Die blauen Kreuzritter

- Ousama El Nabriss in seiner Bibliothek. Er lebt und arbeitet seit 30 Jahren in Österreich, seine Kinder sind bereits hier geboren: "Ich bin weder praktizierender Moslem noch möchte ich zum politischen Spielball werden."
- hochgeladen von Katharina Zier
GROSS-ENZERSDORF.
Ein Moslem lässt ein Kruzifix vor seinem Haus entfernen. Die FPÖ sieht die heimische Kultur gefährdet.
"Ein radikaler Islamist, der ein Kreuz umsägt." FPÖ-Ortsgruppenobmann René Azinger hat sein Urteil über den gebürtigen Palästinenser Ousama El Nabriss - mit dem er noch nie ein Wort gewechselt hat - schon gefällt. Der 50-jährige Diplomingenieur hat im Oktober 2014 ein Haus in der Augasse erworben, davor stand ein zirka vier Meter großes Kruzifix aus Holz. "Die Vorbesitzerin des Hauses hat mir versichert, dass es sich nicht um ein Denkmal handelt und dass ich es entfernen kann. Eine Nachbarin wollte es bei sich aufstellen", erzählt er. Das Kreuz war vor zwölf Jahren an diesen Platz gekommen - damals musste es einer Reihenhaussiedlung weichen. Im Zuge von Renovierungsarbeiten am Haus wurde es nun abgebaut: "Eine Baufirma hat es sachgerecht abgetragen und nicht umgesägt", stellt El Nabriss klar.
Die Krux an der Sache: Das Kreuz stand auf Gemeindegrund. Bürgermeister Hubert Tomsic: "Natürlich hätte er es nicht entfernen lassen dürfen. Es handelt sich um öffentliches Gut und ist im Besitz der Kirche. Ich habe daher den Stadtrat informiert und ein Treffen zwischen dem Pfarrer und Herrn Nabriss arrangiert." Eine Lösung wurde rasch gefunden, das Kreuz wird renoviert und an einer anderen Stelle in der Augasse wieder aufgestellt. Die Kosten dafür übernimmt El Nabriss.
Hetzkampagne
"Ich möchte mich bei allen entschuldigen, deren Gefühle ich verletzt habe. Ich bin kein praktizierender Moslem und will gar kein religiöses Symbol vor meinem Fenster, auch keinen Halbmond oder Davidstern. Ich wusste nicht, dass das Kreuz auf öffentlichem Boden stand", möchte El Nabriss das Missverständnis aufklären und betont die freundliche Umgangsweise von Pfarrer und Bürgermeister. Die FPÖ Groß-Enzersdorf, unterstützt vom Ring Freiheitlicher Jugend, hält am 10. Jänner eine Kundgebung zur "Erhaltung österreichischer Kultur" ab und sieht die christliche Tradition gefährdet. Pfarrer Helmut Ringhofer möchte sich von Polemik und Gewalt distanzieren: "Wir leben eine andere Kultur der Konfliktbewältigung."
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