Immer mehr Waffenkäufe in Perg: "Weil die Bürger Angst haben"

"Wenn die das wirklich durchziehen, wird es einen Aufstand der Jäger geben", so Bezirksjägermeister Ulf Krückl. | Foto: Wissmann Design/Fotolia
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BEZIRK PERG. Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: Im letzten Quartal 2015 stellte die Bezirkshauptmannschaft Perg 70 Waffenbesitzkarten aus. Und damit nur um sieben weniger als in den Jahren 2013 und 2014 zusammen. Insgesamt wurden 2015 im Bezirk Perg 118 Waffenbesitzkarten und sieben Waffenpässe vergeben. Die gestiegene Nachfrage bestätigt auch Waffenhändler Christian Hanl aus Langenstein. "Der Absatz ist enorm gestiegen. Ich glaube, die Bürger haben Angst vor den vielen Asylanten", sagt Hanl. Vor allem Waffen der Kategorien B und D, sprich Schrot-Gewehre, Pistolen und Revolver, würden häufiger gekauft. Dazu kommt Pfefferspray. Von einer Verschärfung des Waffengesetzes hält er nichts: "Weil der Besitz von Waffen ein Grundrecht jedes Bürgers ist."

Polizei: "Keine Gefahr"
Was sagt die Polizei zum Waffen-Boom? Bezirkspolizeichef Heinrich Hochstöger sieht in dieser Hinsicht "derzeit keine große Gefährdung": "In den vergangenen Jahren ist im Bezirk nichts vorgefallen in die Richtung, dass ein Privater etwas mit einer Waffe angestellt hätte." Das Waffengesetz sei ohnehin "relativ streng", Pfeffersprays keine gefährliche Waffe. Die Menschen seien durch die Asylthematik verunsichert. Wobei die mittlerweile mehr als 900 Flüchtlinge im Bezirk bislang keine Gefahr dargestellt hätten. "Tatsache ist, dass es geordnet abläuft. Es gab bis dato keine Auffälligkeiten", sagt Hochstöger. In privaten Wohnobjekten gab es im letzten Halbjahr im Bezirk sogar um 63 Prozent weniger Einbrüche als im selben Zeitraum ein Jahr davor. Lediglich die Zahl an Firmeneinbrüchen sei leicht gestiegen. "Das subjektive Sicherheitsempfinden hängt massiv mit den Meldungen in den Medien zusammen", sagt Hochstöger.

Kritik an geplanter Verschärfung des Waffengesetzes

Ein möglicher Grund für den Waffen-Boom: Die EU-Kommission plant, den Erwerb von Feuerwaffen in der EU zu erschweren. Diskutiert wird ein Verbot von halbautomatischen Waffen, Verschärfungen bei deaktivierten Waffen sowie eine Befristung des Waffenbesitzes auf fünf Jahre samt Medizin-Check für die Verlängerung. Widerstand kommt von den Jägern. "Der Landesjagdverband lehnt die Verschärfungen entschieden ab. Man kann den illegalen Waffenhandel nicht mit immer schärferen Gesetzen für legale Waffenbesitzer bekämpfen", sagt Geschäftsführer Christopher Böck. Bezirksjägermeister Ulf Krückl: "Das ist Augenauswischerei. Die Waffen der Terroristen von Paris waren Kategorie A, die bei uns verboten sind. Ich habe noch nie gehört, dass bei einem Terrorangriff eine Jagdwaffe verwendet wurde." Hinter den Untersuchungen vermutet Krückl "einen Psychotest, wie ihn jetzt jeder absolvieren muss, der eine Faustfeuerwaffe will. Der kostet 500, 600 Euro. Leute, die lebenslang Jäger sind, müssten sich einem Test unterziehen, das ist unvorstellbar."

Zum ausführlichen Bericht: Das sagen Christopher Böck vom Landesjagdverband und Bezirksjägermeister Ulf Krückl

Steigende Unsicherheit

Universitätsprofessor Alois Birklbauer erklärt die Verunsicherung aufgrund der Flüchtlingskrise.

LINZ, BEZIRK PERG. Gerade im Bezirk Perg ist die Nachfrage nach Waffen enorm gestiegen. Immer mehr Menschen wollen sich schützen, haben offenbar Angst, Opfer von Verbrechen zu werden. "Durch die Wanderungsbewegungen ist natürlich generell eine Verunsicherung entstanden", sagt Alois Birklbauer von der Universität Linz, der zum Thema Kriminalitätsfurcht forscht. Birklbauer präzisiert: "Wenn das Sicherheitsgefühl mit dem Funktionieren des Sozialstaates zusammenhängt, steigt die Unsicherheit, wenn der Eindruck sich verfestigt, dass der Sozialstaat immer schlechter funktioniert."

Gute Sozialpolitik hilft
Dies zeige sich etwa darin, dass Flüchtlinge vermehrt auf der Straße leben müssen und unversorgt sind. "Damit ist der Eindruck verbunden, dass Menschen, die nichts zu essen und nichts zu verlieren haben, sich einfach nehmen, was sie brauchen und damit auch Straftaten einhergehen. Insofern verstärkt eine sichtbare Existenzbedrohung das Unsicherheitsgefühl. Unabhängig davon, ob es Fakten gibt, die für eine vermehrte Kriminalität von Flüchtlingen spricht." Das beste Instrument gegen Kriminalitätsfurcht: Eine gute Sozialpolitik. "So ist die Kriminalitätsfurcht in Ländern mit hohem Sozialstatus wie Skandinavien und Österreich geringer als in Ländern mit schlechter Sozialpolitik wie England", so Birklbauer. Generell wisse man aus der Forschung, dass Menschen, die sich als "Verlierer" erleben, eine größere Unsicherheit empfinden. "So fürchten sich alte Menschen mehr als junge, obwohl junge viel eher Opfer einer Straftat werden".

Waffen-Klassen

Kategorie A (verbotene Waffen und Kriegsmaterial):
Maschinengewehre, Pumpguns. Erwerb, Besitz und Führen grundsätzlich verboten.
Kategorie B: Revolver, Pistolen, Halbautomaten. Erwerb und Besitz nur mit Waffenbesitzkarte oder Waffenpass. Führen nur mit Waffenpass.
Kategorie C: Büchsen (Schusswaffen mit gezogenem Lauf). Erwerb und Besitz ab 18 Jahren. Pflicht zur Registrierung im ZWR binnen sechs Wochen ab Erwerb oder Weitergabe. Führen nur mit Waffenpass oder gültiger Jagdkarte bzw. für Mitglieder von Schützenvereinen.
Kategorie D: Flinten (Schusswaffen mit glattem Lauf). Erwerb und Besitz ab 18. Pflicht zur Registrierung im ZWR binnen sechs Wochen ab Erwerb oder Weitergabe. Führen nur mit Waffenpass oder gültiger Jagdkarte bzw. für Mitglieder von Schützenvereinen. Quelle: www.help.gv.at

"Wenn die das wirklich durchziehen, wird es einen Aufstand der Jäger geben", so Bezirksjägermeister Ulf Krückl. | Foto: Wissmann Design/Fotolia
Alois Birklbauer ist Strafrechtsprofessor an der Universität in Linz. | Foto: Privat
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