen, um herauszufinden, wer sie sein können. Ich glaube, es ist schwierig, für die aktuelle Teenager-Generation, sich von den Erwachsenen abzugrenzen. Schließlich leben wir in einer Gesellschaft, die die Jugend zur obersten Begehrlichkeit erkoren hat. Jugend ist die teuerste Ware und der größte Fetisch unserer Zeit. Das hat zum Ergebnis, dass die 15- und die 35jährigen dieselbe Musik hören und die gleichen Sachen anziehen und die jungen gar keine Chance haben, sich in der Opposition zu den Erwachsenen zu sehen. So gesehen haben Sie wahrscheinlich Recht mit dem Ineinander-Fließen der Eltern-und Kinderrollen.
Besonders berührt hat mich die Disco-Szene: Ich finde, hier "missbraucht" die Mutter ihre Tochter als Tanzpartnerin, bis sie dann dort auf Stefan trifft und die Tochter uninteressant wird. Wird durch diese Verletzung die Mutter-Tochter-Beziehung andererseits auch klarer?
Ich finde, die Mutter "missbraucht" ihr Kind nicht. Ich finde, die oberste Priorität einer Frau muss nicht immer ihr Kind sein. Jede Mutter hat das Recht auf ihre eigenen Bedürfnisse und auch auf ihre eigene Lust. Die Mutter hat eben nach einer langen Zeit im Gefängnis jetzt Lust, sich einen Mann aufzureißen. Ich finde das legitim, auch, wenn das Mädchen in seinen Erwartungen enttäuscht wird. Es geht in TALEA ja auch um die Unzulänglichkeiten der Menschen. Dass wir alle nicht perfekt sind und manchmal die Situationen nicht so gut im Griff haben und trotzdem möchte ich immer einen liebevollen Blick auf meine Figuren haben, denn sie bemühen sich ja, alles gut zu machen. Und ja, eine Enttäuschung kann oft auch klare Verhältnisse schaffen. TALEA ist auch eine Coming-Of-Age Geschichte und beim erwachsen-Werden geht es ja unter anderem darum, die Eltern auf Augenhöhe als Personen zu erfahren, da wird man auch öfter mal enttäuscht.
Das Thema Wasser und Schwimmen-Lernen ist allgegenwärtig. Am Ende bringt sich Jasmin mit 14 und einer Schwimm-Nudel selbst das Schwimmen bei, das ihr weder die Pflegeeltern noch ihre leibliche Mutter lernen konnten. Die Szene finde ich einerseits bitter, andererseits auch hofffnungsvoll. Muss jeder Mensch selbst schwimmen lernen?
Das Schwimmen-Lernen steht in meinem Film für die Vergangenheit des Mädchens, die eben mangelhaft war, weil seine Mutter im Gefängnis war und Jasmin in Heimen und bei Pflegefamilien leben musste. Ich denke, die meisten Menschen haben etwas in ihrem Leben, das nicht so gut gelaufen ist, etwas, wo ihre Voraussetzung weniger gut sind, als die anderer. Und die Botschaft des Filmes ist eben: ich glaube daran, dass jedeR in sich die Stärke finden kann, sich von der Vergangenheit zu emanzipieren und sein/ihr Leben zu gestalten. Zumindest hoffe ich das und wünsche es den Menschen. Also: ja, in Bezug auf irgendein Lebensthema muss jedeR selbst schwimmen lernen.
Wie sind Sie überhaupt auf diese Thematik gekommen? Das Drehbuch stammt ja von Ihnen?
Die Idee stammt von meiner Co-Autorin Selina Gnos. Ich bin erst gegen Ende der Drehbuchentwicklung eingestiegen und habe dann Regiefassungen geschrieben.
Gibt es bereits neue Pläne?
Ja, aber ich kann noch nichts verraten.
Das Interview führte Gabi Stockmann.
Am 21. November wird "Talea" im Cinema Paradiso in Baden (Beethovengasse) gezeigt. Anschließend an die Vorführung um 20 Uhr gibt es Gelegenheit zum persönlichen Gespräch mit der Regisseurin und dem Filmteam.
Mehr: www.labandafilm.at/talea
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